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Die Griechenland- und Euro-Krise verstehen

Chronologie – Ursachen – Wirkungen

Materialien und Überlegungen aus dem Politischen Salon des Politischen Bildungsforums Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung, der vom 9. - 12. Juli 2015 in Cadenabbia am Comer See sich mit dem Thema befasste.

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Seit Wochen und Monaten, eigentlich Jahren sorgt die Griechenland-Schuldenkrise für Aufsehen und Diskussionen. Nicht nur in diesem Zusammenhang ist auch von einer Euro-Krise die Rede. Bis vor einiger Zeit konnte dagegen auf die vorhandene Stabilität und Solidität des Euro verwiesen werden.

Die jahrelange systematische Missachtung der Stabilitätskriterien und die faktische Ausweitung der Befugnisse der Europäischen Zentralbank haben aber zu hohen Staatsdefiziten und Staatsschulden bei den meisten Euro-Staaten, zu riesigen Finanztransfers zwischen den Staaten (Nord-Süd-Transfers) einschließlich einer Haftung für fremde Schulden und zuletzt auch zu einer rasanten Abwertung des Euro geführt. Wir haben es also tatsächlich mit einer Krise im Euro-System zu tun.

• Wie ist es entgegen früherer Zusicherungen und vertraglicher Vorkehrungen dazu gekommen?

• Welche Ursachen gibt es für die Krise, welche Aspekte spielen eine Rolle?

• Welche Wirkungen entfaltet die Krise?

• Welche Lösungen schließlich bieten sich an?

Darüber wurde im Politischen Salon des Politischen Bildungsforums Brandenburg in Candenabbia am Comer See am 11. Juli 2015, dem Tag vor der Entscheidung für ein drittes Griechenland-Hilfspaket, auf Grundlage der vorhandenen Daten intensiv diskutiert (siehe: Zum Thema - Power Point Präsentationen "Chronologie der Euro-Krise" und "Die €-Krise"). Die Prognose, es werde trotz der politisch absurden Umstände in Griechenland zu einem neuen teuren Hilfsfonds kommen, hat sich bewahrheitet.

Obwohl Griechenland nach Aussage von Regierungen und Experten mittlerweile kein systemisches Risiko für die €-Zone darstellt, also ein weiteres Rettungspaket für die Finanzstabilität der €-Staaten nicht unabdingbar ist, und obwohl die Schuldentragfähigkeit bei Griechenland offensichtlich nicht mehr gegeben ist- was beides eigentlich notwendige Voraussetzungen für ein neues Finanzpaket wären - haben die Staats- und Regierungschefs der EU nach Abwägung der Vor- und Nachteile einstimmig für ein solches drittes Hilfspaket votiert, um Griechenland mit noch viel mehr Geld im Euro zu halten und die €-Gruppe zusammen zu halten. Nicht nur der FDP Vorsitzende Christian Lindner und der Staatsrechtler Dietrich Murswiek bewerten das neue Hilfsprogramm deshalb als rechtswidrig.

Die griechischen Bürger wurden derweil von ihrer links geführten Regierung mit falschen Versprechungen, einem populistischen Referendum, in dem sie sich mit über 60 Prozent auf Empfehlung der Regierung gegen weitere €-Reformprogramme ausgesprochen haben, und einer politischen Kehrtwende hin zu einem erneuten Reformprogramm an der Nase herum geführt. Jetzt sollen sie ein noch schärferes Spardiktat, denn darum handelt es sich, akzeptieren und mit vollziehen. Das Parlament hat der Kehrtwende mit gut 76 % der Stimmen zugestimmt, allerdings steht die Regierung vor einem Umbruch, da 38 von 149 Abgeordnete, also gut ein Virtel der Abgeordneten der Regierungspartei Syriza, darunter drei Minister und die Parlamentspräsidentin, die Reformen abgelehnt haben. Aber auch Ministerpräsident Tsipras betonte vor der Entscheidung im Parlament, dass er sich lediglich der Erpressung der anderen Staaten habe beugen müssen und weiter an und für sich gegen die Reformen sei, aber eben das Geld benötige. Dementsprechend engagiert wird er die Reformpolitik wohl nun umsetzen. Konsequenterweise müsste er zurücktreten, doch offensichtlich will er die Reformpolitik auf seine Weise gestalten. Hieß es früher bei den Sozialisten, es muss wie Demokratie aussehen, aber wir müssen das Sagen haben, so heißt die sozialistische Parole in Griechenland heute wahrscheinlich, es muss wie ein Reformprogramm aussehen, aber die tatsächliche Politik bestimmen wir. Oder warum sollte Tsipras von einer auf die andere Woche seine politischen Grundüberzeugungen fundamental gewandelt haben?

Die Entscheidung im Bundestag

Im Deutschen Bundestag wird es absehbar wieder eine große überparteiliche Mehrheit für die weitere Hilfe geben. Allerdings gab es schon im Februar 2012 keine Kanzlermehrheit bei der Abstimmung über das zweite Griechenland-Hilfspaket, da 13 CDU/CSU und vier FDP Abgeordnete dagegen gestimmt hatten.

Bei der Entscheidung über die außerplanmäßige Verlängerung des Zweiten Griechenland-Hilfsprogramms am 27. Februar 2015 hatten schon 30 Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion mit Nein gestimmt. Eine weitere Gruppe von 41 christdemokratischen Abgeordneten mit Detlef Seif u.a. gab zudem eine Erklärung zu Protokoll, in der es heißt: „Sollte die griechische Regierung durch … ihr weiteres Verhalten … aber deutlich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fortführung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe unverzüglich zu beenden.“ Nachdem die griechische Regierung dies über ein halbes Jahr sehr deutlich gemacht hat, der griechische Ministerpräsident Tsipras aber in letzter Minute beim EU-Gipfel am 12./13. Juli eine Kehrtwende um 180 Grad vollzog, darf man gespannt sein, wie ernsthaft diese Gruppe das Interesse der Regierung Tsipras an weiteren radikalen Reformen nun einschätzt.

Eine Gruppe von 21 Christdemokraten mit Norbert Barthle u.a. benannte in einer Protokollerklärung sechs Voraussetzungen für ihre Zustimmung, die nahezu alle keinen Bestand hatten in der weiteren Entwicklung. Weitere 14 Abgeordnete schlossen sich diesen beiden Erklärungen mit leichten Abweichungen an, 42 gaben Einzelerklärungen ab, so dass 118 Parlamentarier der CDU/CSU die inhaltlichen Voraussetzungen für ihre Zustimmung zu Protokoll gaben, insgesamt also mehr als ein Drittel der Fraktion Bedenken äußerte. Kurz und knapp brachte es der Abgeordnete Norbert Schindler auf den Punkt: „Sollten die Zusagen nicht eingehalten werden, werde ich jedwede zukünftige Zustimmung zu weiterer Hilfe verweigern. Auch heute kann ich diesem Gesetzentwurf nur mit Bauchgrimmen zustimmen!“ (Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht 89. Sitzung vom 27.2.2015, Anlage 12, S. 8526)

Viele der Protokollnotizen legten übrigens ausdrücklich Wert darauf, dass eine unkonditionierte Brückenfinanzierung vermieden werde. Diese wurde jedoch am Parlament vorbei in viel größerem Ausmaß, als es je hätte beim Hilfspaket passieren können, nämlich in Höhe von bis zu 90 Mrd. Euro von der Europäischen Zentralbank durch Ela-Notkredite vorgenommen.

Auch wenn Finanzminister Schäuble öffentlich zu Protokoll gibt, viele in der Bundesregierung hielten einen Grexit auf Zeit für die bessere Lösung, werden die Unionsabgeordneten - mit mehr oder weniger großen „Bauchgrimmen“ - der weiteren Griechenlandhilfe wohl zustimmen, um die eigene Mehrheit und damit die eigene Regierung nicht zu gefährden.

Nimmt man ernst, was von Tsipras und Schäuble gesagt wurde, dann gibt es jetzt im Ergebnis eine zweifach paradoxe politische Situation: Die Regierung Tsipras will eine Politik durchführen, die sie an für sich für falsch hält, und zumindest etliche Minister in der Regierung Merkel wollen eine Politik vertreten, die sie für die schlechtere Lösung halten.

Wie auch immer, wie jeder private Kreditgeber steht auch der öffentliche: Regierung und Abgeordnete, in der Verantwortung für seine Kreditvergaben, vor allem, wenn sie sich in derartigen Höhen bewegen, wie bei Griechenland. Es ist schließlich das Geld der Bürger, das hier verauslagt wird und bei einem noch höheren Kreditausfall als bisher, verloren ginge. Irland und Portugal etwa, zahlen ihre Kredite bereits aus eigener Kraft zurück, ob und wann es dazu bei Griechenland kommt, ist weiter ziemlich ungewiss.

Worauf es aber vor allem ankommt, ist die richtigen Schlüssen aus der Krise zu ziehen und die Währungsunion wieder auf eine sichere Grundlage zu stellen.

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Stephan Georg Raabe

Stefan Georg Raabe

Leiter des Auslandsbüros Bosnien und Herzegowina in Sarajevo

Stephan.Raabe@kas.de +387 33 215 240
Euro-Rettungsschirm Check24
Cadenabbia BWK OL 7.2013 1 KAS Weser-Ems
Stephan Georg Raabe, Leiter des Bildungswerks Potsdam der Konrad-Adenauer-Stiftung KAS

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