Bevor die Diskussion losgeht, schreiben die Gäste ihre Antworten auf kleine Karten und bestimmen so, worüber gesprochen wird. In seiner Begrüßung freut sich der Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung für NRW, Dr. Ludger Gruber, über das große Interesse: „Wir merken, Sie wollen über Europa reden.“ Ein erster Impuls kommt aus dem Zentrum der europäischen Politik: Dr. Markus Pieper MdEP spricht über Themen, bei denen die EU zusammenarbeiten muss – von der Finanz- bis zur Umweltpolitik. Es sei natürlich nicht immer alles richtig gemacht worden, aber „es ist besser, Europa zu verbessern, als es zu zerstören“.
Begeisterung weitertragen
Einen Einblick in die Einbindung europäischer Themenbereiche in die Bildung liefert Stefanie Ebbesmeier, Stv. Schulleiterin des Ems-Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung Rheda-Wiedenbrück. Europäischer Austausch sei in den Schulen sehr wichtig, denn dadurch erlangten die Schüler viele Kompetenzen: „Ich wünsche mir, dass die europäische Begeisterung gelebt wird und dass Schüler mit ihren Erfahrungen andere anstecken können.“
Europa als Antwort auf die Globalisierung
Lammert zieht zu Beginn seines Vortrages ein Fazit zur Lage Europas: „Historisch gesehen war Europa nie in einer besseren Verfassung als heute. Aber noch nie ist die europäische Gemeinschaft in so einer miserablen Lage gewesen.“ Dass es in allen Staaten Europas demokratisch gewählte Regierungen gebe, sei eine historische Ausnahme. Die Friedenssicherung als Grundlage der EU werde aber inzwischen als selbstverständlich wahrgenommen: „Wir müssen herausfinden, was über den historischen Einigungsprozess hinaus die europäische Einigung legitimiert und erforderlich macht.“
Die Globalisierung habe in den letzten Jahrzehnten die Welt so rasant verändert, dass Nationalstaaten allein im globalen Wettbewerb nur noch eingeschränkt handlungsfähig sind. Die Antwort auf die Frage, wie Staaten mit diesem Souveränitätsverlust umgehen sollten, heißt: Europa. „Es gibt keinen moderneren Gedanken als den, gemeinsam Souveränität zu teilen, um Einfluss zu haben.“
Vereinigte Staaten von Europa?
Im Vorfeld der Diskussion hat sich durch die beschrifteten Karten des Publikums das Thema der Funktionsweise der EU herauskristallisiert. Bei der Frage nach den Vereinigten Staaten von Europa, die laut einer jungen Frau im Publikum „eine Vision von jedem überzeugten Europäer sein sollten“, plädiert Pieper dafür, erstmal für den zentralen Bestand der EU zu kämpfen und dann weiterzusehen. Lammert ergänzt: Eine Zielvorstellung müsse jede Generation aufrechterhalten, denn „ohne die Träumer hätten die Realisten in der EU nicht angefangen und ohne die Realisten wäre nichts entstanden“. Ebbesmeier erklärt, es sei auch Aufgabe der Schulen, die europäischen Themen zu finden, die Jugendliche berühren – sei es der Uploadfilter oder der Umweltschutz.
„Mehrheitsentscheidung ist keine Wahrheitsdebatte“
Neben dem Image der EU und dem Populismus geht es den Bürgerinnen und Bürgern auch um die Entscheidungsfindung: Viele der Gäste wünschen sich in größerem Maße Mehrheitsentscheidungen. Diese Entscheidungen gelten dann, sagt Lammert, doch das hieße nicht zwangsläufig, dass sie immer richtig seien. Ein besseres System gäbe es aber nicht: „Das ist das Prinzip der Demokratie.“ Als abschließender Gedanke zum Thema Europa bleibt vielen Gästen wohl ein Satz aus Lammerts Rede im Gedächtnis: „Wenn die Einigung nach all den Erfahrungen, die wir mit Europa haben, nicht funktionieren würde, hätten wir Anspruch auf den Titel der dämlichsten Generation, die je auf diesem Kontinent gelebt hat.“