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Reportajes internacionales

Finnland setzt auf populäre Außenpolitiker in Krisenzeiten

Alexander Stubb nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen auf Platz eins

Finnland genießt spätestens seit dem NATO-Beitritt des Landes im April 2023 und aufgrund seiner umfassenden Strategie von wehrhafter Demokratie („Totalverteidigung“) besondere Aufmerksamkeit im sicherheitspolitischen Kontext. Hybride Attacken von russischer Seite haben seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch zugenommen. Zuletzt hatte Finnland alle seine Grenzposten im Osten wegen aus Russland gesteuerter Migration schließen müssen. Der finnische Staatspräsident, der alle sechs Jahre direkt gewählt wird, ist Oberbefehlshaber der Armee, sein Aufgabenbereich liegt in der Ausfertigung von Gesetzen, Ernennung von Ministern sowie insbesondere auch in der Außen- und Sicherheitspolitik. Noch-Amtsinhaber Sauli Niinistö hatte den Weg von der Antragsstellung seines Landes bis zur NATO-Mitgliedschaft besonnen und zielstrebig mit einem überragenden Votum der finnischen Bevölkerung verhandelt und dadurch auch international viel Anerkennung erfahren. Alexander Stubb, ebenso wie Niinistö von der konservativen Sammlungspartei, wird nun wahrscheinlich seine Nachfolge antreten. Er kam am Wahlabend auf 27,2% der Stimmen, allerdings dicht gefolgt von Pekka Haavisto, ehemals grüner Außenminister im Kabinett Marin, mit 25,8%.

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Das Bewerberfeld

Am letzten Sonntag wurde gewählt, keiner der insgesamt neun Bewerber erhielt dabei die absolute Mehrheit. Der derzeitige Staatspräsident Sauli Niinistö, seit 2012 im Amt, konnte mit dem Ende seiner zweiten Amtszeit nicht erneut antreten. In die Stichwahl am 11. Februar 2024 gehen nun Alexander Stubb, 55, sowie Pekka Haavisto, 65. Drittplatziert mit 19,0% und damit nicht in der Stichwahl wurde Jussi Halla-aho, 52, ehemals Vorsitzender der rechtsnationalen Partei „Die Finnen“, aktuell Parlamentspräsident. Er hatte in den letzten Wochen bemerkenswert aufgeholt. Zum einen konnte er offensichtlich seine Wähler mit einer guten Wahlkampagne mobilisieren, zum anderen setzte er wohl auch den richtigen, äußerst scharfen Ton gegenüber Russland. Die „Finnen“ sind – anders als die AfD in Deutschland – sehr kritisch gegenüber Russland, das sie als Bedrohung der eigenen Sicherheit wahrnehmen. Halla-Aho hat noch dazu seinerzeit in der Ukraine studiert und beherrscht sowohl Ukrainisch als auch Russisch. In Kiew hatte er kürzlich vor dem ukrainischen Parlament eine Rede in ukrainischer Sprache gehalten, für die er viel Applaus erhielt.

Alexander Stubb ist wie auch Haavisto, der bereits das dritte Mal für das Präsidentenamt kandidiert, seit vielen Jahren in der Politik. 2014/15 war er kurzzeitig finnischer Ministerpräsident und im Anschluss Finanzminister, zuvor bereits Abgeordneter des Europäischen Parlaments, Außenminister, Minister für Europäische Angelegenheiten und Außenhandel gewesen. In den letzten Jahren hatte er sich aus der Politik zurückgezogen, war bei der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg sowie dem European University Institute in Florenz gewesen. Die Tatsache, dass er lange Zeit im Ausland war, wurde ihm im Wahlkampf mitunter negativ ausgelegt und könnte in der Stichwahl noch eine Rolle spielen. Die Popularität in seiner Partei ist dennoch ungebrochen und hatte im Laufe des Wahlkampfes weiter zugenommen, obwohl er relativ spät nominiert worden war. Seine Wahlkampagne profitierte von Spenden großer Wirtschaftsunternehmen, sein Budget war zuletzt doppelt so hoch wie das von Haavisto oder das der sozialdemokratischen Bewerberin Urpilainen, derzeit EU-Kommissarin für internationale Partnerschaften. Sie kam auf lediglich 4,3%, obwohl ihre Partei in Finnland nach letzten Umfragen bei 20% liegt.

Olli Rehn, ehemaliger EU-Kommissar und jetzt Vorstandsdirektor der finnischen Zentralbank erreichte 15,3% mit Unterstützung der Zentrumspartei. Diese hatte bei den nationalen Wahlen im Frühjahr letzten Jahres noch 11% erzielt.

 

Die Themen

Im Wahlkampf ging es – nicht zuletzt aufgrund der klaren inhaltlichen Ausrichtung des Präsidentenamtes – in erster Linie um Außen- und Sicherheitspolitik, vornehmlich um Russland und die Ukraine. Die Positionen der Kandidaten unterschieden sich im Verhältnis zu Russland nur in Nuancen, Russland wird gemeinhin als Bedrohung für die Sicherheit Finnlands gesehen. Die Frage der Stationierung von Nuklearwaffen auf finnischem Gebiet war ein Thema (Stubb ist ein Befürworter) ebenso wie die Frage der Stationierung von Soldaten anderer NATO-Länder in Finnland (ein klares Nein von Haavisto). Friedensverhandlungen mit Russland zum jetzigen Zeitpunkt oder eine Abtretung von ukrainischen Gebieten an Russland erteilten diejenigen Kandidaten, welche sich dazu äußerten, eine klare Absage. Die Wehrpflicht besteht in Finnland derzeit für Männer ab 18 Jahren, es wurde auch die Frage diskutiert, ob man sie grundsätzlich für Frauen öffnen sollte. Finnland hatte die Wehrpflicht weder im Kalten Krieg noch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion abgeschafft, bei einer Bevölkerung von 5,5 Millionen Einwohnern verfügen die Streitkräfte heute über 900000 Reservisten. Mehr als 80% eines Jahrgangs absolvieren den Militärdienst. Das 2% NATO-Ziel hatte Finnland bereits Ende 2021 erreicht, zeitgleich mit der Anschaffung von 64 F-35 Kampfflugzeugen.

 

Fazit

Beide Kandidaten stehen für ein klares Bekenntnis zur NATO und eine starke Landesverteidigung. Eine Kursänderung Finnlands in der europäischen und transatlantischen Sicherheitspolitik ist daher nicht zu erwarten. Stubb hatte einen sehr engagierten Wahlkampf geführt, in dem er auch am Beispiel seines Sohnes, der derzeit in den Streitkräften dient, Wehrpflicht und wehrhafte Demokratie in den Vordergrund stellte. Haavisto konnte trotz eines eher durchschnittlichen Wahlkampfes seinen Abstand zu Stubb am Wahlabend deutlich verringern.

Umfragen von letzter Woche zeigten, dass bei einer Stichwahl zwischen Stubb und Haavisto der erstere auf 59%, der zweite auf 41% kommen würde. Es ist zu erwarten, dass sich die Mehrheit der Stimmen von Halla-Aho und Olli Rehn auf Stubb verteilen werden. Jedoch wollte am Wahlabend keiner der Kandidaten dazu eine Empfehlung abgeben.

Die Amtseinführung des neu gewählten Präsidenten wird am 1. März 2024 stattfinden.

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Gabriele Baumann

Gabriele Baumann

Leiterin des Projekts Nordische Länder

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