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Der Klima-Reader will einen Beitrag zur öffentlichen und christdemokratischen Debatte über den Klimaschutz leisten, so erläuterte Dr. Peter Fischer-Bollin, Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung der KAS, in seiner Begrüßung das hinter der Veröffentlichung stehende Anliegen. Die neue Online-Publikation entstand in Kooperation mit der gemeinnützigen Wissenschaftsplattform klimafakten.de.
Der Klima-Reader liefere Fakten, Einschätzungen und Positionen als Anregung zur Diskussion, erhebe aber weder einen Anspruch auf absolute Wahrheit noch auf Vollständigkeit. Man wolle mit diesem Projekt – wie auch etwa mit den international agierenden Regionalprogrammen der KAS zu Energiesicherheit und Klimawandel und dem Navigator Nachhaltigkeit – die Debatte in der Christdemokratie über eigene Konzepte und Lösungsvorschläge zum Klimaschutz begleiten.
Das von Dr. Katja Gelinsky, Wirtschaftskorrespondentin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, moderierte Panel warf zunächst einen Blick auf Licht und Schatten in der aktuellen Klimaschutzdiskussion und –politik unter den Vorzeichen der neuen Regierung.
Carel Mohn, Chefredakteur von klimafakten.de, kritisierte, dass bei aller berechtigten Konzentration der Koalition auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu wenig Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern zu den in ihrem Alltag wichtigen Themen wie Bauen oder Mobilität erfolge. Viele seien hier bereit, eigene Beiträge für den Klimaschutz zu leisten, würden aber insoweit von der Politik nicht „abgeholt“. Positiv sei hingegen, dass die bisherige Förderpolitik beim Bauen angesichts der Kostenentwicklung umgestellt werde.
Prof. Dr.-Ing. Michael Sterner, Professor für Energiespeicher und Energiesysteme an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg, zeigte sich erfreut, dass nicht zuletzt angesichts der geopolitischen Entwicklungen im Konflikt Russlands mit der Ukraine eine Besinnung auf die Möglichkeiten der Erneuerbaren Energien, insbesondere Wind und Sonne, erfolge, wenn dies auch nicht auf ungeteilte Zustimmung stoße, etwa hinsichtlich der Diskussion in Bayern über Abstandsregeln bei Windrädern.
Einen zentralen Teil der Debatte der Experten nahm dann die Kommunikation zum Thema Klimaschutz ein. Kommunikationsexperte Carel Mohn betonte, dass es nicht ausreiche zu sagen, was richtig oder falsch sei, sondern dass neben den Fakten auch Werte, Begrifflichkeiten, Emotionen und damit Psychologie zur Kommunikation gehörten. Die Christdemokratie müsse sich in der Auseinandersetzung mit dem Klimaschutz fragen, welche Werte ihr heilig seien und auf dieser Basis ihre Klimapolitik entwickeln. Dabei müssten Emissionen auf null gebracht, aber zugleich Lust gemacht werden auf diese Art von Politik. Dafür bedürfe es anerkannter „Botschafter“, die diese Politik authentisch leben.
Prof. Michael Sterner pflichtete Mohn bei und unterstrich, dass gerade das Thema Energie stark mit Emotionen verknüpft sei. Wichtig sei insofern, einen persönlichen Bezug herzustellen.
Hildegard Bentele MdEP stellte fest, dass christdemokratische Umweltpolitikerinnen und –politiker bislang zu wenig präsent seien. Die CDU werde nie radikal werden, sondern es gehe um Bewahrung, umsichtige und vorausschauende Evolution. In der Wahl der Instrumente sei die Soziale Marktwirtschaft Richtschnur, gewähre sie doch auch Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und ihre Kreativität. Bentele MdEP, Mitglied im Umwelt- und im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments, ergänzte, die Situation der Unternehmen mit Blick auf den Klimaschutz müsse man verstehen, sie aber nicht aus der Pflicht lassen. Wichtig sei auch die Kosteneffizienz von Maßnahmen zum Klimaschutz. Schließlich seien Ehrlichkeit und Klartext gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ein Gebot.
Daran anknüpfend empfahl Carel Mohn, dass die Christdemokratie Pragmatismus als Ressource neu entdecken müsse. Die Zeit für den Klimaschutz dränge, man müsse sich daher auf das orientieren, was gehe, nicht auf das, was nicht möglich sei.
Die Innovationskraft Europas beschwor Hildegard Bentele MdEP. Technologieoffenheit, wenn auch keine blinde Technologiebegeisterung, nannte sie als wichtige Begleiter der Klimapolitik, gepaart mit dem Glauben an die Lernfähigkeit und die Kraft jedes und jeder Einzelnen.
Nach der Rolle der Wissenschaft in der Klimapolitik gefragt, legte Prof. Sterner dar, dass die Wissenschaft Zahlen, Daten und Fakten liefere und einordne, auf deren Grundlage sich die Politik idealerweise Meinungen bilde, Interessen zusammenführe und dann Entscheidungen treffe.
Carel Mohn wandte ein, dass man sich in der Politik neben wissenschaftlichen Fakten jedoch auch über Ebenen wie die Vorstellungen von gutem Leben und von Ordnung sowie über Erfahrungen unterhalten und sich Sprachfähigkeit erarbeiten müsse. Die Potentiale seien da, aber es müsse getan werden. Dem stimmte Prof. Sterner zu und ergänzte, dass man den Menschen deutlich machen müsse, dass es beim Klimaschutz darum gehe, die Heimat zu bewahren und die Industrie zu schützen. Wind- und Sonnenenergie seien hierfür die Lösung.
Dr. Katja Gelinsky führte die Diskussion dann auf die europäische Ebene, die für die nationale Gesetzgebung bedeutsam ist, und gab zu bedenken, dass es die Christdemokratie hier innerhalb der Mitgliedstaaten der EU mit unterschiedlichem Publikum zu tun habe. Die Frage sei, wie hier ein gemeinsamer Nenner in der Klimapolitik erreicht werden könne.
Hildegard Bentele MdEP bezeichnete das Thema als vielschichtig und erläuterte, dass wissenschaftliche Fakten oft andere Entscheidungen nahelegten als das, was in der Politik möglich sei. Man müsse sensibel mit den Menschen umgehen. Die Wege zur CO2-Reduktion, die man erreichen wolle, dürften und müssten unterschiedlich sein. Die Dringlichkeit und die Apelle beispielsweise des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) würden in der Bevölkerung nicht gleichermaßen wahrgenommen. Damit müsse man umgehen, Lösungen erarbeiten und erklären.
Hier befand Carel Mohn, dass die kommunale Ebene stärker in den Blick genommen werden müsse, wo es viele pragmatische Lösungsideen etwa von christdemokratischen Landräten gebe, die den Klimaschutz förderten. Die CDU müsse die Zeit in der Opposition nutzen, um diese Politikerinnen und Politiker für Spitzenämter vorzubereiten.
Aus dem virtuellen Publikum wurde die Frage aufgegriffen, ob Bürgerräte helfen könnten, die Kluft zwischen den Erkenntnissen der Wissenschaft und der Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger für den Klimaschutz zu überwinden.
Carel Mohn meinte, dass Bürgerräte interessant seien für die Erkenntnis, wozu Bürgerinnen und Bürger im Interesses des Klimaschutzes bereit seien. Entscheidungsträger in der Politik sähen zu oft die Blockierer. Dem großen Teilen der Bevölkerung, die mitmachten, würde zu wenig zugetraut.
Dem pflichtete Hildegard Bentele MdEP aus ihrer Erfahrung mit der Arbeit im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas bei. In der Gruppe Klima und Energie der Konferenz sei die Veränderungsbereitschaft der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beeindruckend. Die große, „schweigende Mehrheit“ sei weiter als man denke.
Dies unterstrich auch Prof. Sterner. Diese Bereitschaft zur Veränderung müsse aufgegriffen werden, auch durch eine positive Darstellung in den Medien, die eine wichtige Rolle spielten für die gesellschaftliche Prägung und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Es müsse gemeinsam nach einem Konsens für den Klimaschutz gesucht werden. Für Christdemokratinnen und Christdemokraten gelte insofern: „Fürchtet Euch nicht!“ Klimaschutz sei eine Chance zu gestalten.
Die Veranstaltung endete mit einer Einladung, sich in verschiedenen Projekten einzubringen und die Bedeutung von Klimaschutz im Alltag wahrzunehmen. Der Klimaschutz sei nichts Fertiges, sondern ein Prozess, der Spaß machen könne. Gutes müsse geschützt werden, daher sei es wichtig, miteinander zu reden. Auch der Klima-Reader sei dafür ein Angebot, denn es handle sich um ein fortlaufendes Projekt, das im Laufe der Zeit aktualisiert und ergänzt werden solle. Anregungen zu seiner Weiterentwicklung könnten gern an die KAS gerichtet werden.
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