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Die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 haben gezeigt, wie wenig wir allgemein über die verschiedenen Kulturen mit ihren Weltanschauungen, Wertvorstellungen und religiösen Prägungen wissen. Als nach den Ursachen der Anschläge von New York und Washington gefragt wurde, kam die Antwort, dass eine solche Gewaltbereitschaft, wie sie die islamistischen Terroristen zeigten, nicht allein aus dem Missbrauch der Religion für eine fundamentalistische Politik resultiere, sondern aus dem Gefühl dauerhafter Vernachlässigung.
Plädoyer für eine Kultur der Anerkennung der Andersheit des Anderen
Um ein friedliches Zusammenleben der vielen verschiedenen Kulturen in der Einen Welt zu erreichen, ist die Hinkehr zum Anderen im „Denken vom Anderen her und auf den Anderen hin“ notwendig. Sich auf dem Fundament der Gegenseitigkeit in eine Kultur der Anerkennung des Anderen einzuüben, ist unverzichtbar. Eine solche Anerkennungskultur auf der Basis der Gegenseitigkeit meint, dass „Kultur und Geschichte der Einen nie normativ sein können für die Anderen. Auch die Anderen haben eine kultur- und geschichtsverwurzelte Identität zu verteidigen, die anerkannt - und eben nicht ausgeblendet - werden will.“
Allerdings verlangt der geforderte Respekt vor der Gleichheit der Anderen mehr als bloß die Duldung ihrer Andersheit. Toleranz ist der Schlüsselbegriff eines friedlichen Miteinanders, wobei ein nur formales Dulden des Anderen, beleidigen hieße. Toleranz erlaubt, dass Menschen miteinander leben, die sich an verschiedenen, möglicherweise sogar inkompatiblen Werten orientieren. Toleranz ist sicher kein Allheilmittel, aber Bedingung des friedlichen Zusammenlebens, macht sie doch Differenz möglich, wie auch umgekehrt Differenz die Toleranz notwendig macht. Dass Toleranz auf Gegenseitigkeit beruht, dass heißt, wer Toleranz in Anspruch nimmt, selbst tolerant sein muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Den Anderen in seiner Andersheit anzuerkennen, meint eine Haltung des Respekts, die vorurteilsfreie Annahme von Verschiedenheit sowie die Fähigkeit zu Empathie, zum unüberheblichen, neugierigen und wohlwollenden Sicheinlassen auf den Anderen. Sie hat nichts mit einer Schnittmengenbildung zu tun, die allein das allen Gemeinsame in den Blick nimmt, sondern lebt von der Anerkennung der Andersheit.
Etwas von der genannten Andersheit spiegelt sich in der „Sehnsucht nach Harmonie“, die als typisch asiatische Eigenschaft den Titel dieses Vortrags bildet. Sehnsucht nach Harmonie meint die Annahme der Einheit hinter den Gegensätzen, die letztlich alles Gegensätzliche immer schon transzendiert, weil sie ihm zugrunde liegt. So kann es kein „Entweder – Oder“ geben, sondern nur ein integrierendes, synthetisierendes, Beziehung schaffendes „sowohl als auch“.