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„Können wir uns diesmal auf Euch verlassen?“

Generalleutnant Glatz analysierte in Potsdam den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr

Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam zog der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr beim Brandenburger Forum der KAS in Potsdam am 3. Dezember 2012 eine Bilanz des Afghanistan-Einsatzes und sprach über die Perspektiven des Landes.

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Wie geht es weiter in Afghanistan, wenn Deutschland und die verbündeten Staaten sich militärisch aus dem Land zurückziehen werden? Für die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) sind derzeit nach Angaben der Nato rund 43.250 Soldaten aus 40 Ländern im Einsatz. Deutschland ist dabei nach den USA mit rund 15.000 Soldaten und Großbritannien mit ca. 7.800 Soldaten der drittgrößte Truppensteller mit bis zu 4.900 Soldaten.

Auf gemeinsame Einladung des Bildungswerks Potsdam der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Sektion Potsdam der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und der Landesgruppe Brandenburg des Reservistenverbandes zeichnete General Rainer Glatz ein verhalten positives Bild der Entwicklungen in Afghanistan, wiewohl man die Zukunft kaum vorhersagen könne.

Nach der Einführung durch Stephan Raabe, den Landesbeauftragten der Konrad-Adenauer-Stiftung für Brandenburg, verglich der Generalleutnant die Lage in Afghanistan vor zehn Jahren mit der Situation heute und stellte fest, dass insgesamt doch viel erreicht worden sei. So seien unter anderem 15.000 Schulen wieder eröffnet, eine eigene afghanische Armee (Afghanische National Armee - ANA) aufgebaut und die Infrastruktur im Lande vorangebracht worden. Auch der Verschärfung der Sicherheitslage seit 2006 habe man trotz aller Opfer getrotzt. Vor allem verwies Glatz auf die große Breite des internationalen Einsatzes, an dem sich zahlreiche Staaten der Erde beteiligten. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass der militärische Teil des internationalen Afghanistan-Einsatzes nur 25 % ausmache, 75 % der Kräfte arbeiteten dagegen am zivilen Aufbau. Die Bewertung „nichts sei gut in Afghanistan“, die die damaligen EKD-Ratsvorsitzenden Bischöfin Margot Käßmann in ihrer Neujahrsansprache 2010 getroffen hatte, sei vor diesem differenziert zu betrachtenden Hintergrund ebenso falsch, wie die Behauptung „alles sei gut in Afghanistan“.

Seit 2011 gebe es eine spürbare Trendumkehr bei den sicherheitsrelevanten Vorfällen, d.h. bei Angriffen auf die ISAF-Truppen, die afghanische Armee oder Zivilisten. Ziel seien nun vor allem Truppen der afghanischen Armee (ANA). Die meisten Opfer aber, und das in rasant steigendem Maße, seien unter den Zivilisten zu verzeichnen. Auf diese nähmen - ganz entgegen deren Propaganda - weder die Taliban noch andere terroristische Gruppierungen Rücksicht. In der unter der Führung und Aufsicht der Bundeswehr stehenden Nordregion, der wegen der guten Verkehrswege und Infrastruktur eine größere Bedeutung zukomme, seien zudem die kriminelle Hintergründe für Anschläge nicht zu vernachlässigen. Auch für den Abzug der wesentlichen Komponenten der ISAF sei diese Region besonders wichtig, da 75 % aller militärischen Güter durch sie per Bahn und LKW abtransportiert würden.

Vorsicht sei bei der Interpretation der Terror-Attacken aus den eigenen Reihen der afghanischen Armee oder Polizei angebracht. Von 24 derartigen Angriffen stehe lediglich bei einem noch in Frage, ob er auf eine gezielte Infiltrationsstrategie der Taliban zurückzuführen sei: Alle anderen hätten durchaus „normale“ Ursachen, etwa persönliche Probleme, Stress aufgrund permanenter Kampfeinsätze, kulturelle Missverständnisse, Streitigkeiten u.ä.

Zukünftig müsse und werde es eine Folgemission, etwa ähnlich der Nato Training Mission (NTM-A) in Afghanistan, geben. Wie sie aussehen und wie lange sie durchgeführt werde, stehe noch nicht fest. Allerdings wäre es sehr problematisch, so der Generalleutnant, wenn angesichts der 2014 in Afghanistan bevorstehenden Wahlen eine entsprechende Anfrage durch die afghanische Regierung zögerlich behandelt werden würde. Dann verlöre man das Ansehen und Vertrauen in der afghanischen Bevölkerung.

Als sehr bemerkenswert - auch vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrunderts - hob General Glatz hervor, dass in Afghanistan erstmals seit General Steuben amerikanische Soldaten unter einem deutschem Kommando stünden. Wer hätte das noch vor einigen Jahren für möglich gehalten, denn dazu gehöre großes Vertrauen auch in die Fähigkeiten des deutschen Verbündeten. Anhand von Beispielen erläuterte der General, dass die Bundeswehr mittlerweile auch von der Ausrüstung her durchaus mit den USA und anderen Nationen mithalten könne, anderseits aber ebenso von der Ausrüstung der Verbündeten profitiere, etwa von amerikanischen Hubschraubern.

In der von Dr. Kurt Hecht, Sektionsleiter Potsdam der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, moderierten anschließenden Diskussion mit den gut 100 Teilnehmern wurden zentrale Aspekte des Einsatzes kritisch beleuchtet. Glatz hob dabei hervor, dass Deutschland sich inzwischen rasch auf veränderte Situationen einrichten könne, schneller als manch andere Nation. Ein Beispiel dafür sei die rasche Einführung gepanzerter Fahrzeuge, als 2006 deutsche Verbände mit RPG (Raketengeschossen zur Bekämpfung von Panzern) angegriffen wurden. Auf die Frage, ob die Bundeswehr gut ausgerüstet sei, antwortete Glatz: Das hänge davon ab, wohin sie geschickt werde, insgesamt beurteilte er die Lage aber als zufriedenstellend. Auf seinem „Wunschzettel“ stünden allerdings bestimmte Hubschrauber, eine fliegende Aufklärungsplattform, die jedoch kaum zu finanzieren sei, und auch bewaffnete Drohnen.

In seinem Schlusswort begrüßte Gunter Scharf, Landesvorsitzender Brandenburg des Reservistenverbandes, die Einschätzung des Generalleutnants, dass Reservisten mehr denn je wichtig seien für die Bundeswehr und gebraucht würden. Reservisten beteiligten sich als dringend benötigte Experten auch an Auslandseinsätzen oder seien in Deutschland im Einsatz, nicht selten in Vertretung der im Ausland tätigen Kameraden.

Zum Schluß verwies Generalleutnant Glatz auf die große Verantwortung, die die Weltgemeinschaft und Deutschland für die Zukunft Afghanistans bereits übernommen hätten. Er erzählte von afghanischen Bürgern, die immer wieder gefragt hätten: „Können wir uns diesmal auf Euch verlassen?“ Damit sei die Situation nach 1992 gemeint gewesen, als die Sowjetunion auch die letzten verbliebenen Truppen und Berater aus Afghanistan zurückgezogen habe und der Westen zusagt habe, das Land zu unterstützen, dann aber nicht geliefert hätte. Wenige Jahre später hätten dann die Taliban die Macht in Afghanistan übernommen.

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Stephan Georg Raabe

Stefan Georg Raabe

Leiter des Auslandsbüros Bosnien und Herzegowina in Sarajevo

Stephan.Raabe@kas.de +387 33 215 240
Generalleutnant Glatz betonte, daß Reservisten auch in Zukunft gebraucht würden... KAS

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