Comptes-rendus d'événement
Die vergangene Präsidentschaftswahl war eine Schicksalswahl. Schon ganz unabhängig vom Ausgang hätte sie die Zukunft Europas beeinflusst. Zudem auch das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland, dessen Klima sich hätte verschlechtern können. Mit Emmanuel Macron hat Frankreich einen Präsidenten gewählt, der mehr auf europäischer Ebene denken und handeln möchte und dem Deutschland ein wichtiger Verbündeter ist. Doch von so eindeutiger Mehrheit war sein Wahlergebnis nicht, viele Stimmen kamen aus dem Lager der Konservativen und der Sozialisten, die eine Präsidentschaft Le Pens Verhindern wollten. Die sozialen Diversitäten boten Marine Le Pen dennoch die Möglichkeit, sich viele Stimmen zu sichern. Etwa neun Millionen Franzosen gelten als arm. Ihnen Hoffnung zu machen, war zentrales Thema beider Seiten im Wahlkampf.
Der Priester Hervé-Marie Cotten führte ein in die französische Mentalität und das Staatsverständnis. Laut ihm sei der Staat für viele Franzosen der Impulsgeber für allerlei Bereiche. Er habe Werte zu vermitteln und Wohlstand zu garantieren. Da Frankreichs System nicht förderal aufgebaut sei, gingen all solche Impulse von Paris aus in die Städte und die ländlichen Räume. Eben jene ländlichen Regionen würden sich jedoch abgehängt und nicht beachtet fühlen, dort habe der Front National punkten können. In der Hauptstadt läge Macrons Zuspruch hingegen bei 90%. Einige Menschen würden sich von den vergangenen Regierungen, unabhängig welcher Couleur, im Stich gelassen fühlen, so Cotten. "Das französische Sozialversicherungssystem hilft zu überleben, aber nicht zu leben", sagte der Priester. Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst und befristete Arbeitsverträge, wie sie in Frankreich nicht üblich seien, würden die Menschen verärgern. Doch unbefristete Arbeitsverhältnisse stünden in einem Konflikt mit dem Zeitalter der Globalisierung, in der Unternehmen flexibel agieren müssten, erkennt auch Hervé-Marie Cotten.
"Macron ist die letzte Chance vor dem Front National."-Hervé-Marie Cotten
Der neue Präsident Macron muss es schaffen, den Franzosen wieder Vertrauen in die Regierung zu geben. Versprochen habe er so einiges, sagte Ursula Welter, Abteilungsleiterin Hintergrund beim Deutschlandradio und von 2011 bis 2016 Korrespondentin in Paris. Macron wolle die teils drastische Jugendarbeitslosigkeit durch ein duales Ausbildungssystem bekämpfen, er wolle die Wohnsteuer abschaffen, um insbesondere die unteren Schichten und die Familien zu entlasten, so stünde es in seinem Wahlprogramm. Insgesamt wolle er die Arbeitsmarktbedingungen sozialverträglich und innovativ zugleich gestalten. Nähere Ansätze darf man erwarten, sobald er sich mit seiner jüngst aufgebauten Partei "Republique en marche" den Parlamentswahlen stellt, die letztlich seine Legitimität als Staatsoberhaupt erbringen sollen.
"Macron gibt seiner Generation die Aufgabe, Europa neu aufzubauen" -Ursula Welter
Die Akzeptanz seiner europagewandten Politik könne er flächendeckend nur erlangen, wenn er den Franzosen das Gefühl gäbe nicht bloß in die EU zu zahlen, sondern auch von ihr zu profitieren. Solch psychische Barrieren müssten abgebaut werden durch neue wirtschaftliche Ansätze mit den starken Partnerstaaten der EU-Zone, da waren sich beide Podiumsteilnehmer einig. Emmanuel Macron müsse in Brüssel erfolgreich sein und die Interessen Frankreichs im gesamteuropäischen Kontext vertreten. Dazu sei auch die Unterstützung Deutschlands notwendig.