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Auf einem vorgezogenen Landesparteitag der CDU Brandenburg am 25. April 2015 in Schönefeld hat die Partei eine neue Führung gewählt.
Von den 215 anwesenden Delegierten (von insgesamt 235) gaben dem Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Ingo Senftleben (40), 163 ihre Stimme (75,8 % bei 3 Enthaltungen und 17 Neinstimmen). 29 Delegierte (13,4 %) wählten den ad hoc Gegenkandidaten und ehemaligen CDU Landtagsabgeordneten (1999 – 2009) Dr. Wieland Niekisch (58), der als „konservative Alternative“ antrat. Der von Senftleben nominierte neue Generalsekretär Steeven Bretz (39) erhielt 175 von 210 Stimmen (83,3 %) bei 32 Neinstimmen. Er soll künftig die politische Attacke anführen. Damit kann die neue Führung mit einer durchaus guten Zustimmung an die Arbeit gehen.
Zu stellvertretenden Landesvorsitzenden wurden Gordon Hoffmann MdL (36, Priegnitz, 85,2 %), Karin Lehmann (55, Fürstenberg/Oder-Spree, 73,3 %), Barbara Richstein MdL (49, Havelland, 83,3 %) und Jana Schimke MdB (35, Dahme-Spreewald, 73,9 %) gewählt. Bisher nahmen diese Funktion Dr. Jan Redmann MdL (Parl. Geschäftsführer), Barbara Richstein MdL, André Schaller und Ingo Senfleben ein.
Die Brandenburger CDU war unter ihrem Spitzenkandidaten, dem Cottbuser Arzt Prof. Dr. Michael Schierack MdL (48), bei der Landtagswahl am 14. September 2014 mit 23 % (+3,2 %) zwar erfolgreich zweitstärkste Kraft geworden, scheiterte aber bei den laut Aussage der CDU-Verhandler inhaltlich eigentlich gut laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD, die sich unter dem Hinweis, Schierack selbst habe nicht in die Regierung eintreten wollen, für ein erneutes Bündnis mit den Linken entschied, obwohl beide Parteien bei der Wahl erheblich an Stimmen verloren hatten.
Daraufhin gab es in der CDU verbreitete Irritationen und Frustration. Schierack trat als Fraktionsvorsitzender zurück, wollte jedoch die Partei als Vorsitzender weiter führen. Die Neuwahl wurde schließlich notwendig, nachdem die frühere Generalsekretärin Anja Heinrich MdL (43) am 9. Februar 2015 in einem Interview nicht nur völlig überraschend ihren Rücktritt angekündigte, sondern auch mit schonungsloser Kritik an ihrer Partei und dem Vorsitzenden verband, wobei sie eine stärke Beteiligung der Parteibasis forderte.
Daraufhin strich auch Michael Schierack die Segel und trat Ingo Senfleben als Kandidat für den Vorsitz an. Gemeinsam mit Steeven Bretz warb er bei einer Tour durch die Kreisverbände für seine Kandidatur und griff dabei die vielfältigen kritischen Anmerkungen auf. Versuche, einen Mitgliederentscheid über den Parteivorsitz durchzusetzen, was u.a. von der früheren Parteivorsitzenden Dr. Saskia Ludwig MdL, der Brandenburger Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann und der Senioren Union betrieben wurde, wurden vom CDU-Landesvorstand abgelehnt und verliefen im Sande.
Bei einer Befragung von mehr als 300 Mitgliedern der Senioren-Union im März votierte allerdings eine Mehrheit von knapp 38 % für die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann, als Kandidatin für den Vorsitz. Auf Platz zwei folgte die ehemalige Generalsekretärin Anja Heinrich (31,2 %) vor dem vom Vorstand unterstützten Fraktionschef im Landtag Ingo Senftleben (20,9 %). Weder Tiemann, die ein prominentes Gesicht der gerade eröffneten Bundesgartenschau im Havelland ist, noch Heinrich, die die Neuaufstellung eingeläutet hatte, an dem Parteitag aber gar nicht teilnahm, traten für den Vorsitz an.
Das Arbeitsprogramm, das der neue Vorsitzende und der neue Generalsekretär, dem Parteitag vorlegten, enthält u.a. ein Nachwuchsförder-Programm, Zukunftswerkstätten als Diskussionsforen, Beratungen zu einem neuen Grundsatzprogramm, einen großen Kommunalkongress zur Kommunalreform und die Erarbeitung von Vorschlägen für eine stärkere Mitgliederbeteiligung.
Diskussionsbedarf oder Wortmeldungen gab es auf dem Wahlparteitag überhaupt nicht mehr. Nach den Diskussionen in und mit den Kreisvorständen ging es den Protagonisten und Delegierten jetzt um eine reibungslose Neuaufstellung.
Michael Schierack, der die Partei in den letzten zweieinhalb Jahren führte und vor allem zusammenhielt, wurde nach seiner Abschiedsrede mit stehendem Applaus verabschiedet. Er geht ohne Groll, nach seiner Rückzugsentscheidung auch sichtbar erleichtert und befreit und hat die Neuaufstellung in guter Weise moderiert, was ihm die Delegierten dankten.
Ingo Senftleben hielt auf dem Parteitag eine gute Rede und ließ sich dabei auch durch die vom Bundestagsabgeordneten Hans-Georg von der Marwitz angeführten Braunkohlegegner in der CDU nicht aus dem Konzept bringen, die plötzlich mit einem großen Plakat auftauchten. Inhaltlich betonte er die Themen Familie, Bildung, innere Sicherheit und die Kreisreform. Ziel bleibt die Regierungsübernahme oder zumindest die Regierungsbeteiligung, die er mit einer Politik „nah am Leben“ der Brandenburger erreichen will. Ob mit ihm der angestrebte Aufstieg der CDU gelingt und die Parteiführung an Stabilität gewinnt, muss sich erst noch zeigen. Nach der Ära des konservativen Vorkämpfers Jörg Schönbohm 1998 bis 2007 hat die Partei in Brandenburg mit Ulrich Junghans, Prof. Dr. Johanna Wanka, Dr. Saskia Ludwig und Prof. Dr. Michael Schierack in acht Jahren vier Parteivorsitzende gehabt und war zumindest zeitweise tief gespalten.
Senftleben, der von Beruf Maurer und Hochbautechniker ist, trat 1997 in die CDU ein und ist seit 1999 Mitglied des Landtags für den Wahlkreis Oberspreewald-Lausitz I im Süden Brandenburgs, den er mit 35, 37,1 und 36,2 % 2004, 2009 und 2014 direkt gewinnen konnte. Er war ab 2004 Vorsitzender des Bildungsausschusses und seit 2009 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion und Sprecher für den ländlichen Raum und Demographie. Von 2003 bis 2014 war er zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister des kleinen Ortes Ortrand an der Grenze zu Sachsen. Als „erster stellvertretender Parteivorsitzender“ fungierte er bereits unter seinem Vorgänger Schierack. So neu ist der Neuanfang von daher nicht. Bei einem Regierungseintritt der CDU hätte er Bildungsminister und stellvertretender Ministerpräsident werden sollen. Als Vorsitzender muss er jetzt zunächst die Partei aus ihrer Frustration und Lethargie herausholen und ihr inhaltlich ein ernstzunehmendes Profil und Selbstbewusstsein geben. Die dazu notwendige Autorität muss er sich allerdings erst noch erarbeiten. Da im Land erst 2019 wieder gewählt wird, steht ihm dafür zumindest ausreichend Zeit zur Verfügung.
Sein Generalsekretär, Steeven Bretz (39), ist Betriebswirt (Berufsakademie) und war Referent für Betriebswirtschaft beim Berufsförderungswerk der Gebäude- und Energietechnikhandwerke. Seit 1997 ist er Mitglied der CDU und sitzt seit 2009 für Potsdam im Landtag, in den er über die Landesliste gewählt wurde. Thematisch hat er sich insbesondere als Energiepolitischer Sprecher hervorgetan.
Von den vier bisherigen Stellvertretenden Parteivorsitzenden ist nur die Juristin und frühere Justizministerin (2002-04) Barbara Richstein (49) geblieben, die dieses Amt seit 2003 wahrnimmt und im September als Bürgermeisterin von Falkensee kandidiert. Neu gewählt wurden der Bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Gordon Hoffman, der von Beruf Erzieher und seit 2009 CDU-Kreisvorsitzender in der Prignitz sowie Landtagsabgeordneter ist. Ganz neu im Landesvorstand sind Karin Lehmann (55), die CDU Vorsitzende von Fürstenwalde und Geschäftsführerin des Kreissportbundes Oder-Spree, und Jana Schimpke (35). Die Politikwissenschaftlerin ist seit 2003 Mitglied der CDU, war zuletzt als Referentin bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände beschäftigt und wurde 2013 direkt in den Bundestag gewählt.
Unter den 18 Beisitzern im Landesvorstand sind sieben Kreisvorsitzende vertreten. Da mit Gordon Hoffmann und Michael Stübgen, dem Vorsitzenden der Landesgruppe Brandenburg der CDU im Bundestag, zwei weitere Kreisvorsitzende dem Landesvorstand angehören, ist insgesamt die Hälfte der Kreisvorsitzenden im Landesvorstand mit Stimme vertreten, zudem aber alle Landesteile.
Beim traditionellen Brandenburgabend der CDU am Vorabend des Parteitages erinnerte die CDU in einem von Michael Schierack moderierten Gespräch mit der Maria von Pawelsz-Wolf, der Tochter des ersten Brandenburger CDU Vorsitzenden, Dr. Wilhelm Wolf, und mit Dr. Ralf-Thomas Baus von der Konrad-Adenauer-Stiftung an die Gründungszeit der CDU vor 50 Jahren, die schon bald durch die brutale Unterdrückung durch die platzgreifende SED-Diktatur gekennzeichnet war.