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Abschied vom "Nürnberger Trichter"

Padagogik-Professorin Astrid Kaiser fordert moderne Lernkonzepte

"Dass das Lernen eigenaktiv erfolgt, unterscheidet den Menschen von Affen, Hunden und Mäusen!" Um eine griffige Formulierung nie verlegen, setzte sich Prof. Astrid Kaiser, Pädagogik-Professorin an der Unversität Oldenburg, am Dienstagabend für eine Modernisierung der Didaktik und der Lehrpläne an Niedersachsens Schulen ein.

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Vor rund 50 Gästen, die auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung ins Schiffahrtsmuseum Brake gekommen waren, stellte sie weltweit identische Verhaltensschemata von Kindern fest – Neugierde, allgemeines Interesse, Bewegungsfreude und der Wunsch, soziale Beziehungen aufzubauen. In den Schulen werde dieser Erkenntnis aber oft nicht entsprochen. Der klassische Frontalunterricht, so Prof. Astrid Kaiser, entspreche keineswegs dem "natürlichen" Lernverhalten von Kindern. Selbst das Lernen durch Erfolg nutze nur bedingt die Entwicklungschancen. Eigenaktives Lernen dagegen, also eine Didaktik, die sich an den Eigeninteressen der Kinder orientiere, sei der nachhaltigste Weg, Inhalte zu vermitteln und "Schulfrust" zu vermeiden. Dieser Frust sei beachtlich. Während sich in der Regel alle Kinder vor der Einschulung auf die Grundschule freuten, sei diese Lust nach der vierten Klasse bei der Hälfte der Kinder verflogen. Astrid Kaisers Rezept insbesondere für Grundschulen: das Beobachten und Erproben erlauben, Bewegung zulassen, konkrete Dinge schätzen und Kinder etwas herstellen lassen.

Kaiser forderte eine Bereinigung der Lehrpläne: "Es ist ein Fehlschluss zu glauben, 'je mehr Stoff, um so mehr kommt heraus'". Empirischen Untersuchungen zufolge sei die "Trichtermethode" wenig nachhaltig. Wenige Monate später hätten die Kinder das meiste wieder vergessen. Es gelte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. In England gebe es nur vier Grundcurricula, die mit steigendem Alter abstrakter behandelt würden. "Es geht in der Schule vor allem darum, das Lernen zu lernen", so Prof. Kaiser. "Weniger ist mehr! Besser ist, exemplarisch zu lernen – das aber intensiv!"

"Trennungsprozess unterstützen"

Die meist mütterliche "Schattenschule", bei der Eltern mit ihren Kindern Inhalte üben, die in der Schule nicht voll vermittelt worden sind, verschleiere didaktische Misserfolge von Schulen. Sie wirke zudem sozial selektiv, da die "Schattenschule" vor allem bei eher bildungsnahen Kreisen funktioniere. Eltern müssten sich zudem bewusst sein, dass das schrittweise Erwachsen-Werden ein mitunter schmerzlicher aber notwendiger Trennungsprozess sei. Unterstützten sie diesen aber stärkten sie das Ich der Kinder und deren soziale Stabilität.

Björn Thümler, Landtagsabgeordneter der Wesermarsch, der die Diskussionsrunde moderierte, warb für eine sachorientierte Debatte über das Schulwesen ohne ideologische Scheuklappen. Allen Interessen im Beziehungsgeflecht von Eltern, Lehrern und Schülern zu entsprechen, sei "eine Quadratur des Kreises". "Die Kunst ist es, ein Gleichgewicht zu finden", so Björn Thümler. Der Landtagsabgeordnete verwies darauf, dass die Landesregierung weiterhin intensiv ins Bildungswesen investieren wolle. So sollten 2011 u.a. 12 Millionen Euro ins Hauptschulprofilierungsprogramm fließen.

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