Issue: Sonderausgabe 2020/2020
Vollkommen anders als unter seinem Vorgänger Barack Obama klingt die Rhetorik des derzeitigen Amtsinhabers. Trump wird darum von vielen Beobachtern in Afrika als feindselig und als rassistisch empfunden. Die damalige südafrikanische Vorsitzende der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini-Zuma, erklärte nach der Verhängung einer Einreisesperre in die USA für Bürger verschiedener afrikanischer Länder, dass nun genau jenes Land, in das afrikanische Sklaven verschleppt worden seien, Menschen aus diesen Ländern die Tür vor der Nase zuschlage.
Die angeblichen shithole-Äußerungen im Januar 2018 wurden von Trump selbst zwar dementiert. Wichtiger aber ist, dass alle Beobachter ihm diese zutrauen. Die Reihe der rhetorischen Tweets und Bitten um Klarstellung reichten von Südafrikas Regierungschef Cyril Ramaphosa über den senegalesischen Staatschef Macky Sall bis zum Außenministerium von Botswana.
Rhetorische Kehrtwende
Obama hatte den USA vor allem in seiner zweiten Amtszeit viele Sympathien in Afrika eingebracht, auch wenn das nicht gleichbedeutend war mit mehr finanzieller Unterstützung oder besseren Handelsbedingungen. Er setzte lediglich die Initiativen seiner Vorgänger fort, federte diesen Status quo aber mit wohlklingenden Reden ab. Trump nimmt dagegen im Umgang mit Afrika keine Rücksichten. Sein damaliger Sicherheitsberater John Bolton hatte Ende 2018 die Strategie der Trump-Administration für den Kontinent vorgestellt. Diese lässt sich auf drei Punkte reduzieren: wirtschaftliche Erfolge für alle Beteiligten, auch um den Chinesen die Stirn zu bieten. Weiter soll der islamistische Terrorismus bekämpft werden und drittens jeder ausgegebene US-Dollar amerikanischen Interessen dienen.
Wohl kaum ein Land in der westlichen Hemisphäre hat historisch derart belastete Beziehungen zu Afrika wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Selbst Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich oder Belgien scheinen durch das Erbe des Sklavenhandels nicht so belastet wie die USA. Ein Grund dafür liegt sicher in der Tatsache, dass trotz aller anerkannten Freiheiten und Chancen in den USA – anders als bei den europäischen Kolonialmächten – die Geschichte des Rassismus nachwirkt. Der südafrikanische Komiker Trevor Noah, der in den USA die „Daily Show“ moderiert, hat Donald Trump als den „perfekten afrikanischen Präsidenten“ bezeichnet, der eben nur auf dem falschen Kontinent regiere. Trump weise Ähnlichkeiten mit afrikanischen Diktatoren auf: Er sei unvorbereitet und versuche, das Recht zu beugen.
Mehr Aufgaben für Europa
Was bedeutet das für Europa und für Deutschland? Der von Bill Clinton aufgelegte Africa Growth and Opportunity Act läuft 2025 aus. Diese Regelung gewährt afrikanischen Produzenten zollfreien und erleichterten Zugang zum US-Markt. Das wiederum passt nicht zur Strategie des „America first“ von Trump. Südafrika hat bereits Anfang 2020 seinen Status als Entwicklungsland im amerikanischen Ranking verloren.
Die in Washington debattierte Verkleinerung des militärischen Engagements hat zu heftigen Debatten geführt. Trump will die Zahl der in Somalia oder dem Sahel zum Kampf gegen den islamistischen Terrorismus eingesetzten US-Soldaten reduzieren. Herman J. Cohen, der frühere Assistant Secretary of State for Africa Affairs unter US-Präsident George Bush senior, bezeichnete dies im Mai 2020 sehr deutlich als „unforced error“. Afrika brauche im Gegenteil sehr viel mehr Unterstützung seitens des amerikanischen Militärs, so der langgediente Diplomat Cohen.
Ein stärkeres militärisches Engagement europäischer Soldaten in Afrika hätte den Vorteil, dass sich in Washington der Eindruck verstärkt, man teile die Lasten bei der Bekämpfung des Terrorismus auf dem Kontinent. Wenn Trump den bevorzugten Zugang Afrikas zum US-Markt weiter limitiert, kann dies allenfalls durch eine Erweiterung des Handelsvolumens mit den Staaten der Europäischen Union abgefedert werden. Markant wird sich auswirken, dass die Demokratieförderung vor allem zu einem alleinigen europäischen Anliegen zu werden droht. Dass Trump die Gewaltenteilung nicht achtet, die Presse attackiert und mit Tweets versucht, die Justiz zu beeinflussen, ist ein Wink, dass man es auch in Afrika mit bestimmten ehernen Prinzipien nicht so genau nehmen muss. Allerdings hat gerade Trumps Umgang mit der Pandemie seinem Ansehen in vielen afrikanischen Ländern zusätzlich geschadet. Die Rolle für Deutschland und Europa als pragmatische Verfechter von Werten wird dadurch weiter wachsen. Das braucht vor allem Flexibilität, Schnelligkeit und die Bereitschaft zur stärkeren Sichtbarmachung deutschen und europäischen Engagements.
Christoph Plate ist Leiter des Medienprogramms Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Johannesburg, Südafrika.