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Simone D. McCourtie / World Bank / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

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US-Entwicklungspolitik vor tiefgreifenden Reformen

od Jeanene Lairo, Alexander Helmut Schweda

Wechsel an der Spitze der Weltbank bildet nur einen Teil der Gesamtstrategie ab

Am 5. April 2019 haben die Exekutivdirektoren der Weltbank David Malpass einstimmig zum neuen Präsidenten der internationalen Entwicklungsorganisation gewählt. Malpass tritt seine fünfjährige Amtszeit am 9. April an. Dabei war die Nominierung von Malpass durch US-Präsident Donald Trump keineswegs unumstritten. Vielen Beobachtern gilt die Nominierung als Baustein für einen Paradigmenwechsel, mit dem die US-Entwicklungspolitik auf die zunehmende Bedrohung nationaler Interessen nicht zuletzt durch die Volksrepublik China reagiert. Die Reorganisation der Behörde für Entwicklungshilfe, eine stärkere Einbeziehung der Privatwirtschaft und die Schaffung einer neuen Entwicklungsbank sind Kernaspekte der neuen Konzeption.

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Einführung und Kennzahlen

In den USA werden die entwicklungspolitischen Maßnahmen durch die United States Agency for International Development (USAID) koordiniert. Trotz ihrer formalen Eigenständigkeit ist die USAID nicht losgelöst von der politischen Großwetterlage. Die 1961 gegründete Behörde ist an Weisungen des State Department gebunden, sodass die entwicklungspolitischen Maßnahmen sich immer in einen größeren, außenpolitischen Kontext einbetten. Die USAID ist der wichtigste Akteur innerhalb der US-Entwicklungspolitik. Allerdings erbringen auch die Ministerien sowie unzählige weitere Behörden Entwicklungshilfeleistungen, die in den ODA-Zahlen[1] zusammengefasst werden.

Die USA sind mit 30,5 Mrd. US-$ (2017)[2] weltweit die größten Geber von Entwicklungshilfe. Deutschland belegt im internationalen Ranking mit 25,2 Mrd. US-$ (2017) den zweiten Platz. Das 1970 von den Vereinten Nationen verabschiedete Ziel, wonach die OECD-Staaten mindestens 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit aufwenden sollen, wurde von den Vereinigten Staaten bisher nie erreicht. 2017 machte der Anteil der Aufwendungen am BNE gerade einmal 0,17 % aus. Grundsätzlich lässt sich beobachten, dass es bei der Höhe der bereitgestellten ODA-Mittel in den letzten Jahren keine größeren Schwankungen gab. Dasselbe lässt sich für die sektorale Mittelverwendung beobachten, wo ein Prioritätenwechsel hin zu neuen Schwerpunkten nicht stattgefunden hat.

Die nebenstehende Grafik vermittelt einen groben Überblick, in welchen Sektoren der Großteil der Mittel im Jahr 2017 verausgabt worden ist. Herauszustellen ist der Sektor „Soziale Infrastruktur“, der neben Maßnahmen im Bereich der Bildung, Wasserversorgung und Governance auch den Gesundheitssektor umfasst. Die Aufwendungen umfassen insgesamt 14,7 Mrd. US-$, wovon 8,18 Mrd. US-$ für die Unterstützung im Gesundheitswesen – vor allem im Kampf gegen HIV und AIDS – ausgegeben werden. Mit 8,12 Mrd. US-$ wenden die USA 27 % ihrer ODA-Mittel im Rahmen der Humanitären Hilfe auf.

Zu den größten Empfängern der US-Hilfsgelder zählen Israel (3,1 Mrd. US-$), Ägypten (1,42 Mrd. US-$) und Jordanien (1,28 Mrd. US-$).

„America First“ in der US-Entwicklungspolitik?

Ein „Weiter so“ sollte es in diesem Bereich unter US-Präsident Donald Trump allerdings nicht geben. Dies wurde spürbar, als das vom Weißen Haus vorgeschlagene USAID-Budget für das Fiskaljahr 2018 Kürzungen in Höhe von 33 % vorsah und im US-Kongress lebhaft diskutiert wurde. Um jedoch das Ansinnen der US-Administration in einen Kontext zu bringen, ist eine Betrachtung der außenpolitischen Schwerpunkte, die das Weiße Haus im Dezember 2017 vorgestellt hat, unerlässlich.

Mit der National Security Strategy (NSS)[3] hat Präsident Trump ein knappes Jahr nach seiner Amtseinführung die Grundsätze seiner neuen US-Außenpolitik vorgestellt. Die Strategie leitet sich von den unterschiedlichen Bedrohungslagen für die nationale Sicherheit der USA ab. Aus Sicht des Weißen Hauses gehen die größten Gefahren von China, Russland, autoritären Regimen (v. a. Iran), dschihadistischen Terrorgruppen sowie Drogenkartellen aus. Die NSS stützt sich auf vier Säulen:

Grundsatz Beschreibung Bedrohung/Herausforderung durch
I. Weltweiter Schutz von US-Bürgern

Eindämmung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

Kampf gegen islamistischen Terror

Stärkung des Grenzschutzes

Fokus auf Cybersecurity

​​​

Iran, Nordkorea, China
​​​​​​​

​​ISIS, Al-Quaida, Hisbollah (mittelbar: Iran)

Drogenkartelle (Mexiko/Südamerika)

Russland, China

II. Weltweite Förderung der US-Wirtschaft

Faire Handelsverträge

Sicherung der weltweiten Führungsrolle im Innovationsbereich

China, EU, Mexiko/Kanada

China

III. „Peace through Strength“ Stärkung der militärischen Infrastruktur China, Russland, Iran
IV. Verbesserung des US-Einflusses in der Welt Überprüfung der US-Außenpolitik (und Entwicklungspolitik) hinsichtlich ihres Kosten-Nutzen-Verhältnisses v. a. China

Die NSS verdeutlicht, dass der „America First“-Ansatz von Präsident Trump in den außenpolitischen Leitlinien einen deutlichen Niederschlag gefunden hat.

Was bedeutet das für die US-Entwicklungszusammenarbeit der kommenden Jahre?

Die National Security Strategy findet sich „eins-zu-eins“ im Joint Strategy Plan wieder, der die entwicklungspolitischen Ziele der USAID für den Zeitraum von 2018 bis 2022 festlegt. Die US-Entwicklungspolitik bettet sich nicht nur in die außenpolitische Strategie der US-Regierung ein, sondern vermeidet es auch, eigene Akzente zu setzen. Zukünftig werden sicherheitspolitische und wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund gestellt werden. Das beinhaltet z. B. eine verstärkte Konditionierung von Entwicklungshilfeleistungen und die Betonung einer genauen Einhaltung von Vertragspflichten durch Partnerländer. Die vierte Säule der National Security Strategy („Verbesserung des US-Einflusses in der Welt“) dürfte dabei die wohl größten Auswirkungen auf die US-Entwicklungspolitik haben, wie sich anhand von Initiativen gegen chinesische Investitionsbemühungen noch zeigen wird.

Streit um das Entwicklungshilfebudget

Wie sehr die Entwicklungspolitik als ein Instrument der Außenpolitik gesehen wird, zeigt die Debatte um das Budget für das Fiskaljahr[4] 2018. Die Regierung hatte vorgeschlagen, die Haushaltsmittel für die Entwicklungszusammenarbeit um ca. 33 % zu kürzen. Dieser Entwurf wurde jedoch vom Kongress scharf zurückgewiesen, sodass dort im März 2018 ein Haushalt beschlossen wurde, der lediglich 6 % weniger Aufwendungen im Vergleich zum Vorjahr vorsieht. Im Sommer 2018 forderte Trump, die für die Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellten, aber noch nicht abgerufenen Mittel – die noch unter Ex-Präsident Obama verabschiedet wurden – teilweise zu streichen. Der ehemalige republikanische Senator und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, Bob Corker, äußerte seine Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Umsetzbarkeit dieses Vorhabens und kündigte gleichzeitig an, den Vorstoß aus dem Weißen Haus verhindern zu wollen. Die Initiative des Präsidenten wurde sowohl vom Senat als auch vom Repräsentantenhaus deutlich verworfen.

Der Haushaltsentwurf für das Fiskaljahr 2019 sieht 16,8 Mrd. US-$ für die USAID-Programme vor. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Gesundheitswesen (Global Health Program), das mit 8,8 Mrd. US-$ einen Großteil der entwicklungspolitischen Maßnahmen ausmacht. Darüber hinaus gab es kleinere Veränderungen bei den Haushaltsmitteln im Vergleich zum Vorjahr, die einen Rückschluss auf die künftige Priorisierung einzelner Maßnahmen zulassen. So sollen der Countering Russian Influence Fund[5] um 50 Mio. US-$ auf insgesamt 300 Mio. US-$ aufgestockt und die National Endowment for Democracy[6] weiterhin mit 170 Mio. US-$ unterstützt werden. Die vom Weißen Haus vorgesehenen Zahlungsbeschränkungen für die Palästinensergebiete (Westjordanland, Gaza) werden von den Kongressabgeordneten jedoch kontrovers diskutiert und die Frage aufgeworfen, inwiefern die Einstellung von Leistungen im Gesundheits- und Bildungsbereich in den Palästinensergebieten im nationalen Interesse der USA liegen könnten. Eine Frage, die selbst USAID-Administrator Mark Green bei einer Kongressanhörung nicht beantworten konnte.[7] Weiterhin sind im Zuge des angekündigten Austritts aus dem Pariser Klimaabkommen für 2019 keine Zahlungen an den Green Climate Fund vorgesehen.

Im Fiskaljahr 2020 sollen der USAID nach Vorstellung der Regierung rund 19,2 Mrd. US-$ für Programme zur Verfügung stehen.[8] Diese umfassen jeweils 6,3 Mrd. US-$ für humanitäre Hilfen und Gesundheit. Die Mittel für den Global Fund to fight AIDS, Tuberculosis, and Malaria sollen darüber hinaus durch private Geldgeber aufgestockt werden.[9] Um den russischen Einfluss in Europa und Zentralasien einzudämmen, sind für das State Department und die USAID 661 Mio. US-$ eingeplant. USAID-Direktor Green hatte im Zuge der Haushaltsdiskussion angekündigt, dass in den kommenden Wochen ein Leitfaden dazu vorgestellt werden soll. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Übertragung aller beim US-Außenministerium verbliebenen humanitären Hilfsprogramme an die USAID. Im Katastrophenfall sollen so die Mittel der Hilfsprogramme von der USAID flexibel eingesetzt werden können. Der Zuwachs des USAID-Budgets in Höhe von 2,4 Mrd. US-$ (14 %) bedeutet jedoch nicht, dass die Entwicklungszusammenarbeit pauschal gestärkt wird, da die USAID einige Aufgaben anderer Ministerien übernehmen soll und sich dafür eben auch die Haushaltspositionen verschieben. Daher muss das Budget für 2020 im Kontext der Reorganisation der US-Entwicklungszusammenarbeit gesehen werden, die im folgenden Abschnitt vorgestellt wird.

Reorganisation der USAID

Mit der Executive Order 13781 vom 13. März 2017 wurden alle US-Bundesbehörden angewiesen, innerhalb von 180 Tagen einen Plan vorzulegen, der die Reorganisation der eigenen Behörde darstellen soll. Ziel der Maßnahme ist, die Effektivität und Effizienz des Verwaltungshandelns zu erhöhen und Synergieeffekte zu nutzen. Im Falle der USAID führte dieser präsidentielle Vorstoß zum größten Umbau der Agency in ihrer Geschichte. Auf Anfrage des Haushaltsausschusses des US-Senats vom März 2018, inwiefern die Reorganisation der Behörde fortgeschritten sei, wurde deutlich, dass sich die Beamten der USAID anfänglich großen Problemen bei der Umsetzung der Umstrukturierung gegenübersahen. Daran dürfte die vage formulierte Zielvorstellung in der Executive Order der US-Regierung ihren Anteil gehabt haben. Die aufkommende Frage, ob die Agency in das State Department eingegliedert würde, rief bei beiden Behörden Verwirrung hervor.[10]

Geplante Neuerungen der Organisationsstruktur
  • Associate Administrator for Relief, Resilience, and Response (3Rs)

Bureau of Humanitarian Assistance

Bureau for Conflict Prevention and Stabilization

Bureau for Resilience and Food Security

  • Associate Administrator for Bureau of Policy Resources and Performance (PRP)
  • Bureau for Development, Democracy, and Innovation (DDI)

Im April 2018 stellte Agency-Chef Mark Green dem Kongress den Reorganisationsplan der USAID vor. Herauszustellen ist insbesondere die Schaffung einer Koordinierungsebene, die die Maßnahmen von drei ebenfalls neu strukturierten Referaten organisatorisch zusammenführen soll.[11] Fernerhin soll das neu geschaffene Bureau for Development, Democracy and Innovation (DDI) dem Fokus auf den privaten Sektor in der US-Entwicklungszusammenarbeit Rechnung tragen. Innerhalb der Behörde wurde eine zunehmende „Loslösung“ der Haushaltsmittel von den Programmen kritisiert. Um dem entgegen zu wirken, soll das Bureau of Policy Resources and Performance (PRP) die USAID-Referate besser untereinander abstimmen. Direktor Green betonte bei der Bekanntgabe des Plans, dass es nie darum gegangen sei, Arbeitsplätze einzusparen oder die Voraussetzung für Budgetkürzungen durch eine „schlankere“ Behörde zu schaffen. Die wichtigsten Aspekte der geplanten Änderungen finden sich in der nebenstehenden Darstellung zusammengefasst.

Hierbei ist zu betonen, dass sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat sich mit den Vorschlägen erst noch auseinandersetzen müssen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge, habe Direktor Green allerdings die Unterstützung seiner Behördenmitarbeiter und des Kongresses.

Private Sector Engagement

In den letzten zwei Jahrzehnten hat China sein Engagement in den Entwicklungsländern deutlich intensiviert. Dass die chinesische Strategie keinesfalls eine auf Partnerschaft beruhende Entwicklungspolitik darstellt, zeigt sich aus Sicht der USA vor allem in Subsahara-Afrika.[12]

„In Africa, we are already seeing the disturbing effects of China’s quest to obtain more political, economic, and military power.”

– John R. Bolton, Nationaler Sicherheitsberater, 13. Dezember 2018

Für USAID-Direktor Mark Green stellt der als chinesische „Loan-and-Own-Strategie“ kritisierte Ansatz, wonach Entwicklungsländer durch große Investitionsmaßnahmen in wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse getrieben würden, eine der größten Bedrohungen für die USA dar. Dabei gehe es einerseits um die Etablierung einer chinesischen Vormachtstellung in der „Dritten Welt“ – auf Kosten der USA – und andererseits darum, jene Ressourcen zu sichern, die für die aufstrebende chinesische Volkswirtschaft benötigt werden. Direktor Green fordert in diesem Zusammenhang ein stärkeres Engagement der USA und schlägt vor, Entwicklungsländer über die chinesischen Investitionsprogramme aufzuklären und seitens der USAID Alternativen anzubieten. Nachdem die Entwicklungszusammenarbeit in den vergangenen Jahren eher am Rande der politischen Debatte stand, besteht heute im Kongress darüber Einigkeit, dass die USAID gestärkt werden müsse. Die Aussage von Nita Lowey, demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, legt nahe, dass es in den USA einen deutlichen Trendwechsel in der US-Außen- und Sicherheitspolitik geben wird:

„In our inter-connected world, our national security is strongest when development, diplomacy, and defense are all well-funded and equally prioritized.”

– Nita Lowey (D), Vorsitzende des Haushaltsausschusses im US-Repräsentantenhaus, 27. Februar 2019

Um auf die Bedrohung durch chinesische Investitionen zu reagieren, rückt Direktor Green private Unternehmen als Träger in der US-Entwicklungsarbeit in den Vordergrund:

„Private enterprise is perhaps the most powerful force for lifting lives out of poverty, strengthening communities, and building self-reliance.”

– Mark A. Green, Direktor der USAID, 27. Februar 2019

Durch eine stärkere Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor sollen bestehende Kapazitäten in der Entwicklungszusammenarbeit besser genutzt und mehr Kapital bereitgestellt werden. Bisher findet eine Kooperation mit privaten Partnern nur bei 2 % der Projekte statt. Um diesen Trend umzukehren, stellte Direktor Green im Dezember 2018 die Private Sector Engagement Policy vor. Zusammen mit allen USAID-Referaten sowie mehr als 100 Unternehmen wurde die Strategie über mehrere Jahre erarbeitet. Der Plan versteht sich als gesamtheitliches Konzept und beinhaltet die bereits angesprochene Schaffung des Bureau for Development, Democracy and Innovation (DDI), das die Kooperation mit der Privatwirtschaft koordinieren und für Unternehmen enge Kontakte zu USAID-Vertretungen im Ausland vermitteln soll. Ziel ist es, privaten Akteuren durch Anreize den Einstieg in das entwicklungspolitische Umfeld zu erleichtern und sich von „alten“ Ansätzen des Public-Private-Partnerships zu lösen.[13] Um den „Weg zur Selbsthilfe“ zu ebnen, solle auch immer abgewogen werden, ob in gewissen Fällen eine marktwirtschaftliche Lösung in Betracht käme. Ein „China light“ wolle man laut Direktor Green jedoch nicht werden. Derzeit arbeitet die USAID an Richtlinien für Partnerschaften von Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit, die zeitnah vorgestellt werden sollen.[14]

Neue Entwicklungsbank soll China zurückdrängen

Mit dem BUILD Act (Better Utilization of Investment Leading to Development Act) wurde im Oktober 2018 die gesetzliche Grundlage für eine weitere US-Behörde geschaffen: der U.S. International Development Finance Corporation (USIDFC). Die internationale Präsenz der USAID – mit über 80 Niederlassungen in der ganzen Welt – soll durch die in Washington D.C. ansässige Entwicklungsbank unterstützt werden. Die neue Institution verfügt dabei über wesentlich mehr Handlungsmöglichkeiten als die bisherige Overseas Private Investment Corporation (OPIC), die gepaart mit einigen Finanzierungsinstrumenten der USAID in der USIDFC aufgehen soll.

Das Investitionsvolumen der USIDFC beträgt 60 Mrd. US-$, was die bisherigen OPIC-Mittel um ein Dreifaches übersteigt.[15] Die Aufgaben der USIDFC umfassen die Etablierung und Öffnung von bestehenden Märkten in Entwicklungsländern, die Vergabe von Darlehen und Übernahme von Kreditbürgschaften, Investitions- und Handelsversicherungen sowie die Koordinierung der Wirtschaftsförderung der verschiedenen US-Ministerien.

„BUILD strengthens the U.S. government’s development finance capacity, offering a better alternative to state-directed investments and advancing our foreign policy goals.”
– Mike Pompeo, US-Außenminister, 03. Oktober 2018

Die Maßnahmen sollen dabei vor allem „Lower-Income and Lower-Middle-Income Countries“ adressieren, aber auch „Upper-Middle-Income-Countries”[16] in die Betrachtung mit einbeziehen. Die USIDFC wird dazu mit wesentlich umfassenderen Instrumenten ausgestattet als ihre Vorgängerorganisation OPIC. Der BUILD Act räumt der USIDFC weitreichende Befugnisse ein, die die Entwicklungszusammenarbeit flexibilisieren sollen. So ist die Bank in der Lage, risikoarme Darlehen in Fremdwährungen aufzunehmen, Zahlungsausfälle abzusichern und kleinere Zuschüsse zu gewähren. Die Entwicklungsbank soll neben der Bereitstellung des notwendigen Kapitals für die Entwicklungszusammenarbeit auch die USAID und die US-Ministerien in ihrer Arbeit fachlich beraten und unterstützen.

Mit der Reform wurde der Entwicklungsbereich insgesamt enorm gestärkt. Das Center for Strategic & International Studies (CSIS), ein bedeutender, überparteilicher Think-Tank in Washington D.C., beschreibt den BUILD Act als „most important piece of U.S. soft power legislation in more than a decade.“[17] Die anfänglichen Überlegungen der Trump-Administration gingen jedoch in eine vollkommen andere Richtung. Ursprünglich sollte die OPIC nämlich ersatzlos abgeschafft werden. Das Ergebnis ist das komplette Gegenteil: eine Entwicklungsbank mit dreifachem Budget und wesentlich mehr Kompetenzen. Die Erklärung für diese Kehrtwende dürfte wohl darin liegen, dass die Entwicklungspolitik inzwischen als Mittel zur Durchsetzung nationaler Interessen gesehen wird.

1,1 Mrd. Menschen ohne Elektrizität, 1 Mrd. ohne Trinkwasseranschluss und 2,3 Mrd. ohne Zugang zu Sanitäranlagen bieten für die US-Wirtschaft große Potenziale. Allerdings auch für China. Mit seiner expansiven Handels- und Wirtschaftspolitik hat Peking in den letzten Jahren in Afrika und Asien deutlich an Boden gewonnen. Das zeigt sich bspw. an dem Aufbau einer Militärbasis im ostafrikanischen Dschibuti, wo auch schon das United States Africa Command stationiert ist. Ein weiteres Beispiel ist der Hafen von Hambantota in Sri Lanka, der als gigantisches Infrastrukturprojekt eine Überschuldung Sri Lankas hervorrief und der Hafen infolgedessen an China für 99 Jahre übertragen wurde. Seitdem fungiert dieser als Handelsplatz für chinesische Waren. In Europa hat sich das Reich der Mitte den Hafen von Piräus gesichert. Der Mittelmeerhafen ist heute im Rahmen der chinesischen „One Belt, One Road“-Initiative von strategischer Bedeutung.

Das verdreifachte Budget und die erweiterten Kompetenzen der USIDFC (im Vergleich zur OPIC) dürfen vor diesem Hintergrund als eine direkte Antwort auf die breit angelegte Investitionsstrategie Chinas gelten. Betrachtet man die bisherigen bilateralen Finanzierungsleistungen der natio­­­­­nalen Entwicklungsbanken, wird der Rückstand der USA zu China mehr als deutlich.

Angaben in Mrd. US-$ OPIC
(USA)
CDC
(GB)
DEG
​​​​​​​(DE)
Proparco
(FR)
CDB
(China)
JBIC
​​​​​​​(Japan)

2016

Portfolio/ausst. Verpfl.

21,5 5,5 10,6 7,3 1600 158

Quelle: Congressional Research Service: USAID, and Proposed Development Finance Reorganization,
URL: https://fas.org/sgp/crs/row/R45180.pdf; zuletzt aufgerufen am 13. März 2019.

Vor dem Hintergrund der drastischen Verschiebung des Investitionskapitals wird die Frage aufgeworfen, ob die Bemühungen der US-Regierung ausreichen, um den chinesischen Kurs überhaupt eindämmen zu können. Mit der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank hat Peking im Jahr 2014 zudem eine multinationale Entwicklungsbank gegründet, die in Konkurrenz zu den Bretton-Woods-„Zwillingen“ (Weltbank/IWF) steht und der auch viele europäische Staaten beigetreten sind.

Zweifellos dürfte US-Präsident Trump David Malpass nach dem überraschenden Rücktritt von Jim Yong Kim Anfang Februar 2019 angesichts dieser Rahmenbedingungen auch deshalb für den Weltbank-Vorsitz vorgeschlagen haben, um dem wachsenden Einfluss Chinas etwas entgegenzusetzen. In seiner bisherigen Funktion als Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im US-Finanzministerium habe Malpass ein „exzellentes und konstruktives Verhältnis” zu chinesischen Vertretern gepflegt. Gleichzeitig wird der 63jährige als „China-Falke“[18] beschrieben.

In der Vergangenheit hatte Malpass die Weltbank aufgrund ihrer Ineffizienz kritisiert. Von einigen Beobachtern wurde dies als Abneigung gegenüber multilateralen Organisationen wahrgenommen. Die Trump-Administration betont hingegen, dass seine Aussagen nicht als grundlegende Kritik zu verstehen seien, sondern sich Malpass vielmehr dafür einsetze, die Weltbank hinsichtlich ihrer Effizienz zu reformieren. Tatsächlich hat Malpass im vergangenen Jahr eine Kapitalerhöhung der Weltbank um 13 Mrd. US-$ ausgehandelt. Als Bedingung für diese Stärkung wurden die Zinsen für Kredite, die von Industriestaaten aufgenommen werden können, erhöht. China, das sich in jüngerer Vergangenheit Geld zu günstigen Konditionen leihen konnte, bleibt von der Zinserhöhung nicht verschont.

[1] Um Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit quantifizieren zu können, hat das Development Assistance Committee (DAC) als Organ der OECD die Official Development Assistance (ODA) als Maßzahl etabliert. Seit ihrer Einführung im Jahr 1972 umfasst die ODA alle finanziellen, technischen und personellen Leistungen im Rahmen der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit. Die Leistungen eines Geberlandes müssen dabei, um als ODA gelten zu können, folgende Kriterien erfüllen: (1) die Leistungen müssen vom öffentlichen Sektor vergeben werden, (2) in erster Linie der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und Verbesserung der Lebensbedingungen dienen, (3) Zuschüsse oder Darlehen müssen zu vergünstigten Konditionen gewährt werden.

[2] OECD: ODA by sector, URL: https://data.oecd.org/oda/oda-by-sector.htm#indicator-chart; zuletzt aufgerufen am 13. März 2019.

[3] The White House: National Security Strategy of the United States of America, URL: https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2017/12/NSS-Final-12-18-2017-0905.pdf; zuletzt aufgerufen am 13. März 2019.

[4] Fiskaljahr: 1. Oktober bis 30. September.

[5] Aus dem Fond werden Projekte gegen eine russische Einflussnahme in Osteuropa (vor allem in der Ukraine) finanziert.

[6] Die National Endowment for Democracy ist eine Stiftung zur weltweiten Demokratieförderung, die zu diesem Zweck Bundeshaushaltsmittel erhält und diese an andere Organisationen verteilt (International Republican Institute, National Democratic Institute, Gewerkschaftsbund, US-Handelskammer).

[7] Anhörung vor einem Unterausschuss des Haushaltsausschusses des US-Repräsentantenhauses am 27. Februar 2019.

[8] USAID: Fiscal Year (FY) 2020 Development and Humanitarian Assistance Budget Request, URL: https://www.usaid.gov/sites/default/files/documents/1868/FinalFY20FactSheet.pdf; zuletzt aufgerufen am 15. März 2019.

[9] Jeder dritte US-Dollar im Kampf gegen AIDS/HIV von nicht-staatlichen Geldgebern wird von der US-Regierung mit einem zusätzlichen US-Dollar unterstützt.

[10] Außenminister Rex Tillerson hatte die Idee einer Integration der USAID in das State Department in die Diskussion eingebracht.

[11] Das Bureau of Humanitarian Assistance umfasst künftig Food for Peace and die U.S. Foreign Disaster Assistance und verbindet damit alle Ernähungsprogramme mit den Nicht-Ernährungsprogrammen. Das Bureau for Conflict Prevention and Stabilization betreut die Projekte und Programme in konfliktträchtigen Entwicklungsländern. Das Bureau for Resilience and Food Security vereint Ernährungsprogramme (die nicht unter die Humanitäre Hilfe fallen) mit anderen Programmen (Wasserversorgung, Klimawandel).

[12] Die US-Regierung stellte im Dezember 2018 die „Prosper Africa“-Initiative vor.

[13] Saldinger, Adva: USAID launches new private sector engagement policy, URL: https://www.devex.com/news/usaid-launches-new-private-sector-engagement-policy-94022; zuletzt aufgerufen am 13. März 2019.

[14] Stand Februar 2019.

[15] OPIC: 21,5 Mrd. US-$.

[16] Die Weltbank kategorisiert Länder nach ihrem Bruttonationaleinkommen in vier Stufen: Low-Income, Lower-Middle-Income, Upper-Middle-Income, High-Income.

[17] CSIS: The BUILD Act Has Passed: What’s Next?
URL: https://www.csis.org/analysis/build-act-has-passed-whats-next; zuletzt aufgerufen am 13. März 2019.

[18] Churchill, Owen: David Malpass, US nominee for World Bank president and long-time China hawk, ‘will continue to take part in trade talks’, URL: https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/2185227/david-malpass-us-nominee-world-bank-president-and-long-time; zuletzt aufgerufen am 14. März 2019.

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Paul Linnarz

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Leiter des Länderprogramms Japan und des Regionalprogramms Soziale Ordnungspolitik in Asien (SOPAS)

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