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Norwegen - Partner in Europa

„Deutschland ist unser wichtigster Partner in Europa“

Bei seinem Besuch in Potsdam informierte der Botschafter des Königreiches Norwegen, Sven Erik Svedmann, über aktuelle politische Gegebenheiten nach den Parlamentswahlen in dem skandinavischen Land. Dabei kamen auch die Europa-, die Energie- und die Einwanderungspolitik und natürlich die Beziehungen zu Deutschland zur Sprache.

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Im Rahmen der Reihe der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brandenburg „Die Welt zu Gast in Potsdam“, in der bisher die Botschafter von China, Israel, Polen und den USA sprachen, war diesmal der Botschafter des Königreiches Norwegen zu Gast, Sven Erik Svedman. Die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, sonst als Gesprächspartnerin bei dieser Veranstaltung dabei, war durch die laufenden Koalitionsverhandlungen, bei denen sie die Arbeitsgruppe Umweltpolitik leitet, verhindert. Rund 90 Teilnehmer interessierten sich für das Partnerland im Norden Europas, dessen eindrucksvolle Natur jedes Jahr Millionen von Touristen anlockt, gerade auch aus Deutschland.

Das heutige Königreich Norwegen entstand erst 1905 nach der Auflösung der Personalunion mit Schweden und vorhergehender Union mit Dänemark, einer eher dunklen Zeit, wie der Botschafter bemerkte. Es ist eine konstitutionelle parlamentarische Monarchie. Im II. Weltkrieg wurde Norwegen von Deutschland besetzt. 1949 gehörte das Land zu den Gründungsmitgliedern der NATO. Ein Beitritt zur EU wurde in Volksabstimmungen 1972 und 1994 zweimal abgelehnt, obwohl die jeweiligen Regierungen diesen Beitritt befürworteten. Norwegen ist jedoch seit 1994 als Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in vielen Belangen einem EU-Mitglied gleichgestellt und darüber hinaus als Teil der Nordischen Passunion Mitglied des Schengener Grenzabkommens der EU. Via EWR-Vertrag ist das Land durch Milliardenzahlungen in den europäischen Kohäsionsfonds Nettozahler für die EU. Kein Wunder, dass die gerade neu gewählte Regierung sich zum Ziel setzt, „eine proaktive Politik zur Wahrung norwegischer Interessen“ zu verfolgen, “indem frühzeitiger an Prozessen und der Politikgestaltung der EU mitgewirkt wird“ (Politische Plattform der Regierung Solberg vom 7.10.13, S. 69: Europa).

Von der Fläche etwas größer als Deutschland, hat Norwegen nur gut fünf Millionen Einwohner, so wie Berlin und Brandenburg zusammen. Das Bruttoinlandsprodukt Norwegens ist jedoch nominal pro Kopf mehr als doppelt so hoch wie das deutsche. Der Lebensstandard der Norweger gehört zu den höchsten der Welt. Öl, Erdgas haben das Land - neben der Arbeit der Menschen - reich gemacht. Aus einem der ärmeren europäischen Staaten, dessen Volkswirtschaft primär durch Schifffahrt, Fischfang, Agrar- und Forstwirtschaft geprägt war, ist eines der reichsten Länder der Welt geworden. Norwegen liefert rund 20 Prozent des in Europa benötigten Erdgases und ungefähr 30 % des in Deutschland verbrauchten Erdgases. Sein staatlicher Pensionsfonds von rund 580 Milliarden Euro, der für die Zukunft Vorsorge leistet, tritt an Europas Börsen als größter Einzelinvestor auf.

Neues Regierungsbündnis

Botschafter Sven Erik Svedman, der seit 2007 sein Land in Berlin vertritt und zuvor unter anderem Staatssekretär im Außenministerium in Oslo und Botschafter in Paris und Tel Aviv war, berichtete zunächst über die neue konservative Regierung, die am 16. Oktober 2013 die Amtsgeschäfte übernommen hat. Die Minderheitsregierung unter Ministerpräsidentin Erna Solberg, auch die „eiserne Erna“ genannt, wurde von der Konservativen Partei und der Fortschrittspartei gebildet und wird von Liberalen und Christlicher Volkspartei im Parlament unterstützt. Solberg ist Nachfolgerin des beliebten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg, der seit 2005 die Regierung führte, aber bei den Wahlen über seine Regierungskoalition mit der Sozialistischen Linkspartei und der grünen, europaskeptischen Zentrumspartei gestolpert war.

Aufmerksamkeit erregte das neue Regierungsbündnis, weil die Fortschrittspartei, die bei den Wahlen 16,3 % erreichte (- 6,6 %) und nun sieben von 17 Ministern stellt, von Politikwissenschaftlern als „gemäßigt nationalistisch und fremdenfeindlich“ oder auch als „Rechtsextremismus light“ eingestuft und zum Beispiel mit der österreichischen FPÖ eines Hörg Heider verglichen wird. Bisher hatten die konservativen Parteien deshalb ein Bündnis mit der Fortschrittspartei ausgeschlossen.

Dieser Einschätzung der Partei widersprach der Botschafter, indem er auf die bereits 40jährige Geschichte der Fortschrittspartei hinwies, die im Protest gegen Steuern entstanden sein, und auch stark liberale bzw. sozial-liberale Ziele anstrebe. Allerdings räumte er auch gewisse rechtspolitische Züge in der Partei ein, die aber in der vereinbarten Politischen Plattform der Regierung keine Rolle spielten und durch den Unterstützungsvertrag mit Liberalen und Christlicher Volkspartei neutralisiert würden. Jetzt werde die Partei politisch eingebunden und müsse Verantwortung beweisen. Siv Jensen, die Vorsitzende der Fortschrittspartei, ist Finanzministerin der neuen Regierung. Außenpolitisch hat sich die neue Regierung u.a. zum Ziel gesetzt, mehr als bisher der Förderung norwegischer Wirtschaftsinteressen zu dienen, der Energiepolitik eine wichtigere Rolle zukommen zu lassen und die bilateralen Beziehungen zu zentralen europäischen Staaten zu vertiefen.

„Die Bewältigung der Geschichte war schwierig“

Deutschland sei politisch kulturell der wichtigste Partner Norwegens in Europa, hob Botschafter Svedman hervor. Es gebe viele gemeinsame Interessen in Wirtschaft und Politik und eine ähnliche Orientierung in außenpolitischen und europäischen Fragen, die beide Länder verbänden. Deshalb sei auch Deutschland an Norwegen interessiert.

Allerdings habe die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg das zuvor sehr gute Verhältnis zwischen Norwegen und Deutschland stark beschädigt. Die Bewältigung dieser Geschichte sei schwierig, aber erfolgreich gewesen. Dabei verwies Svedman auf die positive Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland auch als Partner in der Nato, auf die besondere Rolle von Bundeskanzler Willy Brandt, der nach dem Krieg zunächst als norwegischer Diplomat in Berlin gewesen sei und mit seiner besonderen Verbindung zu Norwegen eine große Rolle bei der Versöhnung gespielt habe, sowie auf den wichtigen Besuch von Bundespräsident Richard von Weizsäcker in Norwegen 1984.

Die deutsche „Energie-Wende“ bezeichnete der Botschafter als gute, aber gewagte Entscheidung. Vor allem das Problem der Implementierung der neuen Energiepolitik werde aufmerksam verfolgt. Hier scheine es gerade auch im Hinblick auf Umweltgesichtspunkte und die Nutzung von Gas und Gaskraftwerken wohl noch Justierungsbedarf zu geben. Er kündigte an, dass es 2018 eine Stromkabelverbindung zwischen Norwegen und Deutschland geben werde sowohl für den Export von norwegischem Strom aus Wasserkraft wie für den Import von grünem Strom aus Deutschland.

Die Europafrage, Russland und die Einwanderung

Das Thema EU-Mitgliedschaft spaltet Norwegen. Die in der norwegischen Bevölkerung verbreitete Ablehnung der Mitgliedschaft begründete Svedman auch mit Blick auf die norwegische Geschichte der Unionen mit Dänemark und Schweden und der späten Souveränität des Landes. Viele Norweger wollten sich Brüssel nicht unterordnen und Eigenständigkeit und direkte demokratische Mitsprache bewahren. Gleichwohl unterstütze Norwegen die EU als Nettozahler. Das sei der Preis für Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum. Das Vertragswerk mit der EU, so heißt es in der Politischen Plattform der neuen Regierung, „stellt den Zugang zum Markt und die langfristige Planbarkeit für die norwegische Wirtschaft sicher, und ist von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung.“

Befragt nach den Beziehungen zu Russland und zur Einwanderungspolitik, verwies der Botschafter auf das jüngst geschlossene Abkommen über die Grenzziehung in der Arktis und die Zusammenarbeit im Arktischen Rat. Zur Zeit gebe es keinen großen Probleme. Allerdings seien z.B. Umweltprobleme zu lösen, so mit Blick auf alte sowjetische Atom-U-Boote. Aber hier sei ja auch Deutschland beteiligt.

Ein klassisches Einwanderungsland sei Norwegen nicht, sagte Svedman, obwohl bei Vollbeschäftigung im Lande immer noch Fachkräfte fehlten. Dennoch gebe es Integrationsprobleme bei Flüchtlingen und Asylsuchenden und Diskussionen darüber im Land. Gut eine halbe Million Migranten, darunter ein Drittel Flüchtlinge, leben in Norwegen, insgesamt sind das ca. 11 % der Bevölkerung. Fast 10 % der Einwanderer kommen übrigens aus Polen, das damit die größte Gruppe stellt. Die Fortschrittspartei hat bei den Wahlen 2009 mit ihren Forderungen nach einer Begrenzung der Immigration und einer Ausweisung krimineller Ausländer Erfolge erzielt. Mit 22,9 Prozent der Stimmen wurde sie die zweitstärkste Kraft im Parlament. Das zeigt die Rolle der Einwanderungsdebatte in Norwegen. In Umfragen sprechen sich – ähnlich wie in Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden - mehr als Zweidrittel für eine Reduzierung der Einwanderung aus.

(Vgl. dazu Norbert Beckmann-Dierkes, Johann Fuhrmann: Einwanderungsland Norwegen – Demografische Trends und politische Konzepte, in: KAS-Auslandsinformationen 2/2011, 39 – 51: /documents/252038/253252/7_dokument_dok_pdf_21872_1.pdf/b085cea4-28fc-83fe-5a2b-4f053ea26190)

Mit einem Einblick in die führende Rolle Norwegens bei der Gleichstellung von Frauen und in der Familienpolitik endete die Diskussion mit dem Botschafter. Der Empfang nach der Veranstaltung gab Gelegenheit, untereinander und auch mit dem Botschafter im Gespräch zu bleiben.

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Stephan Georg Raabe

Stefan Georg Raabe

Leiter des Auslandsbüros Bosnien und Herzegowina in Sarajevo

Stephan.Raabe@kas.de +387 33 215 240
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