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Schutzimpfung als Meilenstein gestern und heute.

Mit besonderem Blick auf die gesundheitspolitische Lage in Thüringen.

Veranstaltungsbericht

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Seit dem Dezember 2020 laufen weltweit die Impfkampagnen gegen COVID-19 an. Viele versprechen sich davon ein Ende der Pandemie und die langersehnte Rückkehr zur „Normalität“. Aus diesem Anlass möchten wir in die Geschichte schauen. Wann treten Impfungen erstmals auf? Welche Auswirkungen hatten bei der Bekämpfung von Krankheiten und für den Erhalt der Gesundheit von Gesellschaften. Weiterhin soll es darum gehen, wie sich die Impfkampagne gegen COVID-19 in Thüringen darstellen wird.

Eröffnet wurde das Onlineseminar durch den Referenten der Konrad-Adenauer-Stiftung Tillmann Bauer, welcher auch kurz die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung vorstellte und die Referenten vorstellte. Danach bat er die drei Referenten in einem kurzen Impuls ihre Arbeit und ihre Position zu dem Thema darzulegen und gab dem Medizinhistoriker Herrn Dr. Juette zunächst das Wort. Herr Juette stellte den Teilnehmern insgesamt 14 Thesen zu den Vor- und Nachteilen von Schutzimpfungen in der Geschichte der Menschheit vor. Die wichtigsten hierbei seien die Tatsache gewesen, dass Impfungen immer mutige Individuen brauche, die sich ihrer Entwicklung verschreiben, dass es - historisch gesehen - niemals möglich sein werde 100% der Bevölkerung zu impfen und dass Schutzimpfungen die einzige bekannte Methode ist um Infektionskrankheiten dauerhaft zu besiegen, wie es die Menschheit bei den Pocken geschafft habe.

Frau Dr. Möckel von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT) berichtete von der Arbeit der KVT im Kampf gegen Corona. So habe das Bundesland Thüringen entschieden bei der Impfkampagne mit der KVT zusammen zu arbeiten, um die Impfung der Bevölkerung so gut und so bürgernah wie es geht zu organisieren. Da die KVT, im Vergleich mit anderen Ostdeutschen Bundesländern überdurchschnittliche Leistung erbringe, sei dies ein guter gangbarer Weg gewesen. Die KVT nehme die Pandemie sehr ernst und Frau Dr. Möckel gab zu bedenken, dass es eine Impfquote von mindestens 66,6% in Deutschland brauche, um das Virus zu besiegen. Dabei verteidigte sie die Entscheidung der ständigen Impfkommission, zunächst die ältere Bevölkerung, die Pflegebedürftigen und die medizinisch wichtigen Berufsgruppen zu impfen. Dies sei eine ethische Entscheidung gewesen, bei der es darum ging, dort anzufangen, wo man am effektivsten jene schützen könne, deren Leben am ehesten durch den Virus bedroht seien. Für die Umsetzung dieser Impfkampagne hat die KTV daher bisher 14 Impfzentren eingerichtet, die, sobald sie die Freigabe bekommen, bereit seien in jedem Landkreis in Thüringen die Impfungen durchzuführen. Für die Versorgung von Alten- und Pflegeheimen seien mobile Impfteams zusammengestellt, diese hätten bisher schon über 80 Termine in Heimen gehabt und für die nächsten Wochen seien weitere 6000 Termine vereinbart. Krankenhäuser sollen die Impfstoffe zugeliefert bekommen und dann selbständig ihr Personal vor Ort impfen. Des Weiteren habe man beschlossen die erste Zeit ca. die Hälfte aller Impfstoffe zurückzuhalten, um bei Lieferengpässen in den ersten Wochen immer genug Impfstoff auf Lager zu haben und eine kontinuierliche Impfung gewährleisten zu können.

Der Gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag Herr Christoph Zippel benannte in seinem Impuls die zwei wichtigsten Aufgaben der Politik beim Thema der Corona Schutzimpfungen. Zum einem gehe es um die Organisation durch die Politik. Dabei spielen zwei Rahmenbedingungen eine Rolle, die Beschaffung des Impfstoffes über die Europäische Union, und die Verteilung der Impfstoffe im föderalen Rahmen der Bundesrepublik. Er sehe es als richtiges Zeichen an, dass die Bundesrepublik zusammen mit den anderen 26 Mitgliedsstaaten die Beschaffung des Impfstoffes über die EU vollzogen hat. Es wäre kein Zeichen von Solidarität unter den Mitgliedsstaaten, wenn Deutschland mit seiner Finanzkraft anderen Staaten den Impfstoff „weggekauft“ hätte. Zudem sei ein funktionierender europaweiter Kampf gegen Corona nur möglich, wenn gleichmäßig in der gesamten EU geimpft werden könne. Auch der Aufwand des Transportes des Impfstoffes sei eine Meisterleistung moderner Logistik. Da der Impfstoff von Biontech/Pfizer bei -70°C gelagert werden müsse, sei der Transport bisher nicht einfach gewesen. Die zweite Rahmenbedingung sei der föderale Charakter der Bundesrepublik. Herr Zippel machte deutlich, dass kein Bundesland vermutlich die perfekte Patentlösung für die Impfkampagne haben wird. Als Thüringer sei er aber sehr dankbar für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen dem Bundesland und der KVT.

Die zweite Aufgabe sei die der Kommunikation. Herr Zippel sieht die einzige Lösung für den Erfolg der Impfkampagne darin, dass die Politik offen und transparent der Bevölkerung alle Informationen zum Impfstoff mitteilt. Frage wie „wann bin ich mit dem Impfen dran?“ und „was ist in dem Impfstoff drin?“ müssten jederzeit ernst genommen werden und von der Politik ehrlich beantwortet werden. Dazu zählt auch die deutliche Benennung, dass auch ein Impfstoff ein Medikament sei und jedes Medikament auch seine Risiken beinhält. Zuletzt betont er noch, dass für ihn als Christdemokrat eine Impflicht auf keinen Fall ein gangbares Konzept sei.

Nach den drei Impulsen ging Herr Bauer direkt in die Fragerunde über. Die erste Frage ging an Herrn Juette und erkundigte sich, ob es in der Vergangenheit bereits ähnliche Fälle gegeben habe, bei dem ein Impfstoff so schnell, wie im Falle von Corona, nach Ausbruch der Krankheit zur Verfügung stand. Herr Juette antwortet darauf, dass die Marktreife des Impfstoffes etwas nie da gewesenes sei, die Entwicklung des Impfstoffes aber auf die Grundlagenforschung der 90er Jahre zurückzuführen sei. Dies zeige welch eine wichtige Position die Grundlagenforschung bei der Entwicklung von Impfstoffen einnehme.

Frau Möckel warf ein, dass sie die Überraschung über die schnelle Marktreife in der Bevölkerung nachvollziehen kann. Sie erklärt sich diese Entwicklung dadurch, dass normalerweise bei der Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffes hohe finanzielle und bürokratische Hürden zu überwinden sind. Im Falle des Corona Impfstoffes seien diese durch die Notsituation der Pandemie weggefallen. Regierungen hätten mehrere Milliarden Euro investiert und so die finanzielle Last genommen und die Zulassungsstellen haben die Prüfung des Impfstoffes ganz oben auf die Tagesordnung geschrieben. Dies habe die Marktreife des Impfstoffes massiv beschleunigt. Nicht zuletzt habe es bei der Testung des Impfstoffes viel mehr freiwillige Testpersonen gegeben. Bei anderen Impfstoffen seien dies zumeist um die 1000 Testpersonen gewesen, im Falle von Corona über 40.000.

Als nächstes kam die Frage, ob man, anstatt den Impfstoff im Verhältnis zur Bevölkerung an die Bundesländer zu verteilen, nicht lieber nach der höhe der Infektionen verteilen solle.

Herr Zippel sieht darin zwei Hauptprobleme. Zum einem mache die logistische Verteilung es schwer den Impfstoff immer dort zu haben, wo gerade das Infektionsgeschehen hoch sei. Zum anderen würden es die Bundesländer als unfair erachten, wenn Bundesländer, die ihrer Ansicht nach in der Prävention von Infektionen einen schlechteren Job gemacht hätten, nun dadurch belohnt würden, dass sie zuerst den Impfstoff erhielten. Herr Juette sprach das Beispiel führte die Situation in Israel an. Dort wäre die Strategie des Impfens nach Betroffenheit angewendet worden. Dennoch würden die Infektionszahlen in Israel, trotz einer starken Impfquote, weiter dramatisch steigen. Er selbst stellte jedoch die Frage an Herrn Zippel, ob er glaube, dass es in Deutschland Versäumnisse in der Vorbereitung der Impfkampagne gegeben hätte? Immerhin hätte man bereits schon im Sommer die Infrastruktur und die Planung für den Start der Impfungen vornehmen können. Herr Zippel gesteht ein, dass es in der Planung und Organisation der Impfkampagne Versäumnisse gab, allerdings nicht bei der Beschaffung des Impfstoffes. Israel sei bei der frühen und hohen Bestellung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes ein Glückspiel eingegangen, dass sich nun ausgezahlt hätte. Bei der Organisation und Verteilung des Impfstoffes liege das Problem in der föderalen Struktur der Bundesrepublik. Dadurch, dass die Bundesregierung nicht direkt auf die Kommunen Zugriff hat, sondern dies über die einzelnen Bundesländer geschieht, käme es hier immer wieder zu Verzögerungen. Trotzdem sehe Herr Zippel Vorteile in der föderalen Struktur, da so die Bundesländer die Chance haben auf regionale und kommunale Besonderheiten besser zu reagieren, als es eine zentrale Steuerung über Berlin zu tun vermöge. Die Probleme in Thüringen führte der CDU-Politiker auf eine schlechte Organisation durch die Rot-Rot-Grüne Landesregierung zurück.

Als nächste sprach Herr Bauer die Referenten auf Ihre Sicht zum Thema „Impflicht“ an.

Herr Juette gab aus der Historie ein Beispiel für den Erfolg von Impflichten. In der Zeit des Nationalsozialismus hätte es zwei Impfkampagnen geben. Die erste Kampagne war die Impfung gegen die Pocken und war verpflichtend für alle Bürger. Hierbei erreichten die Nationalsozialisten eine erfolgreiche Impfquote von ca. 60 bis 80 Prozent. Bei einer zweiten Impfkampagne gegen Diphterie gab es keinerlei Impfzwang. Diesmal wurde eine Impfquote von 90 bis 95 Prozent erreicht. Dies sei ein Indiz, dass Impfzwang kein Weg zum Erfolg sei. Auf die Frage, ob man medizinisches Personal zwingend impfen sollte antwortet Frau Möckel, dass sie eine Impflicht allgemein ablehne, da man damit nur das Vertrauen in den Impfstoff zerstören würde. Auch Herr Zippel sei der Ansicht, dass der Kampf gegen den Virus nicht durch einen Zwang, sondern nur in den „Herzen und Köpfen der Bevölkerung“ gewonnen werden kann.

Daraufhin fragte Herr Bauer, ob der Wettlauf zwischen Impfstoff und Virus gewonnen werden kann. Dies beantwortete Herr Zippel damit, dass am heutigen Tage (14.01.) bereits eine Millionen Deutsche die erste Impfdosis erhalten habe. Dies beweise, dass das Impfen bereits jetzt schneller vorangeht als die Neuinfektionen in Deutschland. Dennoch müsse man damit rechnen, dass der Corona Virus in Zukunft zu unserem Leben dazugehören wird. Ähnlich dem Grippe Virus.

Was habe man aus dieser Pandemie gelernt und was würde man das nächste Mal besser machen lautete die Abschlussfrage an die drei Referenten.

Herr Juette meinte, dass eine einseitige Fokussierung auf Impfungen keine Lösung für die Zukunft sei. Genauso wichtig sei die Förderung von Therapien für erkrankte Menschen. Dies sei in Corona Zeiten leider nicht so beachtet worden. In Zukunft hoffe er auch auf mehr staatliche Förderung in diesem Sektor.

Frau Möckel mahnte an, dass man in Zukunft in Deutschland immer genug einsatzfähige Schutzausrüstung auf Lager haben müsse. Man könne nicht vorhersehen wann ein neuer Virus und eine neue Pandemie auftauchen könnten und müsste daher stets vorbereitet sein. Des Weiteren wünsche sie sich mehr Aufklärung in der Gesellschaft, damit die Gesellschaft als Ganzes besser funktionieren könnte.

Herr Zippel sieht die Lehrer der Politik ebenfalls in einer Verstärkung der Vorbereitungen für solche Fälle. Aber es müsse auch die Produktion von Medikamenten wieder mehr in den heimischen europäischen Markt verlegt werden, damit man unabhängiger vom Ausland in Notsituationen wird. Auch hoffe er, dass die Menschen sich nach der Pandemie wieder mehr als Teil der Natur verstehen und den Nimbus der „Erhabenheit“ über unseren Planeten und unsere Natur verlieren. Zuletzt glaubt er, dass die Menschen in dieser Pandemie gelernt haben, wie wichtig menschliche Nähe ist und hoffe, dass man dies nach der Pandemie wieder mehr zu schätzen weiß.

Mit diesen Worten beendete Herr Bauer das Webinar.

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