kurzum
„Wenn wir das nicht produzieren, wird es woanders produziert.“ Dieser Satz fällt häufig, wenn es um strengere Klimaschutzauflagen geht – und er ist nicht einfach von der Hand zu weisen. Wenn ein Unternehmen in der Europäischen Union (EU) etwa durch Klimaauflagen und Emissionshandel stärker belastet wird als die Konkurrenz in einem Drittstaat, verliert es an Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb werden in der EU unter anderem der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und international das Konzept des Klimaclubs diskutiert, das auf den Wirtschaftsnobelpreisträger William D. Nordhaus zurückgeht. Dabei sollen sich Länder mit ähnlich hohen Klimaschutzvorgaben zusammenschließen und ihre Wirtschaft vor Wettbewerb aus Ländern mit niedrigeren Klimaauflagen schützen. Doch kann ein solcher Klimaclub nur die eigene Wettbewerbsfähigkeit trotz Klimaschutz sichern oder auch Wettbewerbsfähigkeit durch Klimaschutz bewirken?
Wettbewerbsfähigkeit trotz Klimaschutz
Das globale Klima ist ein frei verfügbares, aber begrenztes Gut: somit droht eine Übernutzung. Veranschaulichen lässt sich diese sogenannte Tragik der Allmende mit einer Variante des spieltheoretischen Modells des Gefangenendilemmas. Wenn Land A und Land B sich auf Maßnahmen zum Klimaschutz verständigen, profitieren beide (2 Punkte). Wenn sie beide keine Maßnahmen ergreifen, schadet es beiden (1 Punkt). Wenn aber ein Land das Klima schützt und das andere keine Anstrengungen unternimmt, profitiert das eine trotzdem vom Klimaschutz des anderen. Die Kosten für die Umstellungen der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität trägt nur das eine Land (0 Punkte), während das andere an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt (3 Punkte). Das Dilemma besteht darin, dass es ohne eine Kooperationslösung rational wäre, das Klima nicht zu schützen.
Wettbewerbsfähigkeit durch Klimaschutz
Doch lassen sich auch die Präferenzen der einzelnen Länder modellieren. Zwar haben 195 Vertragsparteien das Pariser Klimaabkommen geschlossen, aber sich nur wenige zu effektivem Klimaschutz entschlossen. Es scheint so, dass einige Länder keinen oder sehr geringen Klimaschutz zumindest in der kurzen Frist faktisch präferieren, obwohl es für unseren Planeten schädlich ist. Dies lässt sich in Hinblick auf die globale Wirtschaft mit dem spieltheoretischen Modell „Battle of the Sexes“ veranschaulichen. Land A präferiert Klimaschutz, Land B präferiert keinen Klimaschutz, aber beide wollen bzw. müssen sich wegen ihres integrierten Marktes auf einen Weg einigen. Wenn beide Klimaschutzauflagen umsetzen, profitiert Land A (3 Punkte) und Land B handelt gegen seine Präferenzen (1 Punkt). Das gleiche gilt spiegelbildlich. Wenn aber ein Land Klimaschutzauflagen umsetzt und das andere nicht, würde der globale, integrierte Markt durch Schutzmaßnahmen fragmentiert – beide würden Wohlstandsverluste erleiden (0 Punkte). Entscheidend ist daher, ob Land A oder Land B die Richtung vorgeben kann.
Ein offener Klimaclub
Bei mehreren Ländern in einem globalen, integrierten Markt bedeutet das: Den Befürwortern von mehr Klimaschutz muss es gelingen, eine kritische Masse zu bilden, also eine kritische globale Marktmacht zu formieren. Sobald ein klimafreundlicher Markt groß genug ist, wird es auch für weniger ambitionierte Länder rational, sich den höheren Klima-Standards anzupassen, um Marktzugang zu bekommen. Ein Klimaclub kann somit nicht nur nach innen als Schutzmechanismus wirken wie im ersten Modell, sondern auch nach außen mehr Klimaschutz bewirken. Die am 28. Juni 2022 auf dem G7 Gipfel unter deutscher Präsidentschaft beschlossene Gründung eines Klimaclubs genügt diesem Ansinnen jedoch nicht. Insbesondere die weitere Einbindung von Entwicklungs- und Schwellenländern bleibt vage. Eine Öffnung des Klimaclubs für weitere Mitglieder ist jedoch unabdingbar, um eine kritische Masse zu bilden und weltweite Klimaschutzanstrengungen zu fördern. Damit kann nicht nur Wettbewerbsfähigkeit trotz Klimaschutz, sondern Wettbewerbsfähigkeit durch Klimaschutz erreicht werden.
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Concise, reduced to the essentials, but always highly topical. In our series "kurzum", our experts summarise an issue or problem on a maximum of two pages.