Comptes-rendus d'événement
Im Hotel „Der Lindenhof“ in Gotha fand am Donnerstag, den 27.06.2019 eine Veranstaltung zum Thema „Gleichstellung durch gendergerechte Sprache – Lösung oder Irrweg?“ statt. Das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung in Thüringen begrüßte zu diesem Anlass am Abend 25 Gäste.
Nachdem der kommissarische Leiter des Politischen Bildungsforums Thüringen, Daniel Braun, die Veranstaltung eröffnete, begann Oliver Baer (Geschäftsführer des Vereins Deutsche Sprache e. V.) im ersten Impulsvortrag über die sprachlichen Aspekte der Genderdebatte zu reden. Zuerst erklärte er dabei, dass er auf die bisher erreichten Ziele der Gleichstellung stolz sei und wir eine vollständige Gleichstellung noch erleben würden. Dies unterstütze er außerordentlich auch im Hinblick auf die Erfahrungen, die seine Mutter noch machen musste. Die Sprache als geistiges Kapital zu schätzen und als endliche Ressource zu schützen, lernte er vor allem im Ausland. Durch die geschlechtergerechte Sprache, die manche etablieren wollen, gehe nach Baer die Ausdrucksstärke der eigenen Sprache verloren. Das müsse man verhindern. Dabei unterstrich er seine Aussage mit einer Statistik, die besagt, dass nur etwa 25% der deutschen Bevölkerung überhaupt an der Gendersprache interessiert seien und viele gar nicht wüssten, worum es bei dem Thema geht. Den Konflikt zwischen Sprachwissenschaft und Gleichstellung kann Oliver Baer mit fehlendem sprachwissenschaftlichen Wissen erklären, denn der Respekt vor Sprache und der Respekt vor Frauen schließe sich nicht automatisch aus, wenn man die grammatikalischen Grundlagen kenne. Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang die richtige Verwendung und das Verständnis von Genus und Sexus. Genus sei nicht, wie fälschlicherweise angenommen wird, mit dem menschlichen Geschlecht in Zusammenhang zu bringen, sondern diene lediglich der sprachlichen Markierung, die beim gleichen Begriff bzw. Wort in unterschiedlichen Sprachen häufig unterschiedlich ist.
Oliver Baer die These stellte die auf, dass das Sprachgendern dem Feminismus mehr schade als wirkliche Vorteile für Frauen erbringe. Deshalb müsse man die berechtigten Anliegen der Gleichstellung des Feminismus schützen und diesen nicht durch seine extreme Version außer Kraft setzen. Verbote seien des Weiteren keine geänderten Verhaltensweisen. Damit würden sprachliche Abänderungen und Vorschriften nichts an dem Denken und Handeln der Menschen ändern. Viel wichtiger sei die Entwicklung dieser Tugenden, denn eine aufgezwungene Maßnahme sei keine Tugend. Besonders bedenklich empfinde er, dass es Hinweise darauf gibt, dass an Hochschulen indirekt Studenten zur Genderung wissenschaftlicher Arbeiten genötigt werden, da man ansonsten Nachteile befürchten müsse. Sein Verein wäre bereit, dazu auch Musterprozesse zu führen.
Beispiele, wie die Anrede aus einer Krankenhausbroschüre, welche „Liebe Prostata-Patientinnen -und Patienten“ lautet, weisen auf das Problem des stumpfen Gebrauchs von Sprache hin, ohne den Inhalt verinnerlicht zu haben.
Der Wähler könne sprachlich nicht zum Wählenden werden, wie es manche in ihrem Gebrauch bereits abgeändert haben. Während der Wählende sich nur als ein solcher bezeichnen darf, während er gerade wählt, ist ein Wähler auch jeder, der in der Vergangenheit schon gewählt hat, erläutert Herr Oliver Baer. Damit wenden wir unsere Sprache schlicht falsch an und die Kenntnisse würden sich erneut, wie nach der Rechtschreibreform von 1996, verschlechtern.
Die Landtagsabgeordnete Marion Rosin, studierte Grundschullehrerin im Fach Deutsch, stimmt diesen Aussagen zu und unterstreicht sie mit dem Satz: „Sprache ist Identität.“
Sie betont, dass Frauen nicht durch theoretische Regeln im Sprachgebrauch mehr Rechte erlangen, sondern durch Verantwortung in bestimmten Aufgabenfeldern und das Behaupten gegenüber männlichen Kollegen wirkliche Gleichberechtigung, auch in der Praxis, umsetzen können.
Als die Diskussion für das Publikum eröffnet wurde, wurden Einwände der unterschiedlichsten Strömungen an die Referenten herangetragen. Eine Dame aus dem Publikum wies darauf hin, dass sie viele Frauen kenne, die durch die Erziehung der Kinder freiwillig auf höhere Posten verzichten, weil sie andere Prioritäten für sich setzen. Das soll die Zahlen relativieren, die besagen, dass Frauen seltener in Führungspositionen arbeiten als Männer.
Aber auch gegensätzliche Meinungen fanden ihren Platz. Es wurde dabei unterstrichen, dass nicht in allen Bereichen Sprache geschlechtergerecht z.B. mit Gendersternchen oder Unterstrichen angepasst werden müsse, aber zumindest in denen, die verschiedene Rollen zuweisen. So würde die Bezeichnung „Der Bauingenieur“ bei den wenigsten Menschen die Vorstellung einer Frau mit Bauhelm hervorrufen, sondern das Bild eines Mannes würde generiert werden. In solchen Fällen sei es wichtig Unterscheidungen vorzunehmen. Dem widersprach Oliver Baer, da er auch in den weiblichen Bezeichnungen wie Chefin einen Irrweg sah, da das Wort Chef nicht männlich sei im Sexus, sondern nur im Genus, wodurch an sich eine neue männliche Form ebenfalls gefunden werden müsste, um Sexus-Parität in der Sprache zu erreichen. Dies wurde durchaus kontrovers mit den Gästen diskutiert.
Einig war man sich am Ende der Veranstaltung darin, dass Gendersternchen oder Unterstriche übertriebene und für die Sprache wie das Anliegen der Gleichstellung schädliche Entwicklungen seien, gleichwohl auf die sprachliche Sichtbarkeit aller Geschlechter mehr geachtet werden müsse.