Ausgabe: 1/2019
Trumps Rückzug aus der Transpazifischen Partnerschaft
Der von Trump initiierte Ausstieg der Vereinigten Staaten aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) traf zahlreiche Partner der USA in der Region hart. Vor allem Länder wie Japan, die durch wachsende Exporte ihre stagnierende Wirtschaft ankurbeln wollten, hatten viel Mühe und Hoffnungen in das Handelsabkommen gesteckt. Plötzlich sahen sie sich jedoch nicht nur einem gescheiterten, für sie zentralen wirtschaftspolitischen Projekt gegenüber, sondern sogar Vorwürfen, unfaire Handelspraktiken zu betreiben und nichts für eine Verringerung des bilateralen Handelsdefizits zu tun. In Folge verloren die USA im Kreise ihrer Verbündeten in der Region deutlich in ihrem Ansehen als zuverlässiger Partner. Dies betraf nicht nur wirtschaftliche, sondern auch sicherheitspolitische Interessen. Unter Trumps Vorgänger Barack Obama wurde TPP schließlich auch als Gegengewicht zum wachsenden Einfluss Chinas in Asien betrachtet. Durch Pekings selbstbewusstes und strategisches Vorgehen sehen sich die USA bereits seit einer Weile in ihrer Rolle als Ordnungsmacht in der Pazifikregion herausgefordert. Kaum jemand betont dies mehr als Donald Trump. Dementsprechend hätten die geopolitischen Überlegungen hinter TPP sich durchaus mit Trumps Vorstellungen überschnitten. Aus seiner Sicht – diese teilte sogar seine Konkurrentin im Wahlkampf, Hillary Clinton – überwogen jedoch die erwarteten handelspolitischen Nachteile des Abkommens. Im April 2018 kündigte der US-Präsident allerdings an, eine Rückkehr der USA zum transpazifischen Freihandelsabkommen sei unter der Bedingung von Neuverhandlungen möglich. Die Nichtteilnahme der USA an dem schließlich im März 2018 von den elf im Abkommen verbliebenen Staaten unterzeichneten Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership bedeutet jedoch nicht, dass Trump China in der Region frei gewähren lässt – im Gegenteil.
Barack Obama versuchte, als „Pivot to Asia“ den geopolitischen Fokus vom Nahen und Mittleren Osten auf den asiatisch-pazifischen Raum zu legen. Es fehlte ihm jedoch nicht nur die Zeit, sondern eine gesamtheitliche Strategie, um die USA als wichtigsten Handelspartner und Sicherheitsgaranten in Asien zu etablieren. Seit Trumps Amtsantritt prägt vor allem das Free and Open Indo-Pacific-Konzept sowie der Quadtrilateral Security Dialogue die Asienstrategie der USA. Gemeinsam mit Indien, Japan, Australien und weiteren Partnern streben die USA de facto ein Gegengewicht zum wachsenden chinesischen Einfluss in der Region an. Ursprünglich wurde das Indopazifik-Konzept 2007 vom japanischen Premierminister Shinzo Abe entworfen und beworben, als er den quadrilateralen Sicherheitsdialog als informelles strategisches Dialogformat zwischen den USA, Japan, Australien und Indien ins Leben rief.Aufgrund der Uneinigkeit, die unter den beteiligten Ländern über den Umgang mit China herrscht, kam es bisher allerdings zu keinen konkreten Ergebnissen der Initiative. Dies lässt sich am Beispiel Indiens erkennen, welches sich klar dagegen ausspricht, an einem gegen China gerichteten Bündnis zu partizipieren. Im Rahmen des im November 2017 auf den Philippinen durchgeführten Gipfels des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) verständigten sich die ebenfalls anwesenden Staatsoberhäupter der vier „Quad-Staaten“ dennoch darauf, der Initiative wieder neues Leben einzuhauchen. Zudem soll das Konzept des freien und offenen Indopazifiks nicht ohne die südostasiatischen Länder diskutiert werden. Diese sehen sich schließlich nicht nur geografisch im Herzen des Indopazifiks, sondern beanspruchen auch eine Gestaltungsrolle in der Strategie. Dass sich jedoch auch für die ASEAN-Staaten hierdurch eine schwierige Lage ergibt, zeigt das Beispiel Vietnam, welches außenpolitisch versucht, ein ausgeglichenes Verhältnis zu den Großmächten USA und China herzustellen. So ist das Land – genau wie die meisten anderen südostasiatischen Staaten – wirtschaftlich qua Handelsdefiziten eng mit China verflochten und nicht daran interessiert, Kredite, Investitionen und einen moderaten politischen Umgang aufs Spiel zu setzen. Dennoch kommt man sich mit China regelmäßig in Territorialfragen im Südchinesischen Meer in die Quere, sodass die Stärkung des Prinzips der Navigationsfreiheit und die Präsenz der USA in der Region durchaus im sicherheitspolitischen Interesse Vietnams liegen. Da man sich zudem aus handelspolitischen Gründen für offene und sichere Seewege einsetzt, stößt die amerikanische Initiative für einen freien und offenen Indopazifik in Vietnam auf offene Ohren.
Weiter nördlich befindet sich Südkorea in einer ähnlichen Situation. Obwohl das Land, welches seit Jahrzehnten unter militärischem Schutz der USA steht und wirtschaftlich eng mit diesen verbunden ist, aus historischen Gründen ein angespanntes Verhältnis zu China pflegt, kann es sich nicht deutlich gegen die Volksrepublik positionieren. Ein Viertel der südkoreanischen Exporte geht nach China und ein Großteil der Südkorea-Touristen stammt aus dem „Reich der Mitte“. Trumps Versuch, Präsident Moon bei einem persönlichen Treffen im November 2017 davon zu überzeugen, der Indopazifik-Initiative beizutreten, scheiterte letztlich. Südkorea will sich nicht zu einer klaren Positionierung zwischen China und den USA hinreißen lassen. Neben der engen wirtschaftlichen Verflechtung spielt hierbei auch der Annäherungsprozess zwischen den beiden Koreas eine bedeutende Rolle. Seoul ist sich bewusst, dass China als wichtigster Verbündeter und Nachbar Nordkoreas eine bedeutende Rolle in der Befriedung der Halbinsel spielt. Dessen ist sich auch Trump bewusst, der China stärker unter Druck setzte, die VN-Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang stringenter durchzusetzen. Zudem fanden mehrere Gesprächsrunden zwischen amerikanischen und chinesischen Spitzenpolitikern statt, die jedoch zuletzt von den Streitigkeiten in der Handelspolitik überschattet wurden und ein Hindernis bei den Gesprächen über die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel spielen könnten.
Freihandel ohne Amerika?
Aufgrund der geografischen Distanz vertreten die EU-Länder ihre Interessen im asiatisch-pazifischen Raum mit teils anderen Mitteln als die USA. Obwohl auch den EU-Staaten – nicht zuletzt der Exportnation Deutschland – daran gelegen ist, dass die maritimen Handelsrouten in Ost- und Südostasien nicht durch militärische Auseinandersetzungen lahmgelegt werden, sehen sich aus der westlichen Staatengemeinschaft aufgrund ihrer geostrategischen Interessen nur die USA dazu gezwungen, ihren Führungsanspruch im Pazifikraum durch regelmäßige Manöver zu untermauern und so den chinesischen Machtbestrebungen auch militärisch etwas entgegenzuhalten. Deutschland vertritt in der Region neben wertebasierten (entwicklungs-)politischen Interessen, wie z. B. der Sicherung von Frieden, Wahrung von Menschenrechten, Stärkung der Zivilgesellschaft und Schaffung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Perspektiven für junge Menschen, welche auch darauf abzielen, Terror und Extremismus den Nährboden zu entziehen, vor allem wirtschaftliche und globale Interessen wie den Ressourcen- und Klimaschutz. Viele dieser Ziele verfolgt Deutschland dabei nicht bilateral, sondern im Rahmen der EU.
Der Asien-Europa-Gipfel (ASEM) im Oktober 2018 verdeutlichte einmal mehr, wie eng die EU-Länder mit den Staaten Asiens kooperieren. Während die meisten europäischen Akteure und eine Vielzahl der asiatischen Länder in der Vergangenheit eine enge Abstimmung mit den USA suchten, müssen sie seit dem Amtsantritt Donald Trumps und seinem Rückzug aus globalen Abkommen und multilateralen Institutionen nun selbst mehr Verantwortung übernehmen. Der „Iran-Deal“, das Pariser Klimaschutzabkommen, Freihandelsabkommen und die längst überfälligen Reformen der WTO sind nur einige Beispiele für zentrale Anliegen der EU, bei deren Umsetzung sich die EU-Mitgliedsländer stärker selber engagieren und ggf. auch auf andere Partner als die USA zugehen müssen. In Sachen Freihandel konnten EU und Asien bereits einige Erfolge verzeichnen, die auch ein klares Zeichen gegen protektionistische Handelspraktiken und für eine multilaterale Zusammenarbeit setzten. So schloss die EU z. B. jeweils erfolgreich Freihandelsabkommen mit Japan, Vietnam und Singapur ab.
Allerdings sieht die EU in Asien auch neue Herausforderungen entstehen. So werden Chinas rege Aktivitäten im Rahmen der Seidenstraßeninitiative seitens der EU kritisch beobachtet. Mit einem im September 2018 vorgestellten Plan will die EU-Kommission durch die Bereitstellung eines europäischen milliardenschweren Fonds Verkehrs-, Energie- und digitale Infrastrukturprojekte in und mit Asien verbessern. Der Fokus liegt hierbei auf nachhaltigen Projekten, bei denen Arbeitsrechte und Umweltstandards eingehalten sowie die Entstehung von politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten vermieden werden sollen. Die sogenannte Konnektivitätsstrategie ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Stärkung der infrastrukturellen Verbindungen zwischen Europa und Asien, allerdings bleibt das vorgestellte Konzeptpapier an vielen Stellen sehr vage und Ansätze z. B. zur Finanzierung von Konnektivitätsprojekten werden nur unzureichend beschrieben. Zum jetzigen Zeitpunkt kann der Plan zwar als wichtiges Signal an die asiatischen Staaten verstanden werden, aber ob die geplanten Maßnahmen eine attraktive Alternative zu den chinesischen Konnektivitätsinitiativen in der Region darstellen werden, lässt sich derzeit nur schwer abschätzen. Obwohl der Plan offiziell nicht gegen China gerichtet ist, stellt er doch eine klare Reaktion auf die chinesische Seidenstraßeninitiative dar, die von Brüssel oft dafür kritisiert wird, wenig nachhaltige und durch die Vergabe von Darlehen Abhängigkeiten schaffende Projekte in bedürftigen Drittstaaten zu fördern. Auch in Bezug auf handelspolitische Fragen teilen die Europäer viele Kritikpunkte der USA an China. Der Ansatz, den Deutschland und die EU zur Beilegung dieser Unstimmigkeiten verfolgen, unterscheidet sich dabei jedoch von der amerikanischen China-Politik.
Trumps harter Kurs gegenüber China
Kaum ein Thema hat die chinabezogene Berichterstattung der letzten Monate so dominiert wie der Handelskonflikt zwischen der Volksrepublik und den USA. Bereits während des Wahlkampfes warf US-Präsident Trump China unfaire Handelspraktiken, Währungsmanipulation sowie illegale Aktivitäten wie den Diebstahl geistigen Eigentums vor. Im Juli 2018 begann die US-Regierung schließlich, den Worten Taten folgen zu lassen, indem sie erste Strafzölle gegen chinesische Importwaren verhing. Seither überziehen sich beide Länder gegenseitig mit immer höheren Zöllen auf immer mehr Produkte. Während auf der US-Seite vordergründig auf das enorme Handelsdefizit in Höhe von 335 Milliarden US-Dollar verwiesen wird, stecken hinter den verhängten amerikanischen Strafzöllen auf Waren im Wert von inzwischen 250 Milliarden US-Dollar tatsächlich eben jene seit Langem hervorgebrachten Kritikpunkte Trumps, für die Peking nun bezahlen soll.
Die unfairen Handelspraktiken, die der US-Präsident China vorwirft, beziehen sich hierbei vor allem auf die aus staatlichen Subventionen resultierenden Marktverzerrungen, z. B. durch die „Überflutung“ des amerikanischen und globalen Marktes mit billigen Stahl- und Aluminiumexporten. Ein weiterer Dorn im Auge ist Trump der einseitige Technologie- und Knowhow-Transfer, der sich durch den in China nach wie vor in vielen Branchen verbreiteten Joint-Venture-Zwang ergibt. Die fehlende Reziprozität in Investitionsfragen – offene Märkte in den USA und Europa gegenüber dem stark reglementierten chinesischen Markt – waren bereits vor dem Amtsantritt Donald Trumps der Grund für westliche Regierungen, chinesische Investitionen genauer unter die Lupe zu nehmen. Hierbei geht es jedoch nicht darum, Investitionen aus China gänzlich zu blockieren, sondern generell ausländische Investitionen in kritische Infrastrukturen und Schlüsseltechnologien akribischer zu prüfen und auch deren Ursprung genauer zu untersuchen. Vor allem in Bezug auf Investitionen staatlicher Unternehmen, wie sie oftmals aus der Volksrepublik kommen, wünschen sich westliche Regierungen mehr Transparenz bezüglich der Eigentumsverhältnisse und der Finanzierung.
Noch in den letzten Monaten der Obama-Administration warnten US-Sicherheitsbehörden die deutsche Bundesregierung vor dem Verkauf des deutschen Chipanlagenbauers Aixtron an chinesische Investoren. Nachdem die erfolgreiche Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch die chinesische Midea-Gruppe zuvor bereits für Kritik gesorgt hatte, konnte der Verkauf Aixtrons noch unterbunden werden. Während inzwischen also nicht nur die USA, sondern auch die deutsche Regierung chinesische Investitionen im eigenen Land genauer untersucht und die unzureichenden Investitionsbedingungen in China immer lauter kritisiert, bleibt der Drang deutscher und amerikanischer Unternehmen auf den chinesischen Markt trotz wachsender Unzufriedenheit über Regulierungen und Restriktionen vorerst ungebrochen. Doch genau dies will Trump nun massiv reduzieren. Regelmäßig animiert er US-Unternehmen dazu, ihre Produkte nicht in China oder anderen Niedriglohnländern, sondern in den USA produzieren zu lassen. Mit dieser Politik will er nicht nur Arbeitsplätze in den USA sichern bzw. schaffen, sondern vor allem den Abfluss von Technologie und Wissen nach China bremsen. An diesem Punkt setzen letztlich auch die gegen China gerichteten Strafzölle an. Ein Großteil der im Juli mit Zöllen überzogenen chinesischen Produkte ist den von Chinas Industriestrategie „Made in China 2025“ geförderten Branchen zugehörig. Der US-Regierung geht es nämlich nicht nur um Fragen des Handels, sondern auch um die Eindämmung des ambitionierten chinesischen Entwicklungsprogramms, welches die Volksrepublik bis zum Jahr 2025 zur führenden Industrienation der Welt aufsteigen lassen soll.
Diese industrie- und handelspolitischen Maßnahmen sind Bestandteile der derzeitigen US-Politik gegenüber China, welche im wirtschaftlichen Aufstieg des Landes auch ein strategisches Problem sieht. In der Ende 2017 erschienenen nationalen Sicherheitsstrategie der USA, welche China genau wie die kurz darauf veröffentlichte nationale Verteidigungsstrategie als eine der drei größten Herausforderungen für die USA nennt, wird die Volksrepublik neben Russland als ein Staat bezeichnet, der „Macht, Einfluss und Interessen“ der USA herausfordere sowie „Sicherheit und Wohlstand“ in den Vereinigten Staaten untergrabe. Viele der von Trump hervorgebrachten Kritikpunkte an China decken sich mit denen der Obama-Regierung. Vor allem bezüglich der staatlich geförderten Überproduktionen setzte auch Obama die Volksrepublik unter Druck. Der größte Unterschied dürfte darin liegen, dass die vergangene Administration WTO-Kanäle nutzte, um mit China einen offenen Diskurs über die Meinungsverschiedenheiten zu pflegen, während Trump China nun öffentlich verurteilt und dabei bewusst das WTO-System umgeht. Sein offen ausgetragener konfrontativer Kurs gegenüber China unterscheidet sich damit vom deutschen bzw. europäischen Ansatz.
Peking ist nicht das neue Washington!
Die deutsche China-Politik ist seit Langem geprägt von den engen wirtschaftlichen Verflechtungen beider Länder. Während China bereits vor zwei Jahren Deutschlands wichtigster Handelspartner wurde, ist die Bundesrepublik der mit Abstand größte wirtschaftliche Partner Chinas in Europa. Seit dem Amtsantritt Donald Trumps sieht sich die Bundesregierung jedoch in einer bisher ungekannten Lage in ihrer Politik gegenüber China.
Bereits einen Monat vor den ersten Zollerhebungen auf chinesische Produkte trafen die ersten Strafzölle europäische Stahl- und Aluminiumexporte. Somit sind sowohl Deutschland als auch China – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – von der protektionistischen US-Handelspolitik betroffen. Ebenfalls übten beide Länder Kritik an Trumps Abkehr vom Pariser Klimaschutzabkommen, dem Atom-Deal mit dem Iran sowie der multilateralen, auf ordnungspolitischen Regeln basierten Weltwirtschaftsordnung. Für die Volksrepublik boten diese Wendungen in der US-Politik eine willkommende Gelegenheit, sich auf der Weltbühne als vermeintlich vernünftigerer Partner darzustellen. Der chinesischen Regierung dürfte der Gedanke an ein gemeinsames Bündnis mit Deutschland und dem Rest von Europa gegen die USA gefallen. Allerdings zeigte sich während der am 9. Juli 2018 – und somit nur wenige Tage nach Inkrafttreten der ersten amerikanisch-chinesischen Strafzölle – durchgeführten Fünften Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen, dass Kanzlerin Merkel genau diesen Eindruck eines gegen die USA gerichteten Bündnisses mit China vermeiden will. Obwohl man Peking über den regen Warenaustausch sukzessive näher gekommen ist, bleiben systemische und ideologische Differenzen weiter bestehen. Mit den USA hat man in diesem Bereich einen traditionellen Verbündeten, der ungeachtet der derzeitigen Differenzen langfristig ein strategischer Partner Deutschlands bleiben wird.
Darüber hinaus kann sich die Bundesregierung mit einigen von Trumps Kritikpunkten an China klar identifizieren. So stellt der Verlust geistigen Eigentums, Marktbeschränkungen in China und – wie oben beschrieben – die Sorge vor staatlich gesteuerten strategischen Investitionen in heimische Schlüsseltechnologien aus deutscher Sicht ein großes Problem dar. Schließlich zielt Chinas „Made in China 2025“-Strategie – welche sich im Übrigen die deutsche Industrie 4.0 zum Vorbild nahm – nicht zuletzt auf Branchen wie den Automobil-, Flugzeug-, Maschinen- und Anlagenbau ab, in denen Deutschland eine bedeutende globale Rolle einnimmt. Die erfolgreiche Umsetzung der chinesischen Entwicklungsstrategie würde daher mit einem Bedeutungsverlust deutscher Unternehmen in diesem Bereich einhergehen. Derzeit überwiegen zumindest die Sorgen um die wachsende Konkurrenz vor der Aussicht auf neue Kooperations- und Zuliefermöglichkeiten. Ungeachtet dessen wird China aufgrund seiner schieren Größe und wachsenden Mittelschicht seine Attraktivität als wichtigster Absatzmarkt für zahlreiche deutsche Unternehmen in absehbarer Zeit kaum verlieren. Allerdings sollten sich auch deutsche Firmen nicht in eine zu große Abhängigkeit gegenüber China begeben, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie erst jüngst warnte. Unklar ist zudem momentan, welche Ausmaße der Handelskonflikt zwischen den USA und China noch annehmen und ob Washington – ähnlich wie beim Iran-Deal – Deutschland unter Druck setzen wird, sich deutlicher zu positionieren. Hieraus könnte sich für die Bundesregierung eine schwierige Situation ergeben.
Generell könnte der Handelsstreit zwischen den USA und China für die EU sogar Vorteile bringen. Derzeit scheint der Fokus der amerikanischen „Strafzoll-Politik“ mehr auf der Volksrepublik als auf den europäischen Ländern zu liegen. Zudem sucht Trump nach Verbündeten im Handelskonflikt mit China, sodass mit den europäischen Partnern oder auch Kanada und Mexiko ein schnellerer Kompromiss in den eigenen Streitpunkten gesucht werden könnte, um mit diesen Ländern anschließend mit einer gemeinsamen Stimme auftreten zu können. Zudem gaben mehrere EU-Handelsdiplomaten an, dass das Momentum, welches Trump mit den Strafzöllen gegen China erzeugt habe, genutzt werden könne, um Peking zur strengeren Umsetzung der WTO-Regeln in Bezug auf staatliche Subventionen zu bewegen. Ein erster – und deutlich weniger konfrontativer – Schritt in die richtige Richtung wäre sicher das derzeit verhandelte Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China. Sollte es in naher Zukunft erfolgreich umgesetzt werden, würde dies perspektivisch die Chancen auf Überlegungen für ein europäisch-chinesisches Freihandelsabkommen deutlich erhöhen.
Bis dahin würden jedoch zahlreiche Gesprächsrunden und vor allem eine Öffnung der chinesischen Märkte von Nöten sein. Zuletzt schloss EU-Kommissionspräsident Juncker Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit China auf kurze Sicht zumindest aus. Zudem wäre es möglich, dass die US-Regierung das Freihandelsabkommen mit der EU an Bedingungen knüpft, die es den europäischen Ländern schwieriger machen, ein entsprechendes Abkommen mit China zu erreichen. In dem neuverhandelten Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada existiert bereits eine Klausel, die es den beteiligten Staaten ermöglicht, aus dem Pakt auszusteigen, sollte eines der anderen Mitgliedsländer in Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Nicht-Marktwirtschaften wie China gehen. Sollten die USA ähnliche Bedingungen in den Abkommen mit der EU und z. B. Japan stellen, könnte Trump seinem Ziel, China im globalen Handelssystem zu isolieren, einen Schritt näher kommen. Um jedoch einen wie von der EU und den USA geforderten fairen Handel zu erreichen, sollten Brüssel und Washington davon absehen, sich gegenseitig mit Strafzöllen zu überziehen. Deutschlands Freihandelsabkommen in Asien sowie die Fortschritte der USA bezüglich des Freihandelsabkommens mit Mexiko und Kanada zeigen, dass für beide beteiligten Seiten gewinnbringende Lösungen gefunden werden können und Freihandel kein Nullsummenspiel ist. Nur gemeinsam können die EU und die Vereinigten Staaten letztlich auch das bestehende System so anpassen, dass Länder, die bisher überproportional stark vom derzeitigen Handelssystem profitiert haben, sich an die gleichen Spielregeln halten müssen wie sie selber. Fest steht jedoch, dass die existierenden Institutionen nur gemeinsam mit China, welches sich schließlich zu multilateralen Institutionen wie der WTO und zum Freihandel bekannt hat, reformiert werden können, um so faire Bedingungen für alle Seiten zu schaffen.
Rabea Brauer ist Leiterin des Teams Asien und Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Alexander Badenheim ist Referent im Team Asien und Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung.
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