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Am 2. November 2010 werden ein Drittel der Senatoren und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt. Dr. Norbert Wagner, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington, D.C., rechnet damit, dass die jetzige demokratische Senatsmehrheit bestehen bleibt. Im Kongress allerdings laufe alles auf einen Machtwechsel hin zu den Republikanern hinaus. Grund: Viele „Congressmen“ würden nicht mehr kandidieren. Wenn der Amtsbonus entfalle, gebe es einen Trend zum politischen Wechsel, so Wagner. Für Obama, dessen Anfangspopularität lange verloren gegangen sei, dürfte das Regieren in einer Art Koalitionsregierung dann schwieriger werden. Auch wenn eine Prognose zum jetzigen Zeitpunkt gewagt sei, sie sei umso erstaunlicher, als dass die Republikaner nach Obamas Wahl auf Jahre hinaus abgeschrieben worden seien. Wagner: „Das zeigt, wie schnell sich politische Mehrheiten ändern können. Viele meinen, dass ihr Land in die falsche Richtung gehe.“
Zünglein an der Waage bei den Wahlen könnte die Tea-Party-Bewegung werden. Das „Phänomen der letzten 18 Monate“, spielt laut Wagner innenpolitisch eine immer wichtigere Rolle. So gelang es etwa Rand Paul als Vertreter der Tea-Party-Bewegung, sich bei den republikanischen Vorwahlen in Kentucky deutlich gegenüber den von der Parteiführung bevorzugten Trey Grayson durchzusetzen. Wagner berichtete, dass die Unterstützer der Bewegung vor allem in der Mittelschicht des Mittleren Westens zu finden seien. Sie seien meist Weiße, wohl situiert und wollten einen Politikwechsel. Ihr Slogan bringe ihre Einstellung auf den Punkt: „I keep my money, my freedom and my guns. You keep the change.”
Stichwort Finanzkrise. Wagner nannte beeindruckende Zahlen, die sehr deutlich machten, dass die U.S.A. sich am finanziellen Abgrund befinden. Die innerhalb von 200 Jahren angehäuften Schulden werden sich innerhalb der nächsten zehn Jahre verdoppeln. Die Ursache hierfür liege in der Bankenrettung, den Stimuluspaketen für die Wirtschaft, der Gesundheitsreform sowie der in manchen Bundesstaaten hohen Arbeitslosigkeit. „Es herrscht Angst vor dem Schicksal Griechenlands“, fasste Wagner die Stimmung in den U.S.A. zusammen. Schon heute könne man das Defizit proportional mit dem Spaniens, Portugals und Irlands vergleichen, also alles Staaten, auf die Europa mit großer Sorge blickt.
Mit Sorge wird derzeit auch auf die Ölpest im Golf von Mexiko geblickt. Die Situation nimmt immer dramatischere Züge an. Mittlerweile sind nach aktuellen Schätzungen der U.S.-Regierung 37.000 Tonnen Öl ins Wasser gelangt, deutlich mehr als 1989 beim "Exxon Valdez"-Tankerunglück in Alaska. Täglich kommen zudem mindestens 1,9 Millionen Liter Öl hinzu. „Die Administration hat in den ersten drei Wochen nicht genau hingeschaut und hat den Worten der BP-Führung, die Lage im Griff zu haben, zu viel Glauben geschenkt“, so Wagner. Trotz der Katastrophe würde das Thema Umweltschutz in der Bevölkerung keine Rolle spielen. Vielmehr drehe sich alles um Energieeffizienz und –unabhängigkeit. Die Möglichkeit den Benzinpreis als Regulierungselement einzusetzen, scheide aus. Wagner: „Der Benzinpreis ist ein politischer Preis – ähnlich wie in Deutschland der Bierpreis.“