Nach der Begrüßung und Einführung durch den Landesbeauftragten für Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung präsentierte und erläuterte Prof. Dr. Niedermayer die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament in Deutschland.
Immer noch habe die Wahl den Charakter einer Nebenwahl, jedenfalls im Vergleich zur Bundestagswahl. Schon die für den Wahlkampf eingesetzten Mittel seien deutlich geringer. Sehr positiv sei die insgesamt steigende Wahlbeteiligung. Es zeichne sich kein dramatischer Rechtsruck ab, ohnehin bestehe eher die Gefahr der Einflussnahme nationaler Regierungen in den Brüsseler Institutionen. Insbesondere Kleinstparteien konnten von der fehlenden Fünf-Prozent-Hürde profitieren. Diese erhielten diesmal so viele Stimmen, weil viele Wähler ihnen bei einer Bundestagswahl ihre Stimme nicht geben würden, da sie dann als verloren gelten müsse.
Die Klimapolitik spielte für die Entscheidung der Mehrzahl der Wähler keine Rolle, lediglich für eine besonders affine Gruppe. Prof. Niedermayer betonte, dass das verschlechterte Abschneiden der CDU allein durch die über 60-Jährigen aufgehalten worden sei. Diese Generation sei „die Bank“, hier habe die CDU nur einen Prozentpunkt verloren. Ganz anders als bei den jungen Wählern. Er können deshalb die Debatten um die Gewinnung der Jugendlichen insofern nicht nachvollziehen, habe doch die CDU hier traditionell einen schweren Stand und drohe man doch dadurch die Senioren zu verlieren.
Die Direktorin der Europäischen Akademie, Dr. Andrea Despot, sieht gleichfalls keine besorgniserregende Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament zugunsten von Rechtsextremen. Viele Menschen hätten begriffen, dass große Herausforderungen heute durch einzelne Staaten nicht zu meistern seien. Zunehmend würden Wahlen durch Wechselwähler bestimmt, bei dieser Wahl seien es 70 Prozent gewesen. Um junge Menschen zu gewinnen, müsse man sie in ihrer Lebenswirklichkeit abholen, durch diskursive, partizipatorische Methoden. Was allerdings sehr aufwendig sei.
Prof. Niedermayer mochte nicht vom Niedergang der Volksparteien reden, allerdings stünden sie unter erheblichem Druck. Entscheidend für ihren Erfolg bleibe, dass ein „optimales“ Programm durch einen ebensolchen Spitzenkandidaten vertreten werde. Allerdings bestehe die Gefahr, dass das EU-Parlament die durch viele Wähler in die Parteien gesetzten Hoffnungen nicht erfülle, mit entsprechenden Konsequenzen für die nächsten Wahlen.
Dr. Despot kritisierte die in Medien und Öffentlichkeit laufende Debatte über die Auseinandersetzungen um Spitzenpositionen in der Europäischen Union als unnötig. Die EU sei transparent, dass Parlament die schwierige Suche nach Mehrheiten gewohnt. Hinsichtlich der Debatten um den Brexit und um Reformen der Europäischen Union meinte sie, dass das zentrale Prinzip der EU die Abgabe von nationalen Kompetenzen sei, dies dürfe nicht aufgeweicht werden.
In der anschließenden Diskussion wurde u.a. über die Bedeutung des CDU-kritischen Videos des Youtubers Rezzo kontrovers debattiert. Während manche es als populistisch bezeichneten, begriff Dr. Despot dies – sozusagen demokratietheoretisch - als die immerhin positiv zu bewertende Beschäftigung eines jungen Menschen mit Politik.
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