Kirche-on-Demand – Christlicher Glaube im digitalen Raum
YouTube, KAS
Die Facebook-Live-Veranstaltung nahm ein Interviewformat an, wobei der Moderator Benjamin Grau dem Thüringer Online-Pfarrer Ramón Selinger einige Fragen bezüglich seiner Tätigkeit bei der sogenannten „Online-Kirche“ stellte.
Diese Veranstaltung gliedert sich in eine Reihe von Facebook Live-Formaten ein, welche sich mit der Frage der Zukunftsgestaltung beschäftigen. Herr Selinger ist der ehemalige Pfarrer der ersten Online-Gemeinde in Thüringen, welche als Pilotprojekt der Evangelischen Landeskirche Mitteldeutschland bereits im Jahr 2018 initiiert wurde. Dieser lange Planungsvorlauf bot in der aktuellen Corona-Pandemie einige Vorteile, da die Strukturen bereits bestanden, die Aktivitäten der Kirchgemeinde in den digitalen Raum zu verlagern.
Auch wenn es sich hierbei um eine Thüringer Gemeinde handelt, begleitet sie Mitglieder von allen Teilen Deutschlands und darüber hinaus, von „der Nordsee bis zu den Alpen, von Mexiko bis Nepal“, so Herr Selinger. Denn durch die raumüberwindende digitale Aktivität der Gemeinde können die ca. 2500 Mitglieder von allen Orten der Welt miteinander Kontakt halten, Gottesdienste feiern und Seelsorge betreiben. Dadurch konnten Glaube, Hoffnung und der Mut der Gemeindemitglieder, gerade in diesen schweren und oft einsamen Zeiten, durch Gespräche gestärkt werden.
Auch biete die Möglichkeit der anonymen Kontaktaufnahme mit dem Glauben eine niedrigere Hemmschwelle für Personen, die zuvor Berührungsängste mit den Thema Religion aufwiesen. Somit sieht Pfarrer Selinger unter anderem seine Rolle als Gemeindepfarrer so, die Neugierde aller Menschen zu erwecken, jeden Willkommen zu heißen und besonders aufmerksam zuzuhören. Denn für Herrn Selinger bedeutet Kirche nicht Antworten zu geben auf Fragen, die keiner gestellt hat. So hat er zum Beispiel positive Erfahrung mit Gesprächspredigten gemacht, bei denen die Gemeindemitglieder selbst über Themen reden konnten, die ihnen wichtig sind.
Insgesamt betrachtet er die Zukunft der Kirche digitaler, als sie jetzt meistens agiert. Laut Herrn Selinger muss sie auch in strukturschwachen Regionen Präsenz zeigen, nicht aus Marketinggründen, sondern weil sie von den Menschen vor Ort gebraucht wird. Dabei sollte die Zukunft des Glaubens offener für Vielfalt sein, individueller gestaltet und wahrgenommen werden und den inter-religiösen Dialog, auch mit religionsfernen Menschen, suchen. Darüber hinaus plädiert er dafür, dass die Kirche sich generell häufiger in gesellschaftliche Debatten einmischt und den demokratischen Konsens wieder vermehrt mitgestaltet.
Abschließend betonte Herr Selinger noch einmal, dass die „Online-Kirche“ nicht nur den Glauben ebenso gut erleben lässt wie eine herkömmliche Gemeinde, sondern dass neue Wege offenstehen, die gesehen und genutzt werden sollten. Auch bereitet die Arbeit in der Online-Kirchgemeinde ganz besonders viel Freude, so der Pfarrer.
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