Comptes-rendus d'événement
In drei aufeinanderfolgenden Panel-Diskussionen wurden die drei Länder behandelt.
Indiens widerstandsfähige Demokratie
Indien werde häufig in der öffentlichen Diskussion in Europa vernachlässigt, weil primär nach China geblickt werde. „Doch die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt belegt, dass auch ein großes Land demokratisch sein kann“, sagte Benedict Pöttering. Auch Deutschland müsse ein großes Interesse an einer engen Beziehung zu Indien haben, so der Vizepräsident der Youth of the European People’s Party und stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union. Hinsichtlich der anstehenden Wahlen sei sein Eindruck nach Gesprächen vor Ort, „dass die Jungen teilhaben wollen und von der Politik erwarten, dass sie ihnen sagt, wohin die Reise gehen soll“. „Die neue Regierung wird ein Mandat bekommen, um das Leben der Menschen, vor allem der aufstrebenden jungen Generation, zu verbessern", attestiert Prof. Salma Bava. "Am Ende brauchen wir einen neuen Gesellschaftsvertrag mit der Jugend“, so die Direktorin des Europe Area Studies Programme der Jawaharlal Nehru Universität in Neu Delhi.
Es herrsche in Indien große Unzufriedenheit, weil sich seit den Wahlen 2004 bei den großen Fragen und Problemen kaum etwas getan habe, ergänzte Prof. Niraja Gopal Jayal. Neu bei diesen Wahlen ist, „dass die Mittelklasse erstmals sehr aktiv ist und sich vehement bei der Korruptionsbekämpfung engagiert“, so die Wissenschaftlerin der Jawaharlal Universität. „Diese Wahl wird jedoch keine Abstimmung über politische Ideen, denn die beiden großen Hauptparteien Indian National Congress (INC) und Bharatiya Janata Party (BJP) unterscheiden sich inhaltlich kaum voneinander“, erklärte Ravindra Kumar. Er könne zwar nicht sagen, was die Hoffnungen und Wünsche vor allem der jungen Wähler seien, so der Herausgeber der Tageszeitung ‚The Statesman‘, aber eines sei klar: „Sie sind absolut unzufrieden mit dem Status quo.“ Insgesamt, so der Tenor der indischen Experten, wird mit einem Wahlsieg der BJP unter deren Spitzenkandidaten Ravindra Modhi gerechnet. In Indien und weltweit wird Modhis politische Karriere kontrovers diskutiert. "Kein politischer Wandel", so der Journalist Kumar, würde mit einem Wahlsieg Modhis eintreten, sondern gar ein "Regimewandel", der nur noch durch kleinere Koalitionspartner, auf die die BJP ggf. zur Bildung einer Regierungsmehrheit angewiesen sein wird, aufgehalten werden könne.
Demokratie und politische Transition in Pakistan
Die Wahlen in Pakistan im letzten Jahr hätten gezeigt, dass sich das Land in eine demokratische Richtung entwickele, sagte Prof. Shaun Gregory. Jedoch unterscheide sich Pakistan in einigen grundsätzlichen Punkten von der Lage Indiens. Dies betreffe die mächtige Stellung und die Interessen des Militärs, die Rolle der USA, die erheblichen Einfluss auf die Politik ausübten und das schwierige Verhältnis von Islam und Politik, so der Wissenschaftler der School of Governance and International Affairs der Durham University. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Entwicklung in Pakistan nicht linear verlaufen wird und wir müssen uns verabschieden von der westlichen Definition von Demokratie.“ Insgesamt durchlaufe sein Land eine wichtige Entwicklung und es sei ein großer Fortschritt, dass sich alle politischen Parteien darauf einigten, politisch durch das Argument und nicht durch Gewalt zu wirken, sagte Dr. Zafar Nawaz Jaspal. „Das ist einer der wichtigsten Fortschritte, denn Parteien, die keine politische Kultur leben, können auch keine im Land verankern“, so der Wissenschaftler der Quaid-I-Azam Universität in Islamabad.
Pakistan rücke wieder zunehmend auf die deutsche und die europäische Agenda, berichtete Andreas von Brandt. Das Land habe in Brüssel um eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit ersucht, die von beiderseitigem Interesse wäre. „Doch wir blicken angesichts der Gewalt und des Entzugs von Freiheitsrechten im Namen der dortigen Anti-Terror-Gesetzgebung auch besorgt auf Pakistan“, so der Diplomat des Auswärtigen Amtes. Auch Eva Gil von Democracy Reporting International zeigte sich von der politischen Lage beunruhigt. „Das aktuelle Parlament hat bislang lediglich fünf Gesetze auf den Weg gebracht und die Opposition boykottiert aus Protest gegen die Regierung seit Juni das Parlament.“ Eine versprochene Kommission zum Schutze der Menschenrechte sei bislang ebenfalls noch nicht eingerichtet worden.
Cyril Almeida glaubt, dass nur das Militär in der Lage wäre, die derzeitige Entwicklung zu stoppen. „Jedoch hat es der ehemalige Präsident Pervez Musharraf geschafft, das gesamte Land gegen sich und die Militärs zu vereinen und die meisten Menschen sind heute der Meinung, dass die Generäle wohl nicht die geeigneten Lösungen haben“, so der Journalist der Zeitung ‚The Dawn‘. Man dürfe am Ende nicht unterschätzen, welche positiven Auswirkungen die elektronischen Medien auf die Entwicklung des Landes haben, die, anders als Fernsehen, Zeitungen oder Radio, erheblich schwerer von der Politik kontrolliert werden könnten.
Afghanistan nach den Präsidentschaftswahlen
Die dritte Podiumsdiskussion stellte den Themenkomplex Afghanistan und die Entwicklung in Folge der laufenden Präsidentschaftswahlen in den Fokus. Neben den Vertretern aus Afghanistan Prof. Baryalai Hakimi und dem Journalisten Barrry Salaam, diskutierten der Analytiker Thomas Rutting (Afghanistan Analysts Network) wie auch der Politikwissenschaftler Phillipp Münch (Stiftung Wissenschaft und Politik). Die Wahl sei definitiv ein Fortschritt für Afghanistan. Fast 60 Prozent der Bevölkerung, so aktuelle Zahlen, haben gewählt und dies sei ein Zeichen, dass ein Nein zu terroristischen Organisationen wie den Taliban beinhalte, betonte Salaam gleich zu Beginn. Der Journalist warnte auch vor voreiligen Schlüssen bezüglich der Zustände in Afghanistan. Ausschlaggebend für diese Wahl sei das Engagement der Kandidaten, denn „die Menschen wählen für Menschen, die Veränderungen bringen“, unterstrich Hakimi. Jedoch stünde der Umsetzung die militärische Macht und die Abhängigkeit vom Import entgegen.
„Eine festgefahrene Situation“ sah hingegen der Analyst Ruttig, denn die westliche Welt habe es versäumt, Afghanistan auf den Weg zur Demokratie zu führen. Zentral war für ihn die Frage nach dem Danach: „Was passiert wenn die Demokratie versagt?“. Operative Schwächen des Landes - diese seien nach Münch das Hauptproblem. Der Interessenkonflikt zwischen der jungen und der traditionsbewussten afghanischen Bevölkerung stünde der Entwicklung zu einer Demokratie im Wege. Im Laufe der Diskussion wurden so die Schwierigkeiten in der Herausbildung einer Demokratie, bedingt durch den fehlenden Wandlungsprozess aber auch die Rolle der Jugend, der Thomas Ruttig mangelndes Engagement attestierte, deutlich.