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„Was ist gut? Was geht besser? Ihre Tagesordnung, Ihre Themen“ – Unter diesen Fragen lud das Politische Bildungsforum Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung zu den ersten drei offenen Bürgerdialogen im Bundesland Brandenburg ein. Die Bürgerdialoge sind Teil einer Reihe, die auch Veranstaltungen in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern beinhaltet. Dabei steht die Politik im ländlichen Raum im Mittelpunkt.
Dass sich Bürgerinnen und Bürger dort womöglich nicht mehr von der Politik abgeholt fühlen, darauf deuten u.a. die Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2017 hin. Zusammen erhielten die Randparteien „AfD“ und „die Linke“ im Osten der Republik rund 40 Prozent der Wählerstimmen. Dies wirft die Frage auf, was die Menschen zu dieser Wahl veranlasste und welche Themen die dort lebende Bevölkerung bewegen. Um darauf Antworten zu erhalten und gemeinsam Lösungen für vorhandene Probleme zu suchen, organisiert das Politische Bildungsforum eine Veranstaltungsreihe von Bürgerdialogen. Darüber hinaus stehen im nächsten Frühjahr in den vier Bundesländern Kommunalwahlen an. In Brandenburg und Sachsen (am 1.9.2019) und Thüringen (am 27.10.) werden zudem neue Landtage gewählt. Vor diesem Hintergrund können die Bürgerforen auch eine Möglichkeit sein, aktuelle Themen und Stimmungen aufzunehmen.
Die Dialoge sollen vor allem Bürger unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung zusammen bringen und die Möglichkeit bieten, eigene Themen zu debattieren. Hierbei war eine Vielfalt unterschiedlicher Personen ausdrücklich erwünscht, denn die Bevölkerung sollte in ihren verschiedenen Facetten vertreten sein. So kam jede Veranstaltung zu eigenen Fragen und Problemen, welche die Menschen vor Ort beschäftigen. Ein landesspezifisches Thema war die von der rot-roten Landesregierung angestrebte Kreisgebietsreform, die im November letzten Jahres nach vielen Protesten abgesagt wurde. Jedoch gibt es auch Themen, welche sicher auch in anderen Bundesländern wichtig sind, wie zum Beispiel die Frage der Infrastruktur in ländlichen Gebieten.
Die Bürgerdialoge wurden in den Sommermonaten geplant und dann vielfältig beworben. Mit Hilfe erfahrener Moderatoren wird ein offener Raum für Tagesordnungen geschaffen, die die Teilnehmer selbst bestimmen und die sie dann als Gruppe bearbeiten. Um die Aspekte und lösungsorientieren Ansätze der Foren nicht ins Leere laufen zu lassen, werden diese dokumentiert. Auf diese Weise kann exemplarisch deutlich werden, welche Punkte für Bürger in den jeweiligen Regionen auf die Agenda gehören.
Wittenberge: Verkehrspolitik, Internetzugang und Bildung im Fokus
Zum Start der Veranstaltungsreihe in Wittenberge in der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs sprachen die Teilnehmer insbesondere Themen wie den Ausbau des Verkehrswesens, aber auch eines zeitgemäßen Internetzugangs an. Beide Fragen sind bereits im Fokus der Politik, aber schnell wurde deutlich, dass Bürger vor Ort diesbezüglich noch einen großen Handlungsbedarf sehen. So ist, laut der Teilnehmer des Bürgerdialoges, im ländlichen Raum kein Verlass auf einen Internetzugang. Der fehlende Datenempfang sei außerhalb der Städte ein nervenaufreibendes Problem. Dass Deutschland im weltweiten Breitband-Wettbewerb unter anderem hinter den baltischen Staaten, aber auch wirtschaftlich schwächeren Ländern wie Bulgarien und Rumänien liegt, sei für die Bevölkerung nicht nachvollziehbar. Allerdings wurden auch Kehrseiten angesprochen, wie die Errichtung von notwendigen Übertragungseinrichtungen, die Menschen wiederum auch nicht gerne in der Nähe ihrer Häuser sehen möchten.
Ein weiteres und teils kontroverses Thema in Wittenberge ist die Verkehrsanbindung. Es sprach sich ein Teil der Dialogteilnehmer für den Ausbau der Bundesstraße B189/B5 aus, ein anderer Teil hingegen für den Ausbau der Autobahn A 14. Einig ist man sich jedoch darüber, dass vor allem vorhandene Straßenverbindungen saniert werden sollten. Auch dabei wurden wieder Streitpunkte diskutiert. So möchte man einerseits schnell angebunden sein über Verkehrswege, aber nur ungern mit dem Lärm einer Straße konfrontiert werden in der Nähe der eigenen Wohnung. Deshalb sollten Lärmschutzwände bedacht und auch tatsächlich gebaut werden. Ebenso kamen Umweltaspekte und der Artenschutz in der Prignitz zur Sprache, die bei der Planung berücksichtigt werden sollten. Des weiteren wurden alternative Verkehrsmöglichkeiten diskutiert, welche eine gute Anbindung auch ohne Auto ermöglichen könnten. Das Netz des öffentlichen Nahverkehrs sei diesbezüglich verbesserungswürdig. Auch hier kam wiederum der mangelnde Internet und Telefonempfang in öffentlichen Verkehrsmitteln zur Sprache. Zudem wurden bildungspolitische Themen aufgeworfen: Es fehlten in der Region vor allem Lehrkräfte in den naturwissenschaftlichen Fächern und ein hinreichendes Angebot an Deutschunterricht für Migranten. Außerdem würde mehr Personal an Schulen benötigt, das die Lehrerschaft mit Blick auf die notwendige Sozialarbeit ergänzt.
Luckenwalde: Verkehrsanbindung und Wegzug als Probleme
Auch in Luckenwalde im Teltower Land 50 Kilometer südlich von Berlin standen in kleinem Kreis mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Danny Eichelbaum vor allem Fragen rund um die Infrastruktur und Verkehrspolitik im Zentrum. So wurden nach Kürzungen des Angebots im öffentlichen Verkehr andere Lösungen gesucht und neue Busverbindungen eingerichtet, welche Menschen weiterhin an zentrale Haltestellen bringen. Jedoch gibt es hier weiter Probleme, wie etwa die Anbindung an die Flughäfen in Berlin, wenn kein Auto zur Verfügung steht. Doch auch für Autofahrer ist die aktuelle Situation schwierig, weil sich der Bau einiger Landstraßen in die Länge ziehe und zahlreiche Baustellen die Fahrt behinderten. Ein eigenes Problem ist die Erreichbarkeit von weiterführenden Schulen. Hier werde für Schüler die Auswahl oft eingeschränkt, weil öffentliche Verkehrsverbindungen nicht vorhanden seien. Zudem wurde der Eindruck geäußert, dass Ausbildungsberufe von vielen Schülern als unattraktiv angesehen würden und junge Menschen die Region lieber zum Studium oder nach der Ausbildung verließen. Aus diesem Grund lohnten sich häufig die Ausbildungskosten für mittelständische Unternehmen nicht, weil diese ihre Auszubildenden nur schwer in der Region halten könnten. Aber auch nationale Themen, wie anstehende Wahlen in den verschiedenen Bundesländern und die angespannte Situation der Schwesterparteien CDU und CSU kamen in Luckenwalde zur Sprache.
Prenzlau: Desinteresse und Verachtung gegenüber der Politik
Für den dritten Bürgerdialog ging es nach Prenzlau in die Uckermark im Nordosten von Brandenburg, wo zunächst - unter Beteiligung des parteilosen Bürgermeisters Henrik Sommer - das allgemeine Desinteresse der Bevölkerung an der Politik diskutiert wurde. Die Besucherzahlen auf politischen Veranstaltungen in der Gegend wären meist niedrig. Es sei schwierig mit Wählern der Randparteien überhaupt ins Gespräch zu kommen, da diese sich häufig gar nicht zu ihrer Wahl bekennen würden. Durch die fehlende Debatte gebe es auch nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf deren Anliegen einzugehen. Dass Menschen wenig über ihre politische Orientierung sprächen, läge womöglich auch daran, dass vom Durchschnitt abweichende Meinungen zu schnell dämonisiert und abgekanzelt würden. Aber auch der Eindruck, dass eine konstruktive Zusammenarbeit in der Bundespolitik zu wünschen übrig ließe, demotiviere Bürger, führe zu politischer Frustration oder sogar Verachtung der Politik.
Trotzdem nutzten die Anwesenden den Bürgerdialog, um gemeinsam konkrete Fragen anzugehen. So richtete sich der Austausch auf die Entwicklung im ländlichen Raum. Auch in Prenzlau wurden, wie in Wittenberge und Luckenwalde, Infrastruktur-Probleme angesprochen. Dazu gehörte auch dort der Breitbandausbau, aber gerade auch die ärztliche Versorgung, welche weiterhin sichergestellt bleiben müsse. Ebenso interessierten umweltpolitische Themen, wie negative Aspekte des Klimawandels, das Insektensterben und ein dadurch folgendes Schrumpfen der Artenvielfalt sowie Grundwassergefährdungen als Folge von Methoden industrieller Landwirtschaft. Es solle eine strategische Umwelt- und Energiepolitik angegangen werden. Erneuerbare Energien sollten lokal beworben und genutzt werden.
Auch die Kultur stellte für die Dialogteilnehmer einen bedeutenden Aspekt für die Entwicklung des ländlichen Raums dar. Es sei eine Pflichtaufgabe des Landes, diese zu fördern. Der Status quo wurde diesbezüglich aber durchaus positiv wahrgenommen. So schätze die Bevölkerung Vorzüge des ländlichen Lebens, wie traditionelle Feste. Es müsse aber auch etwas getan werden, dass diese attraktiven Seiten bestehen blieben und möglicherweise auch noch vielfältiger würden. Dazu gehöre natürlich auch die Sicherstellung der Bildungsangebote als Kulturaspekt. Außerdem standen einige neue Ideen im Raum, so beispielsweise als touristisches Projekt ein Campingplatz in der Umgebung.
Mäßige Teilnehmerresonanz in Brandenburg
Bei all der Mühe, die in die Vorbereitung dieses Angebotes offener Bürgerdialoge investiert wurde, war die Teilnehmer-Resonanz letztendlich bisher sehr mäßig. Jeweils eine Gruppe von rund zehn Personen beteiligte sich an dem Austausch in Wittenberge und Prenzlau. In Luckenwalde kam nicht mal eine Handvoll Leute zusammen. Woran liegt das?
Dass in den ländlichen Gebieten Brandenburgs durchschnittlich nur relativ wenige Menschen der Einladung zu Veranstaltungen der politischen Bildung folgen, ist ein Erfahrungswert und auch der überschaubaren Einwohnerzahl von Kleinstädten auf dem Lande geschuldet. In Kleinstädten liegt der Teilnehmerkreis in der Regel bei ca. 20 bis 40 Gästen. Jetzt kamen aber noch weniger. Gibt es also kein Interesse an einem politischen Austausch miteinander? Ist das Format eines offenen Dialogs ohne thematische Vorgabe und Fachreferent zu anspruchsvoll? Erreichte die Werbung mögliche Interessenten nicht? Oder schreckte der Anbieter - eine christdemokratische Stiftung - Bürger ab? Am Ende der Bürgerdialogreihe durch vier Bundesländer werden wir uns diesen Fragen stellen, zunächst aber weiter einladen zum politischen Gespräch.