Der 27. Januar ist der offizielle Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Ein Tag, der zum Nachdenken anregen möchte. Die Konrad-Adenauer-Stiftung nimmt diesen Tag deshalb zum Anlass, um ein Online-Seminar zu veranstalten. Das Programm „Judentum verstehen – Die hohen Feiertage“ vom Verein Kulturelle Begegnungen aus Jerusalem eröffnet die Möglichkeit, sich mit dem Judentum und den Traditionen jüdischer Familien vertraut zu machen. Das jüdische Jahr beginnt im September mit den Feiertagen Rosch Haschana und Jom Kippur. Beide Tage werden auch Gerichtstage genannt, an denen die jüdischen Gläubigen Rechenschaft gegenüber Gott und ihren Mitmenschen ablegen. Welche Bedeutung haben diese Tage für die Gläubigen und wie werden sie in der Familie und in der Synagoge begangen und gestaltet? Diesen Fragen widmete sich der Vortragsabend, der musikalische umrahmt wurde.
Eröffnet wurde das Onlineseminar durch die Leitern der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen, Frau Maja Eib, welche kurz auf die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung einging und für den Jugendwettbewerb „DenkTag“ 2022 warb. Der aktuell wieder ansteigende Antisemitismus in der Gesellschaft, der sich in Anschlägen wie der auf die Synagoge in Halle 2019, den antisemitischen Vorfällen auf Demonstrationen gegen Israel im Frühjahr 2021 oder auch in antisemitischen Schmähungen, Hetze und Bedrohungen in den sozialen Netzwerken zeigt, seien Grund zur Sorge, denn jüdisches Leben bereichere unsere Kultur und benötige unsere Solidarität. Daraufhin wies Maja Eib auf ein Zitat von Konrad Adenauer hin, worin er sich gegen jegliche Form von Antisemitismus aussprach, und erläuterte die Ziele der Veranstaltung mit anschließender Übergabe des Wortes an den Erfurt Stadtratsvorsitzenden und Mitglied der CDU-Fraktion, Michael Panse.
Panse berichtete den Zuschauern, dass er in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung schon seit über 20 Jahren gemeinsam den Gedenktag nutzt, um an Schulen mit Zeitzeugen und Menschen, die für Zivilcourage arbeiten, Begegnungen zu ermöglichen. Anlässlich des Gedenktages war es Panse ein wichtiges Anliegen zudem auch über seine Reisen nach Israel und seine Gedanken zu Yad Vashem zu berichten. Panse führte aus, dass „Die Anstecknadel von Yad Vashem (die auf einem der Bilder zu sehen war) für das Gedenken an die Vergangenheit und die Gestaltung der Zukunft steht. Diese Worte sind für mich Verpflichtung das Andenken an die Vergangenheit zu bewahren und die Erinnerung den künftigen Generationen weiterzugeben.“ Begleitet wurde das Zitat mit einem weiteren Bild aus der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, worauf die bekannte Kuppel mit einer Vielzahl von Menschen zu sehen war, die den Holocaust nicht überlebt haben.
Im Anschluss daran stellte sich Arie Rosen den Zuschauern als Sohn der israelischen Autorin, Lea Fleischmann, und als Experte für kulturelle Begegnungen vor. Rosen wollte den Schwerpunkt der Veranstaltung nicht auf den Holocaust setzen, sondern einladen die Religion Judentum besser kennen zu lernen, exemplarisch wählte er hierfür die Hohen Feiertage zu Beginn des jüdischen neuen Jahres. Er erzählte von Menschen, die sich in dieser Zeit besonders von Israel angezogen fühlen und kam auf den Rabbiner Rabbi Nachman von Brazlaw, welcher die Botschaft verbreitete, dass der Mensch Gott mit Freude dienen soll – beispielsweise auch in Form von Musik, zu sprechen. Passend dazu übergab er dem chassidischen Musiker Yeddida Toledano das Wort, der das Lied „Awinu Malkenu“, ein Neujahrsfestlied, das übersetzt werden kann mit „Unser Vater unser König, Vergib uns für unsere Sünden“, spielte. Nach dieser berührenden Gesangseinlage fuhr Arie Rosen fort und erläuterte den Beginn des neuen Jahres im Judentum. Nach dem Neujahrsfest, Rosh Hashana folgen die 10 Bußtage und Jom Kippur. Innerhalb dieses Zeitraums würde Gott über das Schicksal eines jeden Menschen entscheiden und diesen entweder in das Buch des Lebens oder das Buch des Todes eintragen. Bis zum Jom Kippur habe der Mensch allerdings die Möglichkeit, sein Schicksal von sich abzuwenden, indem er vergangenes Unrecht begleicht. Die Tora dient dabei als moralisches Gerüst. Es folgten weitere Geschichten, dessen Lehre es war, Mitgefühl und Liebe in den Mittelpunkt seines eigenen Lebens zu stellen und Karriere oder Reichtum nicht als notwendig anzusehen, denn am Ende eines Lebens findet ein Jeder sich vor dem Göttlichen Gericht wieder. „Wenn wir auf Gott vertrauen, vertraut Gott auf uns.“, betonte Rosen. Die Liebe zu Gott sei das Wichtigste, auch um bei Schmerz und Leid nicht die Hoffnung zu verlieren. Toledano zeigte den Zuschauern daraufhin das Schofar, ein Widderhorn, dass an den hohen Feiertagen geblasen wird und demonstrierte dessen Geräuschkulisse dann sogleich. Abschließend begleitete er den Schluss der Präsentation mit einem Lied, welches am Ende von Jom Kippur gespielt wird, nachdem Gott sein Urteil gefällt hat.
Daraufhin eröffnete Maja Eib die Fragerunde an die Gäste. Es wurden Fragen gestellt zu den Details der Feierlichkeiten an Jom Kippur, ob z.B. auch in den Familien getanzt und gemeinsam gesunden wird. Arie Rosen bejahte dies und hob die Rolle und Wichtigkeit der Familie im Judentum auch noch einmal hervor. Menschen anderer Religionen wie Christen und Araber würden die Feiertage ebenso respektieren und seien daher bei den Familien herzlich willkommen mitzufeiern. Auf Fragen „wie Vergeben gelingen kann“ betonte Rosen wie wichtig es sei den Menschen aufsuchen und um Vergebung zu bitten. Nach Abschluss der Fragerunde beendete der Musiker Toledano den Abend mit einem Lied von Rabbi Nachman, was übersetzt „Die gesamte Welt ist ein schmaler Steg, fürchte dich nicht“ heißt.
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