Seit über einem Jahr gelten nun immer wieder die coronabedingten Kontaktbeschränkungen. In der Konsequenz haben insbesondere soziale Kontakte und Vereinssport gelitten. Hier scheinen Computerspiele und das gemeine „Zocken“ eine alternative für sozialen Zeitvertreib und sportliches Miteinander zu bieten. Doch können Computerspielen als Ersatz für reale soziale Kontakte dienen und eine Brückenfunktion in Pandemiezeiten ausfüllen? Das Sonderprojekt Gemeinsam.Demokratie.Gestalten der Konrad-Adenauer-Stiftung ist dieser Fragen in einem eigenen Feldversuch am Samstag den 24.04.21 nachgegangen. In einem online E-Sport Fifa21 Turnier, welches in Kooperation mit dem 07 Gera eSport Verein organisiert wurde, konnten Teilnehmer gemeinsames soziales Miteinander praktizieren. Gleichzeitig wurde das Turnier durch zwei Podiumsdiskussionen rund um die Themen E-Sport und Computerspielen mit Gästen aus Politik, Gesellschaft, E-Sport und Jugendschutz begleitet.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Referent Tim Jonas Beyer und Frank Nehering den Geschäftsführer des Vereins Zero Seven Gera. Dieser stellte die vielseitige Arbeit des E-Sportvereins vor und berichtete von einem stark ansteigenden Interesse. Im Anschluss folgte ein Expertengespräche mit dem Titel „E-Sport als Sportart. Chancen und Hindernisse?“. Als Gesprächspartner waren neben dem Moderator Beyer, der Parlamentarische Staatssekretä des Bundesinnenministerium Volkmar Vogel, sowie der Geraer Kommunalpolitiker Jochen Trautmann und der Geschäftsführer des Vereins GAME e.V. Felix Falk zugeschalten. Zu Beginn machte Beyer darauf aufmerksam, dass der Koalitionsvertrag eigentlich vorgesehen habe, E-Sport als eigene Sportart anzuerkennen und so den Vereinen auch volles Vereinsrecht einzuräumen, dies aber nie umgesetzt wurde. Vogel erwiderte, dass sich E-Sportvereine bereits heute als Vereine anmelden könnten und die Erwähnung im Koalitionsvertrag eine Debatte und Aufmerksamkeit für das Thema E-Sport geschaffen habe. Außerdem sei, so Vogel, es nicht die Aufgabe der Politik, sondern der Sportverbände zu entscheiden, ob E-Sport nun ein vollwertiger Sport sei oder nicht. Falk machte deutlich, dass sich die E-Sport-Community über die Würdigung des E-Sport im Koalitionsvertrag gefreut habe und tatsächlich bereits einige Erleichterungen für den E-Sport umgesetzt wurden. So sei die Visavergabe für E-Sportler erleichtert worden, was notwendig sei, um auch in Deutschland internationale Turniere zu organisieren. Ob nun E-Sport als offizieller Sport anerkannt werde oder nicht, fand Falk nicht entscheid und würde nur unnötig polarisieren. Hingegen sei schmerzhaft, dass E-Sport-Vereinen nicht die Gemeinnützigkeit anerkannt werde. Diese könne aktuell nur über die Angabe von anderen Tätigkeiten wie z.B. Jugendarbeit erworben werden und dieser Umweg bedeute für viele E-Sport-Vereine eine gefährliche Rechtsunsicherheit. Die Gemeinnützigkeit sei aber dringend notwendig, damit E-Sportvereine beispielsweise kommunale Einrichtungen benützen dürften. Trautmann hingegen sah in der Anerkennung von E-Sport als Sport die Voraussetzung, um E-Sport-Vereinen die Gemeinnützigkeit zu ermöglichen. Er betonte, dass jede Generation ihre eigene Sportart habe und das E-Sport eine körperlich und geistlich fordernde Tätigkeit sei. Deswegen forderte er die Anerkennung von E-Sport als vollwertige Sportart. Nach dieser ersten Diskussionsrunde wurde das Fifa-Turnier eröffnet. Gespielt wurde im Turniermodus und teilgenommen haben insgesamt fünf Teams.
Nach der ersten Spielrunde folgte eine weiter Diskussionsrunde, welche die soziale Brückenfunktion von E-Sport in der Zeit von pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen zum Thema hatte. Dazu diskutieren der Geschäftsführer von Zero Seven Gera Frank Nehring, der Geraer Kommunalpolitiker Andreas Kinder und der Jugendschutzreferent Ingo Weidenkaff Zu Beginn der Debatte stellteNehring die Arbeit des Vereins Zero Seven Gera noch einmal vor. Deutlich wurde dabei, dass die Vereinsarbeit weit über zocken hinaus reicht. So bietet der Verein neben Gamingtraining auch Ernährungskurse für Sportler, Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe in Coronazeiten sowie Schulungen im Bereich Programmierung an. Ebenfalls organisiere der Verein Turniere, in welchen abwechselnd Fußball an der Konsole und analog gespielt werde. Der Jugendreferent Weidenkaff berichtete, dass in der Coronasituation viele Familien unter Druck ständen und dass Computerspiele auch immer wieder zu Konflikten in Familien führen würde. Auch seien viele Eltern verunsichert angesichts des hohen Computerspielekonsums ihrer Kinder. Weidenkaff mache dann Eltern darauf aufmerksam, dass Computerspiele auch immer eine Form des sozialen Austausches und der Kommunikation seien. Deshalb werbe er bei Eltern dafür, Computerspiele nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance zu sehen. Computerspiele seien nämlich eine Form der Medienaneignung. Kinder betonte hingegen die integrative Kraft von E-Sport, die über Sprachgrenzen und auch über körperliche Einschränkungen hinweg verbindend wirken würde. In seinem Abschlussstatement wünschte sich Nehring, dass auch in der Zukunft eine offene Diskussionskultur zum Thema E-Sport herrsche. Kinder wünschte sich hingegen, dass es gelinge, die Vereinskultur in Zukunft wieder zu verjüngen und E-Sport biete dafür eine Chance. Im Anschluss wurde das FIFA-Turnier fortgesetzt und beendet mit der Siegerehrung.
Thèmes
Mis à disposition par
Politisches Bildungsforum Thüringen
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