Comptes-rendus d'événement
Am 1. Oktober veranstaltete das Bildungswerk Erfurt ein Forum anlässlich des neuen Thüringer Gleichstellungsgesetzes. Mit Dr. Klaus von der Weiden, Richter am Bundesverwaltungsgericht Leipzig; Johanna Arenhövel, Gleichstellungs-beauftragte des Freistaates Thüringen / Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit; Andrea Wagner, Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte der Stadtverwaltung Weimar und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Thüringer Kommunalen Gleichstellungsbeauftragten; Ministerin Marion Walsmann MdL Europaministerin und Chefin der Thüringer Staatskanzlei und Henry Worm MdL Gleichstellungspolitischer Sprecher der CDU -Fraktion im Thüringer Landtag trafen sich kompetente Frauen und Männer zur Diskussion. Dabei wurden einerseits rechtliche Grundlagen als auch Historie der Gleichstellung dargelegt und andererseits aktuelle Probleme der Praxis wie Kinderbetreuung, Arbeitsklima und praktische Umsetzung des Gesetzes erörtert.
Dr. Klaus von der Weiden verdeutlichte in seinem Impulsvortrag den Sinn und Zweck aller Gleichstellungsgesetze auf Bundes- und Landesebene, nämlich die Herstellung der tatsächlichen Gleichheit zwischen den Geschlechtern im Berufsleben. Er ging dabei auf die Rechtlage im Thüringer Verfassungsrecht, dem Grundgesetz und dem EU-Recht ein und erläuterte die Intension des Gesetzgebers. In diesem Zusammenhang unterstrich er, dass die Thüringer Verfassung einen ausdrücklichen Verfassungsauftrag zur Herstellung der tatsächlichen Gleichheit und zugleich ein Staatsziel im Sinne des Art. 43 ThürVerf formuliert. Dort heißt es: „Der Freistaat hat die Pflicht, nach seinen Kräften und im Rahmen seiner Zuständigkeiten die Verwirklichung der in dieser Verfassung niedergelegten Staatsziele anzustreben und sein Handeln danach auszurichten.“
„Solange die tatsächliche Gleichheit der Geschlechter noch nicht hergestellt ist, so von der Weiden, ergibt sich daraus u.a. die Verpflichtung des Landes – das heißt des Gesetzgebers - zum Erlass eines Gleichstellungsgesetzes, das auf die Herstellung der Geschlechtergleichheit hinwirkt. Und es ergibt sich daraus die Verpflichtung, vorhandene Regelungen auf ihre Wirksamkeit, auf ihre Effektivität zu überprüfen.“ Thüringen sei mit diesem neuen Gesetz hier auf einem guten und richtigen Weg. (Den gesamten Vortrag können Sie hier nachlesen.)
Johanna Arenhövel skizzierte den Weg zur Novellierung aus ihrer Praxis und betonte „Solange 80 % der Führungspositionen in der Hand von Männern sind und es sich bei den Teilzeitbeschäftigten, die meistens für die Familie zurückstecken, um 80 % Frauen handelt, haben wir eine tatsächliche Gleichstellung noch nicht erreicht.“ Sie sei jetzt stolz, dass es mit dem neuen Gesetz gelungen ist mehr und größere Verbindlichkeiten zum Umsetzung der Gleichstellung zu regeln.
In der Diskussion, die von Uta Thofern kurzweilig moderiert wurde, standen weniger die neuen rechtlichen Regelungen als vielmehr die gesellschaftspolitische Relevanz und Umsetzung des Gesetzes und der Gleichstellung von Frauen und Männern im Mittelpunkt.
Henry Worm MdL begrüßte die Novellierung der Landesregierung als „praxistauglichen Vorschlag, der die Gleichstellung voranbringen wird“. „Die Phase, in der oft nach dem Motto verfahren wurde, immer davon reden, aber nach Möglichkeit nicht umsetzen, dürfte damit zu Ende gehen“, so Worm. Er machte aber aus seiner Perspektive ebenso deutlich, dass es ein guter und richtiger Schritt sei, dass alle Mitarbeiter nun auch den Gleichstellungsbeauftragten wählen können; bemängelte aber gleichfalls, dass nur Frauen wählbar sind. Dieses Amt müsse für beide Geschlechter offen sein, so Worm und sah in diesem Punkt Nachbesserungsbedarf.
Ministerin Marion Walsmann plädierte darüber hinaus „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf neu zu denken“. Im neuen Thüringer Gleichstellungsgesetz, so Walsmann, gibt fortan keine Einschränkung mehr bei familiengerechten Arbeitszeiten, bei Teilzeitbeschäftigung, Tele- oder Heimarbeit oder familienbedingtem Sonderurlaub. „Die Thüringer Staatskanzlei will mit gutem Beispiel vorangehen. Damit verbunden ist aber auch, dass jemand, der Teilzeit oder daheim arbeitet nicht minder geschätzt wird. Studien belegen, dass Heimarbeiter und Teilzeitarbeiter sich mindestens und oft sogar weit über das erforderliche Maß hinaus engagieren. Hier möchte ich eine Lanze brechen: Weg mit Vorurteilen! Jene Landesbehörden, die Heimarbeit anbieten, haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht.“
Andrea Wagner unterstich in der Diskussion insbesondere die gesellschaftspolitische Relevanz. Die gesellschaftliche Realität sieht in ihrer Erfahrung häufig anders aus. Ziel ist es, sich auf gleicher Augenhöhe zu begegnen und von den tradierten Rollenbildern wegzukommen. Zugespitzt formulierte sie „Ich verstehe nicht wovor die Bedenkenträger der Quote sich fürchten - vor Gerechtigkeit? Stellen sie sich die ganze Debatte mal umgekehrt vor. Seit 20 Jahren kämpfen Männer um Beteiligung und wenigstens 30%. Die Frauen finden gute Gründe diese Forderungen als Quatsch und unnötig abzutun. Na - wie fühlt sich das an? Das fände ja sogar ich gruselig.“
Trotz der Novellierung und verbindlicheren Regelungen im neuen Gesetz waren sich aber alle TeilnehmerInnen einig, dass zur Umsetzung von Gleichstellung sich das gesellschaftliche Klima wandeln muss, was ein Gesetz nicht beeinflussen kann.