Comptes-rendus d'événement
In Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Amthordurchgang Gera e.V. fand am 19.April 2018 organisiert vom Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen unter Anwesenheit von 25 Gästen die abendliche Veranstaltung „Wie war das für euch - Die Dritte Generation Ost im Gespräch mit ihren Eltern“ in Gera statt. Nach einer kurzen Ansprache durch den Vorsitzenden des Vereins, begrüßte auch Amalya Tonapetyan, studentische Hilfskraft der KAS, die Gäste.
Im Fokus standen die Berichte und privaten Schriften unterschiedlicher Menschen, die ihre Fragen, ihre Erfahrungen und Gefühle über die Zeit der Deutschen Demokratischen Republik niedergeschrieben haben. Die Herausgeberinnen Judith Enders, Mandy Schulze und Bianca Ely haben diese Schriften zusammengefasst und in ihrem gleichnamigen Buch veröffentlicht. Besonders interessant ist, dass nicht nur Zeitzeugen eine Stimme verliehen wird, sondern Menschen der dritten Generation, die die politischen Umbrüche und ihre Folgen anders sehen als zum Beispiel ihre Eltern.
Über 25 Jahre nach der Wiedervereinigung wird hier das Gespräch zwischen den Generationen gesucht, um lange vernachlässigten Fragen auf den Grund zu gehen.
Zunächst erzählte Bianca Ely, Buchautorin und Mitarbeiterin im Anne Frank Zentrum - Bereich Generationsdialog, Flucht und Migration, über die Hintergründe der Entstehung des Buches. Anschließend las sie aus einem Brief vor, den ihr eine Frau geschrieben hatte, die einem Interview ausweichen wollte, da es mit zu vielen Emotionen verbunden gewesen wäre. In diesem Brief beschreibt sie, wie der Mauerfall ihr weiteres Leben beeinflusste und maßgeblich prägte. Wie sie über die „westdeutsche“ Sicht auf die Dinge denkt und wie sie die Gespräche mit Menschen erlebte, die im Gegensatz zu ihr, zum Leben in einer Diktatur nur Spekulationen und Thesen hervorbringen konnten. Auch schreibt sie über die Euphorie der Wende und die Surrealität des Ganzen. Angesichts von Geld- und Zeitmangel, höherer Konkurrenz durch die „Wessis“, aber auch aufgrund des fehlenden Austausches mit Ostdeutschen, sah sie die Zeit danach als reinen Überlebenskampf. So kam sie zu dem Schluss, dass es besser sei, nicht über die DDR-Zeit zu sprechen und ihre ostdeutsche Vergangenheit und Identität zu verbergen.
Maike Nedo, Freie Lektorin und Publizistin aus Berlin, las ihren selbst verfassten, an ihren Vater gerichteten Text vor. Sie nahm ein altes Foto Ihrer Eltern zum Anlass, den Text mit der Überschrift „Das Foto“ für das Buchprojekt zu verfassen. Nedo wuchs in Ostberlin auf und so nahmen die DDR und der Mauerfall einen entscheidenden Einfluss auf ihre Wahrnehmung der Geschichte. In ihrem Brief treffen Freude und Trauer aufeinander, Euphorie und Zweifel, aber vor allem Wut und Enttäuschung darüber, dass so viel zwischen ihr und Ihrem Vater unausgesprochen blieb. Auf emotionale Art und Weise beschrieb sie selbstreflektiert die Beziehung zu ihren Eltern und wie ihre unterschiedlichen Meinungen zu Geschichte und Politik stets aufeinanderstießen. Aber wie könnte sie ihnen das verübeln. Sie haben die deutsche Geschichte vollkommen anders erlebt und sind in einem anderen (Zeit-)Umfeld aufgewachsen. Schließlich zog sie einen Vergleich zwischen der Beziehung zu ihren Eltern und heute aufkeimenden populistischen Bewegungen. Der Zorn und der Unmut suche sich immer seinen Weg, so Nedo. Nicht über etwas zu sprechen, sei nicht der richtige Weg, um Probleme zu vermeiden. Das habe sie aus den Meinungsverschiedenheiten mit ihren Eltern gelernt.
Frank Karbstein führte anschließend in die Diskussion, an der sich viele der Zuhörer mit ihren eigenen persönlichen Erlebnissen und Sichtweisen beteiligten. So stand die Frage im Raum, ob denn Kinder Rechenschaft von Ihren Eltern verlangen könnten. Nedo und Ely machten klar, dass es nicht um das Ablegen einer Rechenschaft ginge, sondern darum über die Vergangenheit und über das, was die vorherigen Generationen geprägt hat, zu sprechen. Denn das Gespräch mit den Eltern sei durch nichts zu ersetzen. Auch äußerten sich einige zum ersten Beitrag der Veranstaltung und dazu, ob es richtig sei, seine ostdeutsche Identität zu verbergen. So wurde diese Frage einstimmig mit Nein beantwortet, da das ein prägender Teil eines Menschen sei, der Stärke, Wissen und vor allem eine unersetzbare Erfahrung bedeutet und somit ein gewisses Verständnis für Politik und ihre Sensibilitäten.
Nach dem Schlusswort durch Herrn Karbstein, führten die Teilnehmer ihre regen Diskussionen und Gespräche fort.