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Das American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) hat sich nun in einer ganztägigen Veranstaltung den Facetten dieses Themas gewidmet und dazu internationale Experten zusammen gebracht. In Zusammenarbeit mit dem Carnegie Endowment for International Peace hat es auf drei Panels die Herausforderungen beleuchtet.
Das erste Panel widmete sich unter der Überschrift „The Future of Energy in a Post-Carbon Society“ den großen Fragen der Energiepolitik. David Livingston vom Carnegie Endowment hatte dabei seinen Vortragsschwerpunkt auf den Transportsektor und die dort benötigte Energie gelegt. Man habe zwar mit der vor vier Jahren formulierten Energiewende sehr ambitionierte Ziele definiert, dabei aber wesentliche Bereiche außer Acht gelassen. Der Transportsektor sei seiner Meinung nach zu wenig berücksichtigt worden. Dabei werde er in den nächsten Jahren sogar an Bedeutung zu-nehmen. Er stelle sich etwa die Frage, warum es so schwer sei, Alternativen zum Erdöl zu finden, die breit auf dem Markt akzeptiert werden, obwohl doch technisch einiges längst serienreif umsetzbar sei – man denke nur an Elektroautos.
Jeffrey Ball von der Stanford University begann sein Referat mit der These, dass Veränderung im Energiesektor in der Vergangenheit immer nur dann geschahen, wenn man durch Krisen dazu gezwungen wurde – eine Aussage, die im Laufe der Tagung immer wieder ihr Echo fand, und die der Referent gleich belegte. Als Beispiel für seine These nannte er die Reaktion Frankreichs und die Ölkrise von 1973-74. Daraufhin sei die Aussage „wir haben kein Öl – aber wir haben Ideen“ als neuer Leitfaden entwickelt worden. Denn zu dieser Zeit wurde Energie in Frankreich hauptsächlich durch Öl-Verbrennung produziert. Frankreich ist dann auf Nuklearenergie umgestiegen. Auch die Frage, warum man in Deutschland auf erneuerbare Energien umgestiegen sei, konnte Jeffrey Ball am Krisen-Assessment nach Fukushima festmachen. Wenn man sich nun die aktuelle Situation in den USA vor Augen führe, dann sei hingegen eine Veränderung seiner Meinung nach nicht zu erwarten, da man erstens nach wie vor vermeintlich über genügend Gas- und Ölreserven verfüge, und der Ölpreis, der global gehandelt wird, sogar falle.
Auf dem zweiten Panel des Tages stellten Raimund Bleischwitz, University College London, und Corey Johnson, University of North Carolina, ihre Studie „Instability and the Ressource Nexus“ vor. In ihrer Studie brachten sie unter anderem die steigenden Verkaufszahlen von SUVs im amerikanischen Markt und die wachsenden Distanzen, die aufgrund niedriger Benzinpreise zurückgelegt werden, zur Sprache. Hauptthema ihrer Präsentation war allerdings, den kausalen Nexus zwischen Wasserverbrauch und Energiegewinnung aufzuzeigen. Für die Herstellung von Elektrizität und Benzin etwa werde sehr viel Wasser benötigt. Nur die Landwirtschaft habe einen höheren Bedarf an Wasser als der Energiesektor. Das Problem, welches beide Autoren sehen, sei, wie man nun den Konsum einschränken könne – etwa durch staatliche Regulierungen? Die Ressource Wasser werde in den kommenden Jahren eine immer wichtigere Rolle einnehmen, formulierten sie.
Beim letzten Panel ging es um das Thema „Energie and Statecraft“. Andrew Holland vom American Security Project erinnerte zu Beginn seines Vortrags daran, dass Texas vor dem zweiten Weltkrieg noch 63 Prozent des weltweiten Öls produziert hatte. Diese Zahl habe im Laufe der Jahre stark abgenommen. Jedoch hätten die USA auf absehbare Zeit keine Probleme mit Energiesicherheit, da sie über ein ausreichendes Öl-Vorkommen verfügten. Daher muss seiner Meinung nach die Dynamik, die sich in der Welt um die Frage der Energiesicherheit entfaltet, in den Staaten ein wenig anders betrachtet werden als in Europa: Man habe in den USA stärker erkannt, dass es wichtig sei, etwas unabhängiger von weltpolitischen Entwicklungen zu sein. Die Vereinigten Staaten seien mitten in einer Energie-Revolution, in der mehr Öl produziert werde als je zuvor und man sich aufgrund der Methode des fracking von einem Gas-Importeur zu einem Gas-Exporteur entwickelt hätte. Aber diese Revolution gehe weit über fossile Brennstoffe hinaus, auch Solar- und Windenergie spielten eine immer größere Rolle in den USA. Des Weiteren werde mit den neuen Standards eine höhere Effizienz erreicht, was wiederum bedeute, dass man in der Lage sei, mehr output zu erzeugen mit weniger Energieeinsatz.
Severin Fischer von der Deutschen Stiftung Sicherheit und Politik (SWP) schlug dann den Bogen zur Russlandpolitik und der Ukraine-Krise. Seiner Meinung nach sei es sehr wichtig, den Dialog mit der Ukraine und Russland aufrechtzuerhalten, da Deutschland 34 Prozent seines Verbrauchs an Öl und Gas aus Russland erhalte. Ohne Russland als Handelspartner käme es bereits bald zu Komplikationen. Da Deutschland über keine großen Gas- und Öl-Ressourcen verfüge, spielt der Energiehandel mit anderen Ländern eine sehr wichtige Rolle.
Es wurde bei der Veranstaltung einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig Energiepolitik in beiden Ländern sei. Die „Energiewende“ in Deutschland ist ein oft zitiertes Beispiel, welches von amerikanischen Fachexperten verwendet wird, um auf eine grüne Energiepolitik zu verweisen. Auf der Tagung wurde deutlich, wie sehr von außen beobachtet wird, ob die Energiewende in Deutschland gelingt, wie angekündigt vollzogen wird und dann auch zu funktionierenden Energiemärkten führe. Die Veranstaltung zeigte auch auf, welche Herausforderungen global anstehen (Wassernexus, Transportsektor), die es zu meisten gelte in der Energielandschaft der Zukunft.
Jesse Borchert