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Country reports

„Einigkeit macht stark“

by Thorsten Geißler

Bulgarien übernimmt am 1. Januar 2018 die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union

Zum ersten Mal seit dem Beitritt des Landes zur Europäischen Union im Jahre 2007 wird Bulgarien am 1. Januar 2018 die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernehmen. Die bulgarische Regierung erklärte hierzu, Europa brauche jetzt Stabilität, Sicherheit und Solidarität, sie werde sich einsetzen für Konsens, Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion. Diese politische Zielsetzung wird durch das Motto der Ratspräsidentschaft „Einigkeit macht stark“ unterstrichen.

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Bulgariens Premierminister Bojko Borissow im Gespräch mit Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung. KAS / Stahlberg
Bulgariens Premierminister Bojko Borissow im Gespräch mit Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Ministerpräsident Bojko Borissow unterstrich, Bulgarien werde stets ein ehrlicher Makler sein und das Ziel verfolgen, Konsens, Kompromisse und Verständigung zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu erzielen. Damit soll die Partnerschaft auf allen Ebenen vertieft werden.

Vorrangig wird Bulgarien vier Zielsetzungen verfolgen:

- Das Land will Wirtschaftswachstum und soziale Kohäsion fördern. Dazu sollen der Finanzrahmen der Europäischen Union und die Kohäsionspolitik über das Jahr 2020 fortgeschrieben werden, die Wirtschafts- und Währungsunion vertieft und die Gemeinsame Agrarpolitik vereinfacht und modernisiert werden. Ein besonderes Augenmerk wird Bulgarien der jungen Generation widmen, deren Zukunftschancen sollen durch verbesserte Bildung, Berufsausbildung und Förderung unternehmerischer Fähigkeiten gesteigert werden.

- Stabilität und Sicherheit in Europa sollen gefördert werden. Dazu soll der Schutz der Außengrenzen ebenso verbessert werden wie Kontrollen innerhalb der EU. Migrationsprozesse sollen effektiver gemanagt werden, die Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer soll einfacher werden. Die Reform des gemeinsamen Asylrechts soll vorangetrieben, an Prioritäten für die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zielorientiert gearbeitet werden. Bulgarien will sich aktiv an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) beteiligen. Schutz vor Terrorismus und Bekämpfung von Kriminalität sollen durch verbesserte Kompatibilität von Informationssystemen und verstärkten Datenaustausch intensiviert, der rechtliche Rahmen einer Gemeinsamen Europäischen Staatsanwaltschaft soll formuliert werden.

- Das Land möchte den Blick der gesamten Europäischen Union auf die Länder des westlichen Balkans lenken und diesen eine konkrete europäische Perspektive eröffnen. Bulgarien will die regionale Kooperation und die Entwicklung guter Nachbarschaft fördern und damit Frieden, Sicherheit und Wohlstand schaffen – auf der Grundlage europäischer Werte. Dies soll auch erreicht werden durch die Heranführung der Länder des westlichen Balkans an den Digitalen Binnenmarkt. Ein konkretes Ziel ist dabei, die innerhalb der EU geltenden Roaming-Regeln schrittweise auf die Länder dieser Region zu übertragen.

- Gleichzeitig will das Land den Digitalen Binnenmarkt fortentwickeln, Unternehmertum und soziale Innovation stärken, Kompetenzen und damit Beschäftigungsmöglichkeiten für einen Arbeitsmarkt im digitalen Zeitalter stärken. Ein klares Bekenntnis legt Bulgarien dabei zur Arbeitnehmerfreizügigkeit ab. Konkrete Ziele sind: ein Maßnahmenpaket zur Cyber-Sicherheit, der Entwurf einer EU-Richtlinie zum Urheberrecht, einer Richtlinie über die elektronische Kommunikation und die Erarbeitung von Entwürfen für Rechtsvorschriften zum Datenschutz.

Die Ziele der bulgarischen Ratspräsidentschaft fügen sich somit ein in das Achtzehnmonatsprogramms des Rates der Europäischen Union, das von der Triopräsidentschaft Estland, Bulgariens und Österreichs und der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik erarbeitet und am 2. Juni 2017 veröffentlicht wurde. Diese Agenda gilt vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2018.

Strategische Ziele dieser Agenda sind:

- die Schaffung einer Union für Arbeitsplätze, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit durch eine Vertiefung des Binnenmarktes, Förderung von Unternehmergeist und Schaffung von Arbeitsplätzen, Beachtung des Grundsatzes der ökologischen Nachhaltigkeit, Förderung von Zukunftsinvestitionen und eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion.

- eine Union, die jeden ihrer Bürger befähigt und schützt durch eine Weiterentwicklung der sozialen Dimension der Europäischen Union. Stichwörter hierbei sind: Chancengleichheit, Gleichbehandlung von Männern und Frauen, Zugang zu hochwertiger Bildung und zum Arbeitsmarkt, Arbeitnehmermobilität, faire Arbeitsbedingungen, angemessener und nachhaltiger Sozialschutz und Nichtdiskriminierung. In diesem Zusammenhang werden die drei Vorsitze auch wachsendem Populismus, Rassismus und Hassreden besondere Aufmerksamkeit widmen.

- das Voranbringen einer Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimapolitik, die einerseits durch regionale Zusammenarbeit sowie Diversifizierung der Energiequellen, Lieferanten und Versorgungswege Energieversorgungssicherheit bietet und gleichzeitig zu einer Reduzierung der Treibhausemissionen führt, zur Erreichung dieses Ziels sollen auch die Regeln zur Umsetzung und Nachbereitung des Abkommens von Paris endgültig festgelegt werden.

- eine Union der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch eine konzertierte und gemeinschaftliche Reaktion zur Bewältigung der neuen Bedrohungen und Herausforderungen im Bereich der Sicherheit auch durch Stärkung der justiziellen Zusammenarbeit. Fortschritte bei der Migrationssteuerung sollen sowohl in ihrer internen als auch externen Dimension erzielt werden. Die Europäische Sicherheitsagenda soll umgesetzt werden, dabei sollen die Grundrechte der EU-Bürger in vollem Umfang gewährleistet bleiben. Ein besonderes Augenmerk soll der Prävention von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus gelten.

- eine Union als starker globaler Akteur durch Umsetzung der Globalen Strategie der EU, Bewältigung der Migrationsprobleme, ein Voranbringen der europäischen Perspektive der Länder des westlichen Balkans, eine Stabilisierung der europäischen Nachbarschaft, eine Förderung des Friedensprozesses im Nahen Osten und eine Verstärkung der Zusammenarbeit über die Nachbarschaft hinaus, gerade auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat die Vorbereitungen Bulgariens auf die Ratspräsidentschaft frühzeitig durch eine Reihe von Veranstaltungen unterstützt, in gleicher Weise wird sie die Ratspräsidentschaft begleiten. Eine wichtige Rolle wird dabei der Vorsitzende der Stiftung und ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gert Pöttering, spielen, der im September 2017 von der bulgarischen Regierung in den Obersten Politischen Konsultationsrat berufen wurde. Diesem auf Vorschlag des bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow eingerichteten Gremium gehören angesehene bulgarische und europäische Politiker an, die die Regierung ehrenamtlich in Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft beraten sollen.

Es kann als sicher vorausgesetzt werden, dass die bulgarische Regierung die Aufgaben, die sie im Verlauf der Ratspräsidentschaft zu bewältigen hat, mit großem Verantwortungsbewusstsein und dem steten Willen, die Einigkeit innerhalb der Europäischen Union zu fördern, angehen wird. Das Motto der Ratspräsidentschaft hätte nicht besser gewählt werden können. Vielen Ländern der Europäischen Union fehlt zudem das Verständnis für die Situation in und die Probleme der Länder des westlichen Balkans, in dem neben der EU zahlreiche Akteure Interessenpolitik verfolgen: Russland, China, die USA, die Türkei, Saudi Arabien, die Golfstaaten und Iran sind dabei in erster Linie zu nennen. Auch das Themenfeld „Digitalisierung“ ist bei der bulgarischen Ratspräsidentschaft in guten Händen. Das Land zeichnet sich durch eine starke Affinität zu neuen Technologien und eine Innovationsfreudigkeit aus, die sich der Verfasser gelegentlich auch von Deutschland wünscht.

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Thorsten Geißler

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