Coloquio
Detalles
Der Dokumentarfilm „Er tanzte das Leben“ porträtiert den jüdischen Tänzer Sylvin Rubinstein, der als Dolores zu einem Flamencostar der fünfziger Jahre wurde. Ein Jude, der als Frau tanzte, weil seine Schwester, von den Nazis ermordet wurde.
Ein Major der Wehrmacht, der aus einer Theatergruppe unter seinen Kameraden einen Widerstandskreis aufbaute, der jüdische Kinder bei Nonnen versteckte und mit Partisanen gegen die Nationalsozialisten arbeitete. Fallschirmagenten, Sender, Attentate - das war Kino, was mir der alte Mann da erzählte. Ich konnte es nicht glauben.
Das war vor fünf Jahren, als ich etwas über die Legenden von Kiez schreiben wollte, und mein alter Freund Fritz Hansen, der viele von den Alten aus seiner Arztpraxis kannte, sagte: „Komm mit zu Dolores.“ Da saß ich in der Küche dieses Tänzers, der in seinen Erzählungen Atemlosigkeit entstehen lässt und Trauer, unter der er selbst zusammenbricht. Der den Glanz des Berliner Varietés zurückbeschwört, und die Qualen des Warschauer Gettos. Szenen, die einander überdecken, unauslöschliche Bilder, die ihn quälen, nicht schlafen lassen und jede Chronologie zerreißen. Nur langsam wurde aus dem Zuhören auch Verstehen.