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Der demografische Wandel in Sachsen-Anhalt

Forum in Dessau-Roßlau - mit Anne-Marie Keding (Ministerin für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt), Prof. Dr. Klaus Friedrich (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), Andreas Heide (Schulleiter Anhaltisches Berufsschulzentrum „Hugo Junkers“) und Dr. Günter W. Dill (Freier Berater der Konrad-Adenauer-Stiftung); Moderation: Wolfgang Brenneis (freier Dozent).

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Wie meistert Sachsen-Anhalt die Herausforderungen des demografischen Wandels? Diese Frage war Kern eines Gesprächsforums der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Dessau-Roßlau. Die Veranstaltung fand in der Jugend-, Kultur und Seniorenfreizeitstätte „Villa Krötenhof“ statt. Wolfgang Brenneis_ (freier Dozent) moderierte die Diskussion.

Anne-Marie Keding, Ministerin für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, betonte die Entwicklungsnotwendigkeit bei der Infrastruktur, um auf den Bevölkerungsrückgang zu reagieren – allein in Sachsen-Anhalt ist die Bevölkerungszahl in den letzten 25 Jahren um 645.000 gesunken. Alle Strukturen seien an die neuen Gegebenheiten anzupassen; dies gelte auch für den Arbeitsmarkt. Nur so sei die Attraktivität der Regionen zu steigern, zudem ergibt sich so die Chance, junge Familien in die Regionen zu gewinnen. Von besonderer Bedeutung sei dabei die Nähe von Kindertagesstätten und Schulen zum Arbeitsplatz, damit verbunden der öffentliche Verkehr bzw. das Straßennetz. Zudem gelte es, jungen Leuten alternative Berufsfelder zu vermitteln, nicht nur die „klassischen“ Berufe. Mit Blick auf Abwanderungen zeigte die Ministerin auf, dass nicht alle Orte gleichermaßen betroffen sind. Hier sei es von Bedeutung, dass sich die jeweiligen Orte genau überlegen, an wen sich ihre Angebote richten, bspw. an junge Erwachsene, an Familien oder an Senioren.

Prof. Dr. Klaus Friedrichvon der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verwies darauf, dass die demografischen Entwicklungen wie Bevölkerungsrückgang bei Alterung der Gesellschaft im Osten Deutschlands schneller auftreten auf als in anderen Regionen. Die Wissenschaft unterscheidet drei Phasen der demografischen Entwicklung, zunächst die Transformation (ab 1989/90): Alterung/Anstieg der Lebenserwartung, Rückgang der Geburtenrate, massive Abwanderung (vor allem von Frauen), Wohnungsleerstände bis zum Verfall und Abriss, Probleme bei der Daseinsvorsorge. Als zweite Phase sei die Suburbanisierung zu nennen: Viele Bürger zogen aus den Städten in die Umlandkreise, wo sich isolierte Wohngebiete am Rand von Kleinstädten bildeten – allerdings ohne Versorgungszentren/Einkaufsmöglichkeiten. Heute sei freilich eine dritte Phase zu beobachten – die Reurbanisierung: Viele Menschen ziehen zurück in Städte, wo vor allem Gründerzeitviertel oder Innenstadtkerne Aufwertung erfahren. Für Sachsen-Anhalt hob Prof. Friedrich das enge Netzwerk an Einrichtungen hervor, die sich mit dem demografischen Wandel befassen. Von großer Bedeutung sei es dabei, die Bürgergesellschaft zu aktivieren.

MitAndreas Heidewirkte der Leiter des Anhaltischen Berufsschulzentrums „Hugo Junkers“ an der Diskussion mit. Heide stellte seine in Dessau-Roßlau ansässige Schule vor und verwies auf die rückläufige Entwicklung. Beispielsweise ging die Zahl aller Berufsschüler in Sachsen-Anhalt seit 2000 von 80.000 auf 39.000 zurück, am Dessauer Berufsschulzentrum von 6.000 auf 2.700 – die ursprünglich zwei Berufsschulen der Stadt wurden erst kürzlich vereinigt. Auch bei den Lehrkräften sei im genannten Zeitraum ein Rückgang zu verzeichnen (250 auf 146). Die Hälfte der Lehrer sei allerdings zwischen 50 und 65 Jahre alt, so dass sich bereits heute ein Nachwuchsmangel aufzeigt. Zudem erfolgt in mehreren Berufen vor Ort keine Ausbildung mehr. Aber auch Heide erkennt den demografischen Wandel als Chance, etwa bzgl. eines besseren Lehrer-Schüler-Verhältnisses und einer intensiveren Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben. Zudem hat heute fast jeder Schulabgänger die Chance auf einen Ausbildungsplatz und später auch auf einen Arbeitsplatz.

Der als freier Berater für die Konrad-Adenauer-Stiftung aktiveDr. Günter Dill__. Günter Dill__Günter Dill__nter Dill__er Dill__ Dill__ill__l___ verwies darauf, dass schon seit mehr als 10 Jahren über den demografischen Wandel debattiert wird und es auch vielversprechende Lösungsansätze gibt. Oft herrscht jedoch Misstrauen gegenüber den Prognosen. Dill verwies darauf, dass der ländliche Raum bereits jetzt besonders von der demografischen Entwicklung betroffen ist und dies für nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche gilt, beispielsweise für die Bildung/Wissensvermittlung (z.B. Weiterbildung älterer Arbeitskräfte), für Fragen der Gesundheit, Mobilität, Wellness, für den Arbeitsmarkt (mehr ältere Arbeitskräfte, aber auch Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt), aber auch für Bereiche wie Online-Banking, Telemedizin, Pflege/Betreuung, Telearbeit, Nahversorgung (Rückkehr der Dorfläden). Besonders der Mittelstand ist gefragt und muss entsprechend gefördert werden. Insgesamt seien die Kommunen gefragt, mit den neuen Herausforderungen umzugehen – dies kann beispielsweise über Demografiepartnerschaften geschehen, wie sie im Landkreis Mansfeld-Südharz beispielsweise schon praktiziert wird. Vor allem ist das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken. Zudem ist eine Bewusstseinsänderung hinsichtlich des Altersbildes nötig, denn Alter ist als Kompetenz zu verstehen, nicht als Defizit!

In der abschließenden Diskussion wurden die angesprochenen Probleme und Lösungsansätze sowohl innerhalb des Podiums als auch mit dem Publikum intensiv debattiert. Im Blickpunkt standen Fragen der Kinderbetreuung und die damit verbundenen Kosten, der Schulschließungen oder der Integration.

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