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Parlamentswahlen in Rumänien

EVP-Mitglied Demokratisch-Liberale Partei gewinnt mit knappem Vorsprung

Die Demokratisch-Liberale Partei (PD-L) hat sich bei den Parlamentswahlen knapp gegen die Sozialdemokraten durchgesetzt. Die als Minderheitsregierung regierenden Liberalen (PNL) erreichten den dritten Platz. Nur die Wahlallianz aus Sozialdemokraten und Konservativen (PSD-PC), drei weitere Parteien sowie die Vertreter der Minderheiten werden ins Parlament (Abgeordnetenhaus und Senat) einziehen.

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Zu vergeben waren 315 Mandate für das Abgeordnetenhaus und 137 Mandate für den Senat. Das Wahlergebnis fiel denkbar knapp aus. Nach den ersten Hochrechnungen auf der Grundlage von Befragungen führten zunächst die Sozialdemokraten PSD mit einem Vorsprung von sechs Prozent der abgegebenen Stimmen. Die PSD um den Spitzenkandidaten und Parteivorsitzenden Mircea Geona erklärten sich zum Sieger der Wahlen.

Nach Auszählung von ca. 70 Prozent der Stimmen führte allerdings die PD-L, nach Auszählung aller Stimmen konnte dann aber die PSD einen leichten Vorsprung von ca. 0,7 Prozent im Repräsentantenhaus und ca. 0,6 Prozent im Senat verbuchen. Bedingt durch das Wahlsystem und die damit verbundene Verteilung der Mandate konnte die PD-L schlussendlich jedoch insgesamt drei Mandate mehr erzielen als die PSD und wird damit stärkste Kraft im Parlament.

Die 18 anerkannten Minderheiten erhalten jeweils einen Sitz im Abgeordnetenhaus Niedrige Wahlbeteiligung

Nur 39,26 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an den Wahlen teil. Dieses ist die niedrigste Wahlbeteiligung an Parlamentswahlen in Rumänien seit Ende des Kommunismus.

Auffallend war insbesondere die niedrige Wahlbeteiligung in den Städten (36%), während in den ländlichen Gebieten immerhin noch 44 Prozent der Wähler ihr Wahlrecht nutzten. Niedrige Wahlbeteiligungen in den urbanen Zentren wirken sich vor allem negativ auf die PD-L aus, die hier traditionell eine größere Unterstützung erhält. Ganz offenbar gelang es der PD-L nicht wie erhofft, ihre Wähler in den Städten und in der jüngeren Bevölkerung ausreichend zu mobilisieren.

Neben dem allseits spürbaren Parteienverdruss in der rumänischen Bevölkerung dürfte gerade in den Städten der Wahltermin, der Sonntag vor dem Nationalfeiertag am 1. Dezember, für die niedrige Beteiligung in den Städten verantwortlich sein. Gewöhnlich nutzt die Stadtbevölkerung verlängerte Wochenenden für Ausflüge aufs Land. Eine Briefwahl war nicht möglich. Allerdings verringerte sich auch in den ländlichen Gebieten die Wahlbeteiligung gegenüber den Kommunalwahlen vom Juni ganz erheblich.

Erfolg für PD-L

Trotz des knappen Wahlausgangs ist die PD-L eindeutiger Gewinner der Wahl. Sie konnte ihre Zahl von Abgeordneten von 96 auf 166 steigern. Die Sozialdemokraten erreichten in der Wahlallianz mit der Konservativen Partei PC (früher Humanitäre Partei) 27 Mandate weniger als bei den Parlamentswahlen 2004. Die regierenden Nationalliberalen PNL, die seit 2007 gemeinsam mit dem Ungarnverband eine Minderheitsregierung bilden, konnte im Vergleich zur jetzigen Sitzverteilung um 9 Sitze verbessern. Der Ungarnverband, wie PD-L Mitglied der Europäischen Volkspartei, konnte sich erneut auf seine – ungarnstämmige - Klientel verlassen und übersprang die Wahlhürde von fünf Prozent.

Extremisten bleiben außen vor

Die Großrumänische Partei (PRM) des Ceaucescu-Veteranen Vadim Tudor schaffte den Einzug ins Parlament ebenso wenig wie die Partei Neue Generation (PNG) des Unternehmers und Vorsitzenden des Fußballsclubs Steaua Bukarest, Gigi Becali. In beiden Parteien hatte es schon vor den Wahlen Auflösungserscheinungen gegeben, da die erstmals angewandte Direktwahl die Chancen für kleinere Parteien verringerte.

Problematisches neues Wahlrecht

Das erst im März 2008 beschlossene und als Direktwahl angekündigte Wahlrecht konnte sich nicht bewähren. Nach diesem Wahlrecht wurde Rumänien in Wahlkreise für die Abgeordnetenkammer und Wahlkreise für den Senat aufgeteilt, in denen jeweils ein Kandidat der Parteien antrat. Direkt gewählt wurde der Kandidat mit 50 Prozent plus einer Stimme.

Tatsächlich gewannen nur 90 Kandidaten ihr Mandat über diese Direktwahl. Die restlichen Kandidaten kommen über eine Mandatsverteilung ins Parlament, die sich aus der Stimmenzahl der jeweiligen Parteien in den Kreisen und auf nationaler Ebene errechnet. Ein Kandidat der Partei x mit 49 Prozent der Stimmen in einem Wahlkreis konnte demnach gegenüber einem anderen Kandidaten der Partei y den Nachteil haben, der im Wahlkreis zwar nur 15 Prozent bekommen, dessen Partei aber insgesamt stärker abgeschnitten hat als die Partei des Kandidaten y. In einem Fall gelang einem Abgeordneten der Einzug ins Parlament, der nur 34 Stimmen auf sich vereinigen konnte, während Kandidaten mit 10.000 Stimmen nicht zum Zuge kamen. Ein solches Wahlsystem ist demokratiepolitisch schwer vermittelbar. Direkt im Anschluss an die Wahlen wurde so auch die Änderung des gerade beschlossenen Wahlrechts gefordert.

Neue politische Klasse?

Durch die Parlamentswahlen kommt nun auch eine neue Generation von Politikern ins Parlament, die den vom rumänischen Staatspräsidenten Basescu geforderten Generationswechsel der politischen Klasse verkörpern sollen. Dennoch bleiben Altlasten. Die Auflistung der direkt gewählten Parlamentarier liest sich streckenweise wie die Vorladungsliste der Nationalen Antikorruptionsbehörde. So wurden der Korruption verdächtigte Politiker wie Adrian Nastase, Miron Mitrea, Serban Mihailescu (alle PSD) und Dan Voiculescu (PC-Konservative) mit großen Mehrheiten gewählt. Ein gewählter Kandidat der PNL befand sich zum Wahltag gar in Haft.

Verschiebung der politischen Landkarte

Die regionale Verteilung der Mandate zeigt, wie sich die PD-L vor allem in den besser entwickelten Regionen des Landes durchsetzen konnte, während die Armutsregionen im Süden und Osten des Landes weiterhin mehrheitlich für die Sozialdemokraten wählen (siehe Grafik, Quelle: Adevarul vom 2.12.2008). In der Hauptstadt Bukarest erzielte die PD-L ein deutlich besseres Ergebnis als die PSD.

Regierungsbildung unklar

Gemäß der rumänischen Verfassung wird Staatspräsident Traian Basescu nun Gespräche mit denen im Parlament vertretenen Parteien führen und anschließend einen derer Vertreter mit der Regierungsbildung beauftragen. Da keine der Parteien mehr als 50 Prozent der Sitze im Parlament erreichen konnte, muss der Präsident nicht zwingend den Kandidaten der stärksten Fraktion beauftragen.

Die Regierung muss dann durch das Parlament bestätigt werden, gelingt dieses zwei Mal nicht, erfolgen Neuwahlen. Die Verhandlungen der Parteien und Gespräche mit dem Staatspräsidenten haben bereits begonnen und sollen noch vor Weihnachten abgeschlossen werden. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Basescu einen Kandidaten der PD-L mit der Regierungsbildung beauftragen wird.

Mögliche Koalitionen könnten dann PD-L und PNL oder auch PD-L und PSD sein. Auch die Bildung einer Minderheitsregierung der PD-L, eventuell mit dem Ungarnverband und Vertretern der Minderheiten, wäre möglich, wenn Abgeordnete der PSD und/oder PNL nach einer gescheiterten Regierungsbildung im ersten Anlauf keine Neuwahlen riskieren wollen und im zweiten Anlauf für die Minderheitsregierung stimmen. Denkbar wäre auch eine Koalition zwischen den Sozialdemokraten und den Liberalen. Allerdings gibt es in allen Parteien Gegner für jedes Koalitionsmodell, die teilweise an entscheidender Stelle sitzen.

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9. Oktober 2008
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