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Ein evangelischer Pfarrer, eine türkischstämmige Menschenrechtlerin, der Vorsitzende eines Studentenverbands und ein Vertreter des Verfassungsschutzes sitzen in der Universität, um zu diskutieren… Man sollte meinen, ein solch ausgewogen besetztes Podium zur Diskussion über das „Flüchtlingsland Deutschland“ läge in jedermanns Interesse. Doch leider kam es anders.
Massive Störung der Diskussion
Ein Dialog war zunächst nicht möglich. Als Joshua Acheampong, der Vorsitzende des Mitveranstalters RCDS Potsdam, die Gäste begrüßen wollte, störten linke Aktivisten den Veranstaltungsbeginn massiv. Sie riefen Parolen und breiteten ein Banner aus, auf dem sie die deutsche Flüchtlingspolitik kritisierten. Der Leiter des Politischen Bildungsforums Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung, Stephan Georg Raabe, schlug mehrmals vor, dass die Störer zwei Vertreter auf das Podium entsenden und mitdiskutieren könnten. Doch darauf ging die Gruppierung gar nicht ein. Stattdessen gab es eine knappe Stunde lang Pfiffe und Sprechchöre. Polizei war vor Ort, doch die Veranstalter entschieden sich dagegen, die Aktivisten hinauszuwerfen. Und so handelte Raabe einen Deal aus, der in die Tat umgesetzt wurde: ein Aktivist ergriff kurz das Wort und danach verließ die Gruppe den Hörsaal.
Zeichen des Dialogs
Eigentlich solle durch genau solche Veranstaltungen „ein Zeichen des Dialogs gesetzt werden“, sagte Acheampong nun in seinem Grußwort. Man wolle „zeigen, dass Deutschland weltoffen und friedlich ist.“ Den von der Kommunikationsberaterin Britta Weck moderierten Dialog führten schließlich Flüchtlingspfarrer Bernhard Fricke und Amnesty International Generalsekretärin Selmin Çalışkan. Der RCDS-Bundesvorsitzenden Jenovan Krishnan sprang für Carlo Weber ein, den Leiter der Abteilung Verfassungsschutz des Innenministeriums Brandenburg.
„Krise“ suggeriert, wir schaffen das nicht
Çalışkan und Fricke äußerten sich ziemlich kritisch über die derzeitige europäische Flüchtlingspolitik. Für Fricke ist es wichtig, überhaupt nicht von einer Krise in Bezug auf die Flüchtlingssituation zu sprechen. Denn das Wort „Krise“ suggeriere, dass wir mit der Herausforderung nicht fertig werden. „Wir schaffen es, aber die Frage ist, wie wir es bewältigen“, so Fricke. Wichtig sei vor allem, hinter den knapp 470.000 Asylanträgen die einzelnen Menschen zu sehen: „Wir kommen nicht weiter, wenn wir nur über Zahlen sprechen.“ Gerade nach den Vorfällen in Hamburg und Köln müsse man auch in der Sicherheitsdebatte vorsichtig sein und könne nicht alle Flüchtlinge über einen Kamm scheren, ergänzte Krishnan. Es gebe einerseits nicht integrationsbereite Menschen, auf der anderen Seite wollten sich Flüchtlinge aber auch in die Gesellschaft einbringen: „In der Mitte liegt die Wahrheit“, mahnte Krishnan.
Europäische Solidarität
Çalışkan äußerte sich froh über Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Botschaft: „Die Menschen sollen hier Zuflucht gewährt bekommen.“ Schließlich sei Asyl das Recht der Flüchtlinge – und ihre Aufnahme kein Akt der Barmherzigkeit. Sie kritisierte zugleich die mangelnde Solidarität in Europa und die europäischen Länder, die kaum oder keine Flüchtlinge aufnähmen: „Die meisten Länder können sich nicht einfach wegducken.“ Dabei könne eine gemeinsame Herangehensweise alles vereinfachen: „Wenn alle EU-Länder die Flüchtlinge aufnehmen würden, wäre es ein Klacks und keine Herausforderung“, zitierte sie den ehemaligen UN-Flüchtlingskommissar António Guterres.
Da schloss sich Fricke an und berichtete von Besuchen in Ungarn und Polen. Dort hatte er Menschen getroffen, die durchaus bereit wären, Flüchtlinge aufzunehmen – im Gegensatz zu den dortigen Regierungen. Uneinig waren sich Çalışkan und Fricke jedoch dabei, ob europäische Solidarität durch den Aufbau von Druck gelänge. Fricke äußerte sich höchst skeptisch, ob Zwang ein wirksames Mittel sei.
Bei ihren abschließend getätigten Wünschen für das Jahr 2016 fokussierten Çalışkan und Fricke ganz unterschiedlich: Die Amnesty-Generalsekretärin erhoffte sich, dass es keine Angriffe mehr auf Flüchtlingsheime in Deutschland gebe und die Täter von den in 2015 verübten Anschlägen gefasst würden. Der Flüchtlingspfarrer setzte hingegen die außenpolitische Brille auf und sprach sich für eine stärkere Bekämpfung von Fluchtursachen weltweit aus.
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