Anlässlich des fünften Todestages Helmut Kohls am 16. Juni lud das politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Thüringen am Montagabend zu einem Zeitzeugengespräch im Erfurter Augustinerkloster ein. Mit der Veranstaltung wurden die Verdienste Kohls um Deutschland und Europa gewürdigt, auf seine historische Rede auf dem Erfurter Domplatz am 20. Februar 1990 zurückgeblickt und viele persönliche Momente mit dem „Kanzler der Einheit“ geteilt. Zu diesem Anlass stellte die Stiftung ihre Publikation „Helmut Kohl-1990-Erfurt – Leidenschaftlicher Patriot und Europäer“ vor, an der viele der anwesenden Zeitzeugen mitgearbeitet haben.
Maja Eib, Thüringer Landesbeauftrage der Stiftung, begrüßte die rund 70 Gäste vor Ort sowie die Zuschauer, die den Livestream von zu Hause verfolgten. Sie stellte die Protagonisten vor, die am anschließenden Podiumsgespräch teilnahmen. Das Gespräch moderierte der Journalist und ehemaliger Regierungssprecher im DDR-Kabinett de Maizère, Matthias Gehler. Er unterhielt sich mit Friedhelm Ost, der in der Wendezeit wirtschaftspolitischer Berater Kohls und zuvor ebenfalls als Pressesprecher und Journalist tätig war. Außerdem mit Manfred Ruge, dem Oberbürgermeister der Stadt Erfurt a.D., der die Zeit der Wende miterlebt hat und von einigen sehr persönlichen Begegnungen mit Kohl im Rathaus berichtete. Zudem war Franca Bauernfeind, Vorsitzende des Rings Christlich Demokratischer Studenten und selbst Studentin der Staatswissenschaften in Erfurt geladen, die eine junge Perspektive einbrachte.
Friedhelm Ost und Manfred Ruge beantworteten die Frage: „Was für ein Mensch Helmut Kohl gewesen sei?“ sehr persönlich mit Anekdoten, welche dem Publikum an der ein oder anderen Stelle zum Schmunzeln brachten. „Kohl war ein Machtpolitiker, da er stets zu sagen pflegte, wer keine Macht hat, kann Dinge nicht verändern“, so Ost. „Außerdem war er ein konservativer Mensch mit großen Prinzipien, der daran glaubte, dass eine deutsche Einigung nur mit einer europäischen Einigung möglich ist“. Kohls ehemaliger wirtschaftspolitischer Berater führte weiter aus, dass der Bundeskanzler damals die Gefahr erkannte, dass sich West und Ost –je länger sie getrennt sind- auseinanderleben würden und vor allem junge Menschen keine Beziehung mehr in den Osten hätten, welches ihn sehr bewegte. Zudem reagierte er betroffen, wenn seine Ostpolitik kritisiert wurde. Ost betonte, dass in den Verhandlungen damals deutlich geworden sei, dass Kohl alles für das Ziel der Einigung gegeben hätte.
Der ehemalige Oberbürgermeister von Erfurt erlebte eine ganz persönliche Seite von Helmut Kohl, als dieser im Erfurter Rathaus zu Besuch war. „Nachdem der Smalltalk beendet war fragte Kohl plötzlich: „Wie sieht es denn eigentlich wirklich aus Sicht der Menschen hier in Erfurt aus? Wie geht es Ihnen?“ Ruge berichtete, dass der Bundeskanzler ihn bat seine Mitarbeiter heranzuholen. Es habe sich ein tiefes Gespräch entwickelt und der Kanzler habe großes und ehrliches Interesse für die Bedürfnisse vor Ort gezeigt. Insgesamt habe Ruge ihn als einen sehr bodenständigen und offenen Menschen kennengelernt, der sich auch den Problemen der Wiedervereinigung bewusst war, welches das Zitat des Kanzlers: „Herr Ruge, die nächste Wiedervereinigung mache ich besser“, aufzeige. Sein Fazit zu Kohl: „Er ist der Vater der Einheit und wir haben die deutsche Einheit auch einer gewissen Sturheit, die er an den Tag legte, zu verdanken.“
Franca Bauernfeind reflektierte, das Privileg der nachfolgenden Generationen in einem geeinten Land aufzuwachsen. Auch die jüngere Generation müsse die Vergangenheit kennen, um zu verstehen, dass Demokratie und Einheit nicht selbstverständlich seien. Zudem betonte Bauernfeind die damalige Gradwanderung, das kurze zeitgeschichtliche Zeitfenster für die Wiedervereinigung zu nutzen, was Kohl schaffte.
Gehler knüpfte an und sagte: „Wir haben diese Zeitfenster als Deutsche genial genutzt.“ Er berichtete zudem auch von einigen Begegnungen mit Kohl jedoch „von der anderen Seite“, nämlich aus der Sicht der DDR-Regierung unter de Maizière. Letzterer und Kohl seien nie auf einer Wellenlänge gewesen. Durch die Macht Kohls habe es ein Ungleichgewicht gegeben und es sei nicht immer leicht als Verhandlungspartner gewesen, so berichtet Gehler augenzwinkernd.
Das Schlusswort sprach Michael Hose, Vorsitzender der CDU im Erfurter Stadtrats, und würdigte besonders den Mut Helmut Kohls „einfach mal zu machen!“. Das sollte auch ein Vorbild für die Politik heute sein. Er betonte zudem Kohls Vision des geeinten Europas und sei sich sicher, dass der Kanzler im aktuellen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entschlossen auf der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen würde.
Im Anschluss gab es einen Empfang mit Zeit für persönliche Gespräche. Die historische Rede Kohls auf dem Erfurter Domplatz 1990 wurde mit dem Beamer an die Wand geworfen und sorgte dafür, dass bei vielen Gästen, die diesen Tag selbst miterlebt hatten, ganz persönliche Erinnerungen zurück ins Bewusstsein gelangten.
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