Mit dem Auftreten der Coronapandemie waren auch die Schulen in Thüringen gezwungen, die Schülerschaft für viele Wochen ins Homeoffice zu schicken. Schulen, Lehrer und Bildungsträger mussten über Nacht Digitalunterricht konzipieren und umsetzten. Die Herausforderungen dabei reichten von überlasteten Onlineplattformen, Schüler ohne eigenen Laptop bis hin zu Schülern, welche nicht mehr erreichbar waren. Das politische Bildungsforum Thüringen hat deshalb am 16. Februar 2021 einen genaueren Blick auf die aktuellen Herausforderungen im digitalen Lehrbetrieb geworfen. Dazu waren zu Gast der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Heinz-Peter Meidinger, der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag Christian Tischner, sowie der Studienrat David Groh.
Der Begrüßung durch den KAS-Referenten Tillmann Bauer schloss sich ein Impulsvortrag von Meidinger an. Zu Beginn erläuterte dieser die Entwicklung der Schulrealität seit dem ersten Shutdown im März. Dieser, so Meidinger, habe viele Schulen völlig unvorbereitet getroffen, sodass bei den Lehrkräften zu Beginn starke Unsicherheit und Überforderung herrschte. Allerdings habe sich seit dieser Stunde null auch viel getan. So hätten viele Schulen ihre Lehrkräfte bereits für Digitalunterricht weitergebildet und es habe Fortschritte bei der Ausrüstung von Schülern mit adäquater Technik gegeben. Ebenso sei der Distanzunterricht mittlerweile deutlich geregelter und damit vergleichbarer. Hingegen identifizierte Meidinger noch starke Defizite bei dem Abrufen von Mitteln des Digitalpakts, so seinen gerade mal 50% der Schulen mit ausreichender Internetbandbreite ausgestattet. Zudem seien die Lehrer noch nicht mit Dienstlaptops ausgerüstet und die Unterrichtsserver hätten noch nicht ausreichende Kapazitäten. Der Distanzunterricht führe, so Meidinger, insbesondere bei sozial schwächeren Schülern zu starken Defiziten. So häuften sich die Berichte von Lehrern, welche über Wochen ihre Schüler nicht mehr erreichen könnten. In Folge hätten 20% der Schüler große Bildungsdefizite, die seiner Meinung nach nur durch ein Extrajahr ausgeglichen werden könnten. Diesen Überblicksbericht konnte Groh im Anschluss mit Beispielen und Erfahrungen aus dem aktuellen Schulalltag ergänzen. So berichtet er, dass die Thüringer Schulcloud aufgrund fehlender Serverkapazitäten regelmäßig zusammenbreche, gleichzeitig verbiete es aber das Bildungsministerium, alternative Plattformen wie Zoom oder MS-Team zu nutzen. In der Konsequenz könne vielmals Digitalunterricht überhaupt nicht stattfinden, was zu großem Frust bei Schülern, Eltern und Lehrer führe. Auch Tischner war der Meinung, dass die Thüringer Landesregierung die Lehrer massiv mit Datenschutz ausbremse, anstatt adäquaten Distanzunterricht zu ermöglichen. Mit dem Klassenlehrerprinzip für Klasse 5 und 6, also jede Klasse wird nur von dem eigenen Klassenlehrer unterrichtet, würde Thüringen einen unsinnigen Sonderweg gehen. Ebenfalls warb Tischner in seinem Impulsvortrag dafür, Lehrer und Erzieher prioritär zu impfen.
In der abschließenden Diskussion suchten die Gesprächsteilnehmer nach konkreten Verbesserungen für den Distanzunterricht. Tischner identifizierte als Grund für die schleppende Umsetzung des Digitalpakts das Kompetenzgerangel, um die Zuständigkeiten für Anschaffung und Wartung zwischen Land, Bund und Schulträgern. Lösbar sei dies, indem Schulen „Digitalhausmeister“ zur Pflege und Wartung von Schulnetzwerken und Schulhardware anstellen würden. In der Abschlussrunde wagten die Diskussionsteilnehmer einen Ausblick, welche positiven Auswirkungen aus der Pandemiesituation erwachsen werden. Meidinger glaubte, dass die Reaktion und Meisterung des Distanzunterrichts in den Schulen zu einem neuen Selbstbewusstsein führen und den Zusammenhalt im Kollegium fördern werde. Groh hingegen den größten positiven Effekt im enormen Digitalisierungsschub.
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