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Der diesjährige Preisträger ist 1951 in Frankfurt am Main geboren und lebt nach wie vor dort. Frankfurt-Romane, Essays über die Architektur der Bankenstadt und kulturelle Bindung an Goethe sind ein Markenzeichen seiner Erzählkunst. Doch um über Frankfurt zu schreiben, muss der Autor Frankfurt verlassen. Georgien, Sizilien, Nordafrika und Indien sind seine bevorzugten Schreiborte.
In seiner Eröffnungsrede sprach Dr. Hans-Gert Pöttering MdEP über die von Kritikern in Mosebachs Werken ausgemachte ‚neue Bürgerlichkeit‘. Diese äußere sich bei ihm vor allem als Wertekompass im interkulturellen und globalisierten Zeitalter, so der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung. „Das bedeutet aber nicht, dass er die Moderne ablehnt. Mosebach beobachtet unsere Zeit als wacher Zeitgenosse, aber zugleich aus der Distanz eines Dichters, der weiß, dass er als ‚Historiker seines Stoffes‘ die Geschichte ebenso gut kennen muss, wie der Psychologe die Erfahrungen und das Seelenleben des Menschen.“
Der Sinn für das Geheimnis – dies sei der mögliche „Glutkern“ von Mosebachs Büchern, spekulierte Prof. Heinrich Detering in seiner Laudatio auf den Preisträger, denn seine Weltneugier wolle die Welt nicht ans Licht zerren. Vielmehr gewönnen seine weltoffenen Erzählungen ihre Kraft aus einer „stupenden Fähigkeit der teilnehmenden Beobachtung“. Doch erst aus einer zweiten, entgegengesetzten Haltung, einem Abstand, erhielten sie ihre „präzise Eleganz“, so der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Bücher als Erkenntnisquellen
Exemplarisch hierfür sei ein Beispiel in seinem jüngsten Roman. Mosebach erzählt darin von den „merkwürdigen, hingebungsvoll konzentrierten Körperhaltungen von Menschen am Mobiltelefon“. Menschen mit dem Handy am Ohr würden ihm manchmal wie eine ‚lebendige Statue‘ vorkommen. „Das ist gewiss nicht als Schelte gemeint“, so Pöttering. Es sei vielmehr ein Lob der Schönheit der Medienkommunikation mit einer kleinen Prise Ironie.
„Martin Mosebach beobachtet die geistigen Veränderungsprozesse unserer Zeit“, sagte Christine Lieberknecht MdL in ihrer Ansprache. Er konfrontiere uns mit unseren Denkfiguren, die nicht selten mehr emotional als rational gesteuert seien, so Thüringens Ministerpräsidentin. Seine Bücher schärften den Blick auf uns und auf unsere Liebesbeziehungen, die wir als freie Individuen in einer freien Gesellschaft eingehen. „Seine Bücher kann man als Erkenntnisquellen lesen“, auch weil Mosebach gelegentlich Themen behandle, die von anderen Autoren gemieden, verhöhnt oder bewusst missverstanden würden.
"Intensivieren, verdichten, elektrisch aufladen"
Der Preisträger, der gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth in das Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar gekommen war, ging in seiner Dankesrede auf das schwierige Verhältnis zu seiner Heimatstadt Frankfurt ein, dem Handlungsort seiner Bücher. Frankfurt, einst „Polis“ zur Goethezeit, sei nach dem Krieg als „Stadtkrüppel“ zum „Administrationszentrum“ verkommen. Seit damals habe er stets davor gestanden, die Stadt für immer zu verlassen, doch die bei Goethe beschriebenen Sonnenpferde seien ausgeblieben. „Und ohne Sonnenpferde habe ich mich partout nicht bewegen wollen“, so Mosebach.
So habe er jeden Lebensimpuls in seiner unmittelbaren Umgebung gefunden, woraus er eine wichtige Lehre gezogen habe. Wer stets nach außergewöhnlichen Stoffen und unerhörten Begebenheiten Ausschau halte und ohne sie glaubt, nicht erzählen zu können, der gehe in die Irre. „Was dem Alltäglich-Unspektakulären an Feuer und Farbe nicht abzugewinnen ist, das vermag auch der vermeintlich große Stoff nicht zu gewähren“, so Mosebach. Intensivieren, verdichten, elektrisch aufladen – das muss mit jedem Stoff geleistet werden und es kann mit jedem Stoff geschehen: die Suche nach dem faszinierenden Milieu, der prall-bunten Umgebung lenke von dieser Aufgabe nur ab.
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