รายงานกิจกรรม
In Zusammenarbeit mit der KommunalAkademie lud das Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen am 1. Februar 2018 zur Veranstaltung „Zukunft der Stadt – Stadt der Zukunft“ ein. 100 Gäste kamen, um im Evangelischen Augustinerkloster Erfurt mit zu diskutieren. Maja Eib, Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung für den Freistaat Thüringen, eröffnete das Forum mit aktuellen Fragen rund um das Thema „Wie wollen wir in Zukunft leben“ und richtete einen besonderen Fokus auf die kommenden Veränderungen durch die Globalisierung und Digitalisierung.
Eigenverantwortung statt betreutem Leben
Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Mitglied des Beirates Kommunalpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. bereitete mit seinem Vortrag den Einstieg in die Podiumsdiskussion. Er machte deutlich, dass es Deutschland gut geht. Doch das Land brauche Reformen, beispielsweise hinsichtlich der Bildungs- oder der Einwanderungspolitik, um auch dem demografischen Wandel entgegen wirken zu können. Dabei muss eingesehen werden, dass man nicht jedem gerecht werden kann. Gesetze müssen auf der Grundlage objektiver Kriterien erlassen werden, auch wenn sie im Einzelfall ungerecht erscheinen. Der Staat müsste Eigenverantwortung statt betreutem Leben bestärken. In der Gesellschaft herrsche derzeit die typisch "deutsche Angst", die daraus resultiert, dass es uns eben gut geht. Doch eigentlich sollten wir nur Angst vor Stillstand haben und davor, dass wir aus Angst vor Veränderung die Digitalisierung verpassen. Denn Daten sind das "Öl" des 21. Jahrhunderts. Derzeit existieren keine deutschen Firmen, die an diesem "Öl" verdienen würden. Hierzu bräuchten wir einheitliche Standards und eine digitale Identität. Wie kritisch die Menschen der Digitalisierung gegenüber stehen zeigt sich anhand der Abstimmung zum digitalen Personalausweis, über den negativ entschieden wurde.
Bei allen positiven Effekten, die die Technisierung habe, müsse gesehen werden, dass sie auch Gefahren birgt. Doch "entweder digitalisieren wir oder wir werden digitalisiert", so Landsberg. Künstliche Intelligenz wird qualifizierte Mitarbeiter ersetzten, aber gleichzeitig neue Stellen schaffen, die noch nicht existieren. "Es wird nicht unbedingt schlechter, es wird anders". Die Digitalisierung könne dazu genutzt werden, Konflikte zwischen Stadt und Land zu minimieren. Und auch die Globalisierung, die Mobilität, den Handel und die freie Marktwirtschaft in Deutschland wird sie verändern. Diese Veränderungen sind auch notwendig, wenn man sich die Situation in der Pflege oder die Work-Life-Balance der meisten Arbeitnehmer anschaut. Die Digitalisierung schafft Lebensqualität und ermöglicht Mischformen der Arbeit. Das alles werde nur mit einem flächendeckenden Breitbandsystem funktionieren. Es braucht bundesweite Kompetenzzentren, föderale strategische Zusammenarbeit, rechtliche Rahmenbedingungen und neue digitale Geschäftsmodelle. Wenn das gegeben ist, hat Deutschland eine tolle Zukunft vor sich, so Landsberg.
Impulse und Perspektiven: Weichenstellungen für die Stadt und den Freistaat. Administrative und verkehrstechnische Infrastruktur in Thüringen
Anschließend hielt Franz Schuster, Minister a. D. und Vorsitzender des Günter Rinsche-Kreises der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. sowie Mitglied des Beirates Kommunalpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., den ersten Impulsvortrag. Dabei griff er die geplante Gemeindegebietsreform der Regierung auf und sprach über die negativen Seiten dieser großen Veränderung. Vor allem bezüglich nicht definierter Größenvorstellungen äußerte er sich kritisch. Anhand verschiedener Beispiele verdeutlichte er, warum diese Reform in Thüringen nicht umsetzbar sei. Städte entwickeln sich unterschiedlich. Dies machte sich bei der Fusion der Städte Sonneberg und Hildburghausen bemerkbar. Sonneberg ist eher bayrisch beeinflusst. Weiter nannte Schuster das Beispiel Eisenach, das durch die Reform isoliert wäre. Die Verflechtungen Eisenachs mit den Gemeinden im Norden seien nicht bedacht worden. Nach Schuster funktioniert dieses Konzept in einem Land wie Thüringen, mit fünf Nachbarländern, nicht. Ebenso scheitern solche Vorhaben oft an finanziellen Aspekten. Sowohl das Land als auch die Menschen würden diese Reform nicht akzeptieren. Schuster sieht die Möglichkeiten einer Veränderung ohne Gebietsreform durch beispielsweise einen Vertrag zwischen den Kreisen oder einem Zweckverband, der aufgrund seiner Flexibilität besser zu Thüringen passte.
Die Identität stiftende Stadt I: Europas Erbe bewahren, dargestellt am Beispiel der Stadt Aachen
Marcel Philipp, Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Mitglied des Beirates Kommunalpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., sprach im zweiten Impulsvortrag über das Spannungsfeld zwischen Modernisierung und der Bewahrung des Erbes. Er stellte ein Musikstück des ausländischen Künstlers Hassan Rassouli vor, der ein Lied zu Oochen (Aachen in Mundart) komponiert hat. Phillip beschrieb seine anfängliche Verwunderung darüber, wie gut dieses Stück Aachen beschreibt und die Identifizierung mit der Stadt vorantreibt.
Er warb für eine analytische Weise, wenn man für eine Stadt ein Profil schärfen will. Aachen sei heute diesbezüglich gut aufgestellt, weil es sich auf den Kern reduziert habe: Aachen als Hochschulstadt und Aachen als Europastadt sind die Identitätsanker. Mit seiner Lage im Drei-Länder-Eck, kann es europäische Erfolge verzeichnen. Die Stadt sei stolz drauf, ein Mal jährlich den Karlspreis verleihen zu dürfen. Weiterhin wird das FutureLab (www.futurelab-aachen.de) gefördert, um Menschen aus verschiedenen Kreisen zusammenzubringen, die sich sonst nicht begegnen würden.
Die Identität stiftende Stadt II: Denkmalschutz für morgen, dargestellt am Beispiel der Stadt Erfurt
Marion Walsmann, MdL Ministerin a. D. nutzte für ihre Ausführungen das Beispiel Erfurt. Sie eröffnete ihre Rede mit der Frage, warum zum Reformationsjahr, zum 1275. Jubiläum der Ersterwähnung Erfurts und zum 350. Jubiläum der Zitadelle Erfurt nicht mehr veranstaltet wurde. Sie beantwortete dies damit, dass die Erfurter hinsichtlich ihrer Identität zu zurückhaltend seien. Dennoch gibt es ein starkes Bürgertum vor dem Hintergrund einer großen Geschichte. So wurde beispielsweise die Universität Erfurt als Bürgeruniversität neu gegründet. Unter dem Motto „Dem Vergangenen Zukunft sichern“ wird in Erfurt das Alte bewahrt. Erfurt genießt als Mitte Deutschlands und Europas eine gute geografische Lage. Aufgrund seiner Geschichte und seines Charmes ist die Stadt als Tagungsort beliebt, dies gelte es weiter zu nutzen. Die Herausforderung liege darin, Flächen und Strukturen Umfeld harmonisierend mit Augenmaß weiter zu entwickeln und auszubauen, gleichzeitig Denkmäler zu bewahren. Ein einheitliches Stadtentwicklungsprogramm sei hierfür unverzichtbar.
Der Identität stiftende Landkreis: Heimat bilden für morgen, dargestellt am Beispiel des Landkreises Gotha
Konrad Gießmann, Landrat des Landkreises Gotha stellte schließlich am Beispiel seines Landkreises seine Ideen zum Thema Heimat vor. So stellte er dar, dass insbesondere das historische Moment seit Jahrhunderten unverändert und prägend für die Menschen des einwohnerstärksten Landkreises in Thüringen ist. Der heutige Landkreis Gotha ist im Wesentlichen das Kernland des ehemaligen Gothaer Herzogtums, das seit dem 30-jährigen Krieg bis zum Ende des 1. Weltkrieges Bestand hatte. So existiert dieser Raum seit Jahrhunderten territorial nahezu unverändert, was eine zentrale Prägung nach sich zieht. Mittelpunkt und zentraler Ort dieses Raumes war stets die Residenzstadt Gotha – zunächst als Sitz der Regenten, später der zentralen Verwaltung und Gerichtsbarkeit. In diesem Raum hat sich seither ein typisch lokales Selbstverständnis der Menschen ausgeprägt. Es geht einher mit einer vielfältige Traditionspflege, die bewusst auch hyperlokalen Elementen – etwa die Pflege der Mundart, Trachten und Tänze – ihren Platz zur Entfaltung lässt. Die Menschen verbindet zudem der Stolz einem Erbe verpflichtet zu sein, dass heute auch überregional als Leuchttürme der Gothaer Region wahrnehmen ist: die reizvolle Natur des Thüringer Waldes, die Sammlungen des Barocken Universums und herzoglichen Museums, ein philharmonisches Orchester mit mehr als 360 Jahren Tradition, einen beliebten wie leistungsfähigen Obstgarten des Freistaates und so manches mehr. Und so stiftet genau das positive Zusammenspiel all dieser Faktoren Identität und ein Heimatgefühl, so Gießmann.
Podiumsdiskussion
Philipp Lerch, Leiter der KommunalAkademie der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. leitete in die Podiumsdiskussion über, in dem er verschiedene Definitionen von Heimat vorstellte und das Publikum befragte, was für sie Heimat bedeutet. Die erste Frage richtete sich an Frau Walsmann, die die Chancen Erfurts einschätzen sollte. Walsmann hob noch einmal hervor, dass Erfurt Dank des ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel ein ICE-Knotenpunkt ist, doch die zentrale Aufgabe nun darin bestände auf sich aufmerksam zu machen, ja Menschen das Gefühl zu vermitteln, dass sich das Aussteigen in Erfurt lohnt. Die Mittel, die wir haben, müsse Erfurt nutzen, die BUGA21, der Petersberg oder auch den Status als Kindermedienland (KIKA).
Wie verhält es sich mit den Beziehungen von Stadt und Land und wo sieht man Chancen?
Um den ländlichen Raum zu stärken, muss der Personennahverkehr ausgebaut werden, so Grießmann. Eine gute Vernetzung der Orte erhöht die Mobilität. Insbesondere müssten wieder mehr Maßnahmen ergriffen werden, die das Land attraktiv für junge Menschen machen. Auf die Frage des Moderators "Was die Stadt wiederum vom Land lernen kann?", antwortete Gießmann "menschliche Nähe". Auf dem Land kennt man sich. Man ist oft in Vereinen organisiert und kümmert sich um das gemeinschaftliche Miteinander. Landsberg bekräftigte, die Bedeutung des Landes, die besonders während der zurückliegenden Wahlen deutlich geworden sei. Menschen dürfen sich nicht abgehängt fühlen. Hier ist die Politik gefragt.
Eine Zuhörerin kommentierte die Diskussion. Die Modernisierung sei scheinbar negativ, weil die Verländlichung der Städte ein unheimliches ökonomisches Potenzial bietet, aus dem viele Parteien Gewinn schöpfen möchten. Um dem entgegen zu wirken sollten mehr Wohnungen gebaut und die Bürokratie gelockert werden, damit Mietpreise stabil gehalten werden können. Landsberg griff die Aussagen Walsmanns auf und ging noch weiter. Die Kommunen hätten kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Es muss Reformen geben, die Kosten zu dämmen. Ebenfalls sollte es eine Diskussion darüber geben, was Kommunen finanzieren sollten. Manche Dinge sind wünschenswert, doch nicht machbar, so Landsberg. So sollte abgewägt werden, was Priorität hat.
Digitalisierung und Datenschutz waren ebenfalls Themen der Diskussion. Der Datenschutz wird nach Meinung Landsbergs zu scharf gefasst. Es müsse größeren Handlungsspielraum geben. Der Datenschutz werde vom Staat zwar äußerst ernst genommen, aber sehr viele Verbraucher gingen sehr sorglos mit ihren Daten um, so bei der Nutzung der verschiedensten Netzwerke, ohne dass sie wissen, wie die Daten weiterverwendet werden. Wo bleibe da der Datenschutz?
Schlusswort
Frithjof Kühn, Landrat a. D., stv. Vorsitzender des Beirates Kommunalpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., hielt das Schlusswort. Er sprach über seine negativen Erfahrungen mit zu großen Landkreisen. Strukturen müssen klein gehalten werden, um die Kommunikation nicht zu erschweren. Schließlich drückten die Referenten in kurzen Sätzen aus, was Heimat für sie bedeutet: "Heimat ist da, wo große Interaktion stattfindet"; "Heimat ist da, wohin ich gern zurückkomme"; "Heimat ist da, wo ich mich wohl fühle"; "Heimat ist da, wo meine Freunde sind"...
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