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Politische Kurzberichte der KAS-Auslandsbüros

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Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

Europawahl 2024

Barrierefrei?

In der Europäischen Union ist die fehlende Gleichstellung von Menschen mit Behinderung noch immer allgegenwärtig. Zur Europawahl 2019 zeigte ein Bericht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, dass etwa 800.000 EU-Bürgerinnen und -Bürger aus 16 Mitgliedstaaten, aufgrund nationaler Vorschriften wegen ihrer Behinderungen oder psychischen Erkrankung vom Recht auf Teilnahme an den Europawahlen ausgeschlossen waren. Anlässlich der Europawahl im Juni 2024 ist das Thema wieder virulent, denn es geht auch um mangelnde politische Teilhabe. Hier eine kleine Einschätzung unserer KAS-Kolleginnen und Kollegen, die sich die aktuellen Bedingungen in ihren Einsatzländern angesehen haben.

2024 Halla Tómasdóttir

Island hat eine neue Präsidentin

Mit 80,8 % eine sehr hohe Wahlbeteiligung, 75% der Stimmen fielen auf weibliche Kandidaten

Eine einfache Mehrheit von 34,3% reichte am Samstag, um die Entscheidung herbeizuführen: Halla Tómasdóttir, 55 Jahre alt, erfolgreiche Geschäftsfrau mit sozialem Engagement, wird 7. Präsidentin Islands seit der Gründung des Landes 1944. In diesem Jahr feiert Island 80 Jahre seit Ausrufung der Unabhängigkeit von Dänemark. Alle 12 Kandidaten für die Präsidentschaftswahl waren als Unabhängige angetreten, auch Katrín Jakobsdóttir, noch bis vor kurzem Ministerpräsidentin, Krimiautorin und Vorsitzende der grün-linken Bewegung, welche Teil der derzeitigen Regierungskoalition ist. Sie erreichte mit 25% nur den zweiten Platz, nachdem sie lange als Favoritin für den Posten galt. Für die Präsidentschaftskandidatur war sie von all ihren Ämtern zurückgetreten. Die Rolle des isländischen Präsidenten ist eine repräsentative. Neben der Ernennung des Ministerpräsidenten und der Minister teilt der Präsident sich die legislative Macht mit dem Parlament, da er die Gesetze unterschreiben muss und somit über ein Veto verfügt. Es ist nicht die Aufgabe des Präsidenten, Abkommen mit ausländischen Staaten zu schließen. Trotzdem kann dieser Türen öffnen, die Abkommen erleichtern.

IMAGO / Lehtikuva

Finnland setzt auf populäre Außenpolitiker in Krisenzeiten

Alexander Stubb nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen auf Platz eins

Finnland genießt spätestens seit dem NATO-Beitritt des Landes im April 2023 und aufgrund seiner umfassenden Strategie von wehrhafter Demokratie („Totalverteidigung“) besondere Aufmerksamkeit im sicherheitspolitischen Kontext. Hybride Attacken von russischer Seite haben seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch zugenommen. Zuletzt hatte Finnland alle seine Grenzposten im Osten wegen aus Russland gesteuerter Migration schließen müssen. Der finnische Staatspräsident, der alle sechs Jahre direkt gewählt wird, ist Oberbefehlshaber der Armee, sein Aufgabenbereich liegt in der Ausfertigung von Gesetzen, Ernennung von Ministern sowie insbesondere auch in der Außen- und Sicherheitspolitik. Noch-Amtsinhaber Sauli Niinistö hatte den Weg von der Antragsstellung seines Landes bis zur NATO-Mitgliedschaft besonnen und zielstrebig mit einem überragenden Votum der finnischen Bevölkerung verhandelt und dadurch auch international viel Anerkennung erfahren. Alexander Stubb, ebenso wie Niinistö von der konservativen Sammlungspartei, wird nun wahrscheinlich seine Nachfolge antreten. Er kam am Wahlabend auf 27,2% der Stimmen, allerdings dicht gefolgt von Pekka Haavisto, ehemals grüner Außenminister im Kabinett Marin, mit 25,8%.

Ninni Andersson/Regeringskansliet

Herausforderungen für Schweden ein Jahr nach Regierungsbildung

Regierung verliert an Zustimmung, Schwedendemokraten legen zu

Die Regierung Kristersson ist seit einem Jahr mit Unterstützung der rechtsnationalen Schwedendemokraten im Amt. Die schwedische Politik steht vor großen Herausforderungen, insbesondere in der Sicherheitspolitik. Das Land wird von einer Gewaltwelle erschüttert und der Beitritt zur NATO steht weiterhin aus. Während die Regierungsparteien an Zustimmung verlieren, können die Schwedendemokraten von ihrer Rolle zwischen Regierung und Opposition profitieren.

IMAGO / Lehtikuva

Regierungsarbeit unter Einbindung rechtsnationaler Parteien

Aktuelle Erfahrungen aus Schweden und Finnland

Seit Herbst 2022 hat Schweden eine konservative Minderheitsregierung aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen, gestützt durch ein Kooperationsabkommen mit den rechtsnationalen Schwedendemokraten (SD), das sogenannte „“. Auch wenn die Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung, dem Ausbau von Atomkraft sowie bei Wirtschafts- und Budgetfragen zu funktionieren scheint, nimmt die Schärfe an Rhetorik der SD zu Schwedens Rolle in der EU, zur Migration und dem Islam zu. Obwohl die Schwedendemokraten offiziell den NATO-Beitritt nach Russlands Angriffskrieg befürworten, erschwert das die Ratifizierung des NATO-Beitritts durch die Türkei und trägt zur Destabilisierung der Inneren Sicherheit von Schweden bei.

Seit Juni 2023 hat auch Finnland eine konservative Regierung, in welcher – anders als in Schweden – die rechtsnationalen Basisfinnen (PS) Koalitionspartner sind und ihnen die Leitung von acht Ministerien übertragen wurde. Bereits wenige Tage nach der Regierungsbildung zeigten sich erste Risse – der Wirtschaftsminister der PS musste aufgrund seiner „“ zurücktreten, zwei weitere Minister der PS entschuldigten sich öffentlich für „“ Auch die Finanzministerin und Parteivorsitzende der PS steht aufgrund von früheren gewaltvollen, ausländerfeindlichen Blogeinträgen unter Druck. Der Vorsitzende der konservativen Sammlungspartei und Ministerpräsident Orpo hat nun direkt nach der Sommerpause die Parteivorsitzenden der Regierungsparteien zu einer „“ gegen Rassismus und Diskriminierung eingeladen. Man ist im Ergebnis zuversichtlich, gemeinsam in der Regierungsarbeit voranzukommen. Dies war sehr wichtig für ein Fortbestehen der Koalition, da die sich häufenden Skandale um rechte PS Politiker oder deren Äußerungen die drei anderen Koalitionsmitglieder stark unter Druck gesetzt hat.

Flickr / President Of Ukraine

Schwedens EU Ratspräsidentschaft

Stabiles Navigieren im Krisenmodus.

Schweden hat seit Beginn des Jahres die Europäische Ratspräsidentschaft inne. Die Prioritäten der Ratspräsidentschaft sind Sicherheit und Einigkeit, Wohlstand und grüne Transformation, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit sowie demokratische Werte und Rechtsstaatlichkeit. Dieser Artikel ist eine erste Auswertung des bisherigen Agierens der neuen liberal-konservativen Regierung. Schwedens größter bisheriger Erfolg in seiner Vorsitzrolle ist die Aufrechterhaltung der sicherheitspolitischen Einigkeit und die Unterstützung der Ukraine in auch ökonomisch turbulenten Zeiten.

REUTERS / Reuters Staff

Wahlen in Finnland

Gewählt um glücklich zu bleiben? Finnland steht mit dem Wahlsieg der Konservativen vor einem Regierungswechsel

Eine hohe Lebensqualität, Geschlechtergerechtigkeit, die Nähe der Menschen zur Natur, das Fehlen von Korruption und die Bedeutung von demokratischen Wertvorstellungen bilden die Grundpfeiler für das Selbstverständnis der finnischen Gesellschaft. Das sechste Jahr in Folge hat der World Happiness Report der Vereinten Nationen nach diesen Kriterien Finnland zum Land mit den glücklichsten und zufriedensten Menschen auf der ganzen Welt erklärt. Mit der Politik waren die Wähler dann aber offensichtlich doch nicht zufrieden. Die immer häufiger als ungenügend wahrgenommenen Leistungen des Wohlfahrtsstaats bei Bildung und Gesundheit, hohe Energie- und Lebenshaltungskosten sowie die im nordischen Vergleich extrem hohen Staatsschulden waren genau die Themen, welche den Wahlkampf der letzten Wochen dominierten und letztendlich dazu führten, dass die sozialdemokratische Koalition nach nur vier Jahren wieder abgewählt wurde.

Julian Tucker / KAS

Die schwedische Riksdagswahl

Ein knapper Wahlausgang

Mehr als eine „Strompreiswahl“ – Mitte-Rechts-Block steht mit knappem Vorsprung vor Regierungsbildung. Rechtsnationale Schwedendemokraten kommen auf über 20 Prozent und liegen damit auf Platz zwei nach den Sozialdemokraten. Prognosen hatten einen denkbar knappen Wahlausgang vorhergesagt. Trotz eines Ergebnisses der Sozialdemokraten über 30 Prozent liegt nach einer langen Wahlnacht Montag früh der Mitte-Rechts-Block von Ulf Kristersson knapp vor dem Mitte-Links-Block von Magdalena Andersson.

Kotivalo, CC0, via Wikimedia Commons

Eine Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands in der NATO ist wahrscheinlicher geworden

Die Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der Nordischen Länder haben seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar zu einer Aufgabe jahrzehntelanger Gewissheiten geführt. Die Zustimmung in der Bevölkerung Schwedens und Finnlands zu einem NATO-Beitritt ist seitdem exponentiell gestiegen. In Finnland waren nach Angaben von YLE in der letzten Woche bereits 53% dafür (gegenüber 19% noch 2017), 28% dagegen. In Schweden veröffentlichte Aftonbladet am 4. März eine Umfrage, nach der es in Schweden mit 51% (gegenüber stabilen 30% in den Jahren zuvor) ebenfalls eine Mehrheit für den Beitritt gibt, 27% sind dagegen. Dies ist ein klarer Meinungsumschwung in der Bevölkerung und auch ein Ausdruck dessen, dass Russland zunehmend als Bedrohung gesehen wird. Die neue Dimension der Stimmung pro NATO in der Bevölkerung hat mit atemberaubender Geschwindigkeit auch die Debatten um eine Abkehr von der Allianzfreiheit in den Parlamenten beider Länder vorangetrieben. Bislang sind die jeweils regierenden Sozialdemokraten noch mehrheitlich gegen eine Mitgliedschaft. Aber auch das kann sich in den nächsten Tagen ändern – insbesondere in Finnland. Der Druck wächst. 75-80% der Bevölkerung in Schweden und Finnland geben an, dass sie Angst vor Russland als Großmacht haben (gegenüber 38% in Schweden 2019). Offensichtlich ist bereits jetzt, dass sich die Beziehungen zu Russland im Norden Europas nachhaltig verändern werden.

Victor Svedberg / flickr / CC BY-NC-ND 2.0 / creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/

Schweden hat erstmalig eine Ministerpräsidentin

Magdalena Andersson im zweiten Wahlgang gewählt

Nun ist es durch: Magdalena Andersson, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei (S) Schwedens und bislang Finanzministerin, wurde im zweiten Versuch diesen Montag knapp zur neuen Ministerpräsidentin gewählt. 173 stimmten gegen sie, 101 für sie und 75 enthielten sich. In Schweden gilt, dass man gewählt ist, wenn man keine Mehrheit gegen sich hat, Enthaltungen gelten somit als Jastimmen. Sie wird zukünftig eine sozialdemokratische Ein-Parteien-Minderheitsregierung anführen, da der Koalitionspartner, die grüne Umweltpartei (MP), sich letzten Mittwoch überraschend aus der Regierung zurückgezogen und Frau Andersson damit nach nur 8 Stunden im Amt zum Rücktritt gezwungen hatte.

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Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist in rund 110 Ländern auf fünf Kontinenten mit einem eigenen Büro vertreten. Die Auslandsmitarbeiter vor Ort können aus erster Hand über aktuelle Ereignisse und langfristige Entwicklungen in ihrem Einsatzland berichten. In den "Länderberichten" bieten sie den Nutzern der Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung exklusiv Analysen, Hintergrundinformationen und Einschätzungen.

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