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Unter dem Titel „Wirtschaft – Innovation – Fachkräfte“ fand am 18. April das 37. Erfurter Europagespräch des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung im Audimax der Fachhochschule Erfurt statt.
In Ihrer Begrüßung hob die Landesbeauftragte Maja Eib die Bedeutung der Automobilindustrie im Freistaat Thüringen hervor. Dabei ging sie auf die aktuellen Transformationsprozesse wie bspw. die zunehmende Konkurrenz aus China und den Wandel hin zu mehr E-Mobilität ein. Diese Transformationsprozesse hätten vor allem für die rund 66.000 Mitarbeiter in Thüringen konkrete Auswirkungen, da sich Betriebe mit neuen Technologien auseinandersetzen müssten. Zudem bestünde die Herausforderung, zukünftige Technologien zu erkennen und diese in den Betrieben zu produzieren, um Arbeitsplätze zu erhalten.
Florian Heinitz, Professor für Transportwirtschaftslehre an der Fachhochschule Erfurt (FHE), hob die FHE als Forschungsstandort für neue Technologien im Automobilsektor hervor. Am Beispiel des VW Golf zeige sich, dass deutsche Autos im Ausland sehr beliebt seien. Um in dieser „kritischen Dekade für die Automobilindustrie“ eine Antwort auf „immer neuen asiatischen Automarken“ zu geben, dürfe keine politisierende Diskussion geführt werden. Vielmehr seien Forschung und Entwicklung wichtig, um auch zukünftig die Wirtschafts- und Steuerausgaben aus dem Automobilsektor zu erhalten.
Chancen und Herausforderungen des Transformationsprozesses
In Ihrer Keynote ging Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) auf die Chancen und Herausforderungen des Transformationsprozesses einher. In „beispiellosen Zeiten“ sei die globale Industrie auf einen Austausch angewiesen. Vor allem in Deutschland, wo 70 % der Arbeitsplätze am Export hingen, müsse man sich für ein starkes Europa und eine starke internationale Zusammenarbeit einsetzen. Ein Austritt Deutschlands aus der EU würde einen Wertschöpfungsverlust von 400 bis 500 Mrd. € führen. „Wirtschaft, Gesellschaft und Politik müssen jetzt klären, wie wir in Zukunft leben wollen“ forderte die VDA-Präsidentin. Zu berücksichtigen gelte, dass Transformation „viel mit Physik und Technik zu tun“ habe und „nicht nur mit Politik“. Ziel solle es daher sein ein effizientes Mobilitätsangebot zu schaffen, sodass jeder daran teilhaben könne. Dazu zähle sowohl die Bahn als auch das Auto.
Mit Blick auf den Klimawandel und den engagierten Hochlauf der E-Mobilität (15 Mio. Fahrzeuge bis 2030) warnte Müller davor, Antriebstechnologien und Kraftstoffe per se auszuschließen. „Wir dürfen alternative Kraftstoffe nicht vergessen und müssen hierbei an die Fahrzeuge im Bestand denken. Diese 35 Mio. Autofahrer sollen auch klimaneutral werden!“ Sie setze sich daher für mehr Forschung und Entwicklung ein, auch weil 30 % der Emissionen aus dem Bereich Nutzfahrzeuge stammten. Hierzu brauche es auch eine verbesserte Ladeinfrastruktur. Speditionen müssten immer noch sechs bis acht Jahre warten, bis sie einen Netzanschluss hätten, mit dem sie ihre E-LKW laden könnten, weshalb E-Mobilität nicht interessant sei.
Abschließend hob Müller hervor, dass Deutschland durchaus eine Chance hätte sich den Herausforderungen zu stellen und diese als Chance zu begreifen. Die Digitalisierung sei dabei ein wichtiger Faktor Verkehre zu optimieren und das autonome Fahren zu fördern. Dazu brauche es jedoch weniger Bürokratie, damit Innovationen vor Ort getätigt werden und „Wachstum und Wohlstand nicht in andere Länder abwandern“. Derzeit entspräche die geforderte Transformationsgeschwindigkeit jedoch nicht der staatlichen Geschwindigkeit, so die VDA-Präsidentin.
In Zukunft: Innovationen statt Verbote!?
In der anschließenden Panel-Diskussion wurden die aufgeworfenen Chancen und Herausforderungen diskutiert. Marion Walsmann MdEP, Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, erläuterte, dass die Grenzwertsenkung im Green Deal defacto ein Verbrennerverbot bedeute. Sie halte dieses Verbot für falsch, da bspw. E-Fuels für nicht-urbane Gebiete zukünftig die Teilhabe an Mobilität sichern könnten. Statt einseitigen Verboten sei vielmehr die Weiterentwicklung von Technologien wichtig. Hier sei Deutschland aktuell zu langsam.
VDA-Präsidentin Müller ergänzte, dass es verschiedene Optionen brauche und zuerst Kraftstoffe „defossiliert“ werden müssten, da dies ein großes Einsparpotenzial mit sich bringe.
Auf die Frage nach dem sich verringernden Nutzerverhalten hinsichtlich der E-Mobilität ging Oliver Schäfer, Area Manager bei EUROPCAR Mobility, auf die Chipkrise während der Corona-Pandemie ein. Diese hätte dazu geführt, dass deutsche Hersteller weniger produzieren konnten, und daher viele ausländische Marken importiert wurden. Dies sei auch aufgrund der staatlichen Förderung sehr attraktiv gewesen. „Problematisch ist jedoch, dass chinesische Fahrzeuge oft nicht überall zu reparieren sind. Keiner fährt 200 Kilometer bis zur nächsten Werkstatt.“ Daher würde auch EUROPCAR den Pool an E-Autos aktuell reduzieren.
Rico Chmelik, Geschäftsführer von automotive thüringen e.V., machte deutlich, dass die Thüringer Automobilindustrie durch einen starken Mittelstand geprägt sei. Diese Betriebe würden 50 – 80 % für den Automobilsektor produzieren und seien daher nicht einseitig abhängig. „Der Strukturwandel schlägt nicht überall stark zu“ so Chmelik. Es sei jedoch wichtig sich zukunftsfähig auszurichten. Dabei spielten ein innovativer Innenraum, die veränderte Innenraumnutzung und innovative Software in Bezug auf das autonome Fahren eine wichtige Rolle. Zudem fordere sein Verband die Batteriezellforschung zu fördern, da diese mit über 90 % in asiatischer Hand liege.
Christiane Kilian, Vorständin der Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen (STIFT), hob hervor, dass eine zukunftsfähige Automobilindustrie von einer guten MINT-Bildung abhänge. Zudem sei es sinnvoll, die Schüler-Forschungszentren noch stärker zu nutzen. „Es gibt bisher wenig Erfolgsbeispiele zwischen Start-ups und Unternehmen“ so Kilian. Es müssten Ängste abgebaut werden, um mehr Innovationen zu erreichen. „Wir brauchen mehr junge und schlaue Köpfe in den Unternehmen“.
Wohlstand und Wachstum sichern
In der anschließenden Diskussionsrunde fragte ein Gast, welche Verantwortung die Automobilindustrie in Bezug auf die E-Mobilität habe. VDA-Präsidentin Müller wies darauf hin, dass durch fortschreitende Produktzyklen auch die Preise für E-Fahrzeuge geringer würden. Politischer Einfluss auf Produktzyklen würde durch Erwartungen und Forderungen genommen. Wichtig sei eine international wettbewerbsfähige Politik in Deutschland, um mit dem industriepolitischen Wettlauf Schritt zu halten, um Wachstum und Wohlstand zu sichern. Schäfer ergänzte, dass E-Mobilität überall genutzt werden solle, wo dies sinnvoll sei. Jedoch wünsche er sich auch Technologieoffenheit für eine klimafreundliche Mobilität.
Weitere Fragen bezogen sich auf die Energie- und Geopolitik. Chmelik forderte, internationale Abhängigkeiten zu reduzieren, bspw. durch die Nutzung verschiedener Roh- und Treibstoffe wie bspw. Natrium-Ionen-Batterien. Walsmann wies darauf hin, dass Handelsabkommen eine wettbewerbsfähige Zukunft der Automobilindustrie sicherstellen könnten. Zudem sei es dringend notwendig, die bürokratischen Hürden für das Recycling von Batterien zu senken. Mit Blick auf Forschung und Entwicklung ermutigte Kilian die anwesenden Studierenden auch im Ausland Erfahrungen zu sammeln. In China sei es normal Wissen an ausländischen Hochschulen zu erwerben, um dann vor Ort die Wirtschaft zu stärken. Zudem würde die STIFT Stiftungsprofessuren für die Wirtschaft einrichten, um Innovationen voranzutreiben.
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