Country reports
David Brown, Europa-Chefvolkswirt beim Investmenthaus Bear Stearns in London, malt schon als nächstes Ziel des Marktes in den kommenden Wochen die Marke von 0,79 Dollar an die Wand. "Ohne weitere Eingriffe hat der Euro keine untere Haltelinie mehr", ist gar die düstere Prognose deutscher Banker seitens der Hypo-Vereinsbank und der Dresdner Bank. Doch je länger der Handel auf Maßnahmen wartet, desto mehr scheint der Druck auf die Gemeinschaftswährung zuzunehmen.
"Niemand hat den Mut, dagegen zu halten", sagt der Chefdevisenhändler der Deutsche Bank. Der US-Nobelpreisträger James Heckman begründete den Euro-Verfall mit dem mangelnden Vertrauen in die politische Reformfähigkeit Europas. Zusätzlich belastet hat den Euro - nach Meinung des Handels - auch der Kursverfall gegenüber dem japanischen Yen. Zudem ist von kommerziellen Dollarkäufen die Rede, um möglicherweise Übernahmen zu finanzieren.
"Europe se fera par la monnaie ou ne se fera pas"; "Europa wird über das Geld entstehen, oder es wird nicht entstehen". Diese Extremposition des französischen Währungsexperten Jacques Rueff aus dem Jahr 1950 markiert den hohen integrationspolitischen Stellenwert des Euro.
Mit dem Beginn der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) am 01.01.1999 haben elf der 15 EU-Staaten ihre Währungssouveränität auf das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) übertragen. Ab dem 01.01.2001 wird auch Griechenland als 12. Land dem Euroland angehören, während sich Dänemark am 28.09.2000 in einer Volksabstimmung aus wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen gegen die Teilnahme an der EWWU entschieden hat.
In Großbritannien ist die Diskussion über den Euro im Vorwahlkampf für die Parlamentswahlen, die spätestens im Frühjahr 2002 durchzuführen sind, bereits voll entbrannt. Es scheint, dass euroskeptische Stimmen einen möglichen Beitritt Großbritanniens zur Währungsunion hinauszögern. Schweden hat durch einen Reichstagsbeschluss vom Dezember 1997 seine Nichtteilnahme an der EWWU dokumentiert, obwohl es dazu eigentlich nach den Verträgen von Maastricht und Amsterdam über kein vertragliches Recht verfügt.
Durch die Medienberichterstattungen kann inzwischen jeder EU-Bürger den täglichen Wechselkurs des Euro erfahren. Auch die täglichen Aktiennotierungen an den europäischen Börsen und die Unternehmensbilanzen werden mittlerweile in Euro geführt. Nur, niemand kann bislang die neue Euro-Währung als Banknote oder Münze de facto in Händen halten. Vielleicht ein zusätzlicher, wenn auch psychologischer Grund für die momentane Schwäche der Gemeinschaftswährung.
Der Außenwert des Euro
Seit seiner Einführung hat der Außenwert des Euro gegenüber dem US-Dollar, dem Britischen Pfund und dem Japanischen Yen kontinuierlich an Wert verloren. So lag der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar im Januar 1999 bei 1,18 US-Dollar. Im Dezember 1999 erreichte der Wechselkurs die Parität zur amerikanischen Währung, während er Ende Oktober 2000 auf seinen bisherigen historischen Tiefstand von 0,83 US-Dollar fiel. Dieser schwache Außenwert hat zunächst positive Auswirkungen für den Außenhandel von Euroland, weil der Export boomt und dadurch die Konjunktur angekurbelt wird.
Allerdings können mittelfristig Inflationsgefahren für den europäischen Binnenmarkt entstehen, weil die Importgüter teurer werden. Vor allem beim Import von Öl ist das seit einigen Monaten der Fall. Mittlerweile wickeln die Euroländer den größten Teil ihres Außenhandels untereinander ab, so dass sie in dieser Hinsicht unabhängig von Wechselkursschwankungen sind.
Durch Interventionen am Devisenmarkt, d. h. durch Kauf von Euro und Verkauf von US-Dollar, kann die Europäische Zentralbank (EZB) nur kurzfristig den Wechselkurs des Euro am Markt stabilisieren. Es ist jedoch nicht die prinzipielle Aufgabe der EZB, ein Wechselkursziel anzusteuern.
Die Zentralbank hat jedoch den Wechselkurs zu beachten, wenn die Stabilität des Binnenmarktes gefährdet ist. Mitte September und Anfang November d.J. erfolgte deshalb auf Initiative der EZB eine konzertierte Intervention, bei der sich die amerikanische Federal Reserve Bank - die amerikanische Notenbank - , die japanische Nationalbank und die Bank of England beteiligten. Durch diese konzertierte Intervention stieg der Wechselkurs des Euro vorübergehend an.
Grundsätzlich scheitern Interventionen am Devisenmarkt, wenn sich diese gegen fundamentale Marktkräfte richten.
Wirtschaftswachstum Euroland und USA
Der schwache Außenwert der europäischen Einheitswährung spiegelt die zurückhaltende Erwartung der Investoren über die wirtschaftliche Entwicklung Eurolands wieder. Auf dem Markt herrscht eine Skepsis über die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit Europas. Es gibt wirtschaftspolitisch einen Zusammenhang zwischen dem Außenwert einer Währung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsraumes.
Die konjunkturellen Daten der USA stützen den Kurs des Dollars, so dass auch leichte Zinserhöhungen durch die US-Federal Reserve Bank die Stimmung bisher nicht trüben konnten. Das robuste Wirtschaftswachstum der USA und das dortige höhere Zinsniveau eröffnet Kapitalanlegern gute Chancen, ihr Kapital renditebringend anzulegen. So betrug der durchschnittliche Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA in den letzten Jahren fünf Prozent, während das Wachstum in Euroland deutlich darunter lag.
Im EZB-Jahresbericht 1999 werden die Jahresraten des realen BIP in Euroland für das Jahr 1997 mit 2,3%, 1998 mit 2,8% und 1999 mit einem realen Anstieg von 2,2% angegeben. Die Prognosen der OECD für das Jahr 2000 sehen den Anstieg des BIP in den USA bei 4-4,5%, während das Wachstum in Euroland bei 3-3,5% veranschlagt wird. Die Stärke des amerikanischen Wirtschaftsraumes zeigt sich in der Innovationsfähigkeit der USA und dem deutlichen Vorsprung auf dem Weg in die neue Wirtschaftswelt (new economy). Die amerikanische Investitionsquote in die Technologien der Informations- und Kommunikationswirtschaft liegt über der von Euroland.
Strukturreformen in Euroland
In den Euro-11-Staaten steht eine weitergehende und konsequente Modernisierung nationaler Strukturen und Ordnungen noch bevor und muss glaubhaft vollzogen werden. Auf dem Markt blieb die Hoffnung auf umfassende und tiefgreifende Strukturreformen bisher unerfüllt. Durch die Kombination moderater Lohnabschlüsse mit der Schaffung flexibler und dezentralisierter Arbeitsmarktstrukturen sowie Reformen nationaler Steuer- und Sozialversicherungssysteme könnte der Aufbruch in die "New Economy" gelingen.
Zur Zeit werden in einigen ökonomisch bedeutsamen EU-Staaten, hier sind vor allem Frankreich und Deutschland zu nennen, die notwendigen Reformen zu langsam vorangetrieben. Rigide Arbeitsmärkte und Regulierungen verzögern den wirtschaftlichen Aufschwung. Des weiteren behindern komplizierte Steuersysteme und hohe Sozialabgaben den Zufluss von ausländischem Kapital.
Bleiben die Strukturreformen aus, werden Kapitalgeber weiterhin prioritär in den USA investieren, und das Wirtschaftswachstum Amerikas wird auch in Zukunft über dem BIP Eurolands liegen. Die aktuellen Zahlen zur Arbeitslosigkeit in Euroland im Vergleich zu den USA und Japan verdeutlichen die Wichtigkeit der Reformen.
Im Euro-Währungsgebiet lag die Arbeitslosigkeit laut EZB-Monatsbericht vom August 2000 in den ersten beiden Quartalen bei durchschnittlich 9,5% und 9,2%, während die Arbeitslosigkeit in den USA bei 4,5% und in Japan bei 4,1% liegt. Im Zeitalter der Globalisierung und der Digitalisierung geht es darum, wettbewerbsfördernde und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Wissen wird zu einem Produktionsfaktor, wobei ein Informationsvorsprung für die Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt. Es reicht nicht aus, durch bloße Absichtserklärungen der EU-Staats- und Regierungschefs, wie auf dem Gipfel von Lissabon geschehen, Euroland innerhalb von zehn Jahren wettbewerbsfähig und dynamisch gestalten zu wollen. Man muss es auch tun und diese Absichtserklärung durch eine entsprechende Politik implementieren.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
Auf dem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs von Dublin wurde 1996 auf Vorschlag des damaligen Bundesfinanzministers Waigel der Stabilitäts- und Wachstumspakt verabschiedet und auf dem Amsterdamer Gipfel 1997 ratifiziert. Nach der Bekanntgabe der EU-Staaten, die am 1.1.1999 an der Euro-Zone teilnehmen konnten, trat der Stabilitätspakt im Juli 1998 in Kraft. Zur Sicherstellung einer dauerhaften Konvergenz zwischen den Teilnehmern der Währungsunion verpflichteten sich die Euroländer, mittelfristig die öffentlichen Haushalte auszugleichen und langfristig einen Überschuß-Etat vorzuweisen.
Somit sollen Finanzpläne zu einem weiteren Abbau der öffentlichen Verschuldung (Neuverschuldung und Gesamtverschuldung) beitragen. Auch sah der Stabilitätspakt finanzielle Sanktionsmaßnahmen vor, wenn sich die öffentlichen Defizite der Euroländer erhöhen. Diese Sanktionen werden jedoch nicht durchgeführt, wenn sich der Mitgliedsstaat in einer tiefen Rezession oder in weiteren Krisensituationen (Naturkatastrophen) befindet. Darüber hinaus müssen Sanktionsmaßnahmen erst beschlossen werden, es gibt keinen Automatismus.
Der Geschäftsbericht 1999 der Deutschen Bundesbank wies in diesem Zusammenhang auf die jährlich aktualisierten Finanzpläne der elf Euroländer hin, die im Bereich des Abbaus der öffentlichen Haushaltsdefizite und der Gesamtverschuldung enorme Fortschritte aufweisen.
Die innere Stabilität des Euro
Währungspolitik ist Vertrauenssache. Nach dem Vertrag von Maastricht ist die EZB unabhängig und ihr oberstes Ziel die Gewährleistung der Preisstabilität. So beschloss die EZB im Oktober 1998 eine stabilitätsorientierte Strategie, um den unterschiedlichen währungspolitischen Bedingungen im Euroraum Rechnung zu tragen.
Diese Geldpolitik wird auch "Zwei-Säulen-Theorie" genannt. Zum einen bezieht sie sich auf die Geldmenge mit dem Referenzwert M 3, worauf sich auch die Deutsche Bundesbank konzentrierte. Zum anderen nimmt die Geldpolitik in der zweiten Säule Bezug auf Konjunkturindikatoren.
Die Geldmenge M 3 umfasst neben dem Bargeldumlauf, kurzfristige Bankeinlagen, Geldmarktfondanteile, Geldmarktpapiere und kurzfristige Schuldverschreibungen des Monetären Finanzsektors.
Bei der zweiten Säule geben die Konjunkturindikatoren Auskunft über zukünftige Tendenzen für die Preisentwicklung. Darunter fallen Löhne, Wechselkurse, Anleihekurse, und die Zinsstrukturkurve (Meßgröße für die reale Wirtschaftstätigkeit), fiskalpolitische Indikatoren, sowie Preis- und Kostenindizes.
In ihren letzten Monatsberichten verteidigt die EZB, deren Informationspolitik in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit kritisch betrachtet wurde, ihre geldpolitische Strategie.
Aufgrund der besonderen Umstände, die sich aus der neuen europäischen Geldordnung während der Anfangsphase der Währungsunion ergeben, verfolgt die EZB diese Mischstrategie. Darunter fallen insbesondere die anfänglichen Unsicherheiten über die Stabilität der monetären Grundrelationen in Euroland. Die von der Geldpolitik ausgehenden Impulse wirken mit beträchtlicher Verzögerung auf die Wirtschaft.
Der Versuch, kurzfristige Preisschocks zu kontrollieren, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und wirkt längerfristig destabilisierend. In ihren Monatsberichten von August und September 2000 weist die EZB den aktuellen Anstieg der Geldmenge M 3 aus. So stieg M 3 von März bis Mai mit einer Jahreswachstumsrate von 6,4% an, verringerte sich im Juni und Juli 2000 auf 5,4% bzw. 5,3%. Weil dieser Anstieg über dem von der EZB beschlossenen Referenzwert für das Jahr 2000 in Höhe von 4,5% liegt, kann eine Gefährdung für die Preisstabilität vorliegen.
Erfahrungsgemäb geht eine übermäbige, anhaltende Ausweitung der Geldmenge in der Regel mit einer nachhaltigen Inflation einher. Angesichts der Unsicherheit, dab es durch die Einführung des Euro zu strukturellen Veränderungen im Euro-Raum gekommen sein könnte, sowie aufgrund des Fehlens von statistischen Daten für Analysen im Euro-Gebiet, sind ehrgeizige Versuche einer Feinsteuerung nicht sinnvoll. Es ergibt auch keinen Sinn, ein einziges geldpolitisches Modell oder einen einzigen geldpolitischen Indikator zu verwenden. Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Euro-Systems liefert deshalb einen vorausschauenden geldpolitischen Rahmen, der die Inflationserwartungen auf einem Niveau verankert, das mit Preisstabilität zu vereinbaren ist.
Als quantitative Definition von Preisstabilität hat die EZB den Anstieg des "Harmonisierten Verbraucherpreisindex" (HVPI) - so wird die Inflationsrate für das Euro-Währungsgebiet genannt- von unter 2% gegenüber dem Vorjahr angegeben.
Im Jahre 1999, dem ersten Jahr der Währungsunion, stieg der HVPI im Jahresdurchschnitt um 1,1% an. So schreibt die EZB in ihrem Monatsbericht von September, dab die Inflation im Verlauf des Jahres 2000 in den ersten beiden Quartalen auf jeweils 2,0% und 2,1% anstieg. Dieser Anstieg ist auch durch die steigenden Energiekosten zu begründen, hier ist vor allem der gestiegene Weltmarktpreis für Öl zu nennen.
In den Monaten Juli und August des dritten Quartals stiegen die Verbraucherpreise deshalb um 2,4% und 2,3% an. Der Anstieg der Verbraucherpreise auf über 2% ist mit den stark schwankenden Preisen von Nahrungsmitteln und den bereits erwähnten Ölpreisanstieg zu erklären. Ohne diese beiden Preistreiber liegt die Kerninflation im Euro-Gebiet bei 1,3%. Diese Inflationszahlen belegen, dab die EZB ihren Auftrag, die Preisniveaustabilität zu gewährleisten, erfüllt.
Solange die EZB an ihrem Primat der Preisniveaustabilität festhält, besteht keine Gefahr für die innere Stabilität des Euro. Der innere Wert des Euro zeigt, dab er weniger konjunkturanfällig ist als die Deutsche Mark, weil seine durchschnittliche Inflation um einen Prozentpunkt unter dem Durchschnittswert der Inflation zu DM-Zeiten liegt.
Transparenz der Geldpolitik der EZB
Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) ist solide konstruiert. Allerdings kann sich die EZB noch nicht auf eine gesellschaftlich breit verankerte Stabilitätskultur berufen, wie es bei der Deutschen Bundesbank der Fall war. Das Vertrauen muss die EZB erst noch gewinnen, weil sie die Verantwortung für die Geldpolitik Eurolands erst seit 22 Monaten innehat, während die Bundesbank ihre hervorragende Reputation im Verlauf von vierzig Jahren mühsam aufbauen mußte.
Die EZB wird unter andauernder öffentlicher Beobachtung stehen und ihre Unabhängigkeit im Alltag beweisen müssen. Die Transparenz ihrer Geldpolitik wird nicht durch die geforderte Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen des EZB-Rates erhöht. Zudem findet zw ei bis drei mal jährlich eine Anhörung des EZB-Präsidenten im Ausschub für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments statt. Dort wird unter anderem der Jahresbericht der EZB vorgestellt und erläutert.
Mister Euroland für das Eurogebiet?
Trotz seiner Schwäche an den Devisenmärkten in den letzten Wochen und Monaten, kann der Euro sich längerfristig zu einer viel größeren Weltwährung entwickeln. In der Zukunft könnte durchaus von einer bipolaren Dollar-Euro-Finanzordnung gesprochen werden. Euroland hat neben einer höheren Bevölkerungszahl wie die USA, eine beachtliche Wirtschaftskraft sowie bedeutende Handelsstrukturen.
Durch Beitritte weiterer Länder zu Euroland wird sich das BIP im Vergleich zu den USA noch vergrößern. Dazu ist es jedoch erforderlich, zukünftig in der Wirtschafts- und Währungspolitik Eurolands mit einer Stimme zu sprechen. Im Moment gibt es in den täglichen Medienberichterstattungen zu viele divergierende Stellungnahmen des EU-Kommissionspräsidenten, des EZB-Präsidenten und der nationalen Finanzminister zur Stabilität des Euro.
Die multiple Interessenvertretung spiegelt sich in der EZB, dem Ecofin-Rat (Rat der Europäischen Wirtschafts- und Finanzminister), dem Euro-11-Rat, sowie der Europäischen Kommission wieder. Dies führt auf den Finanzmärkten zu Verunsicherungen über die Zuständigkeiten und die Handlungskompetenzen in Euroland.
Die Lösung liegt nicht darin, dab der Euro-11-Rat oder der Ecofin-Rat als Gegenregierung zur EZB mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet wird. Hier ist als mögliche Aufgabe die Definition eines Geldmengenziels oder eines Inflationsziels zu nennen. Dies führt zur Einschränkung der Unabhängigkeit der EZB, welche im Maastrichter Vertrag fest verankert ist. Vielmehr ist für die internationale Verantwortung Eurolands eine weitere Reform der Politiken und der Institutionen notwendig.
Durch die einheitliche Repräsentation in Form eines Mister Euroland könnte dies erfolgen, der ähnlich wie Javier Solana für die Europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik (EVSP), Euroland bei den internationalen Finanzinstitutionen vertreten würde. Bei Finanzkrisen (Rubland und Südostasien 1997/98) könnte Euroland dann auf den G-7-Treffen und bei den IWF-Tagungen mit einer Stimme sprechen.
Langfristiger Erfolg des Euro
Der EZB-Präsident Wim Duisenberg erläuterte in einer seiner Pressekonferenzen die Notwendigkeiten für einen langfristigen Erfolg des Euro. Die Voraussetzung dafür sind moderate Lohnabschlüsse, strukturelle Reformen in der Sozialpolitik (Gesundheit und Renten) und Deregulierung auf den Arbeitsmärkten. Bei einer Inflation des Euro von unter 2% mit einem gleichzeitigen kräftigen Wirtschaftswachstum von deutlich über 3%, kann auch der Abbau der Arbeitslosigkeit gelingen.
Im letzten Monatsbericht schreibt die EZB, dab der Kursverlust des Euro die positiven wirtschaftlichen Aussichten Eurolands nicht wiederspiegelt. Die durch die gestiegenen Ölpreise hervorgerufenen kurzfristigen Bewegungen der Inflationsrate kann die Geldpolitik nicht ausgleichen. Sie kann und mub jedoch sicherstellen, dab die Preisniveaustabilität auf mittlere Sicht beibehalten wird, was vor allem angesichts der Aussichten für ein kräftigeres Wirtschaftswachstum gilt.
Auch die Regierungen im Eurogebiet haben die wichtige Aufgabe, einer Lockerung der Haushaltspolitik entgegen zu wirken. Der Anstieg der Ölpreise verursacht Kosten für die gesamte Volkswirtschaft, die über finanzpolitische Haushaltsmittel vermieden werden könnten. Das steht im Widerspruch zum Stabilitäts- und Wachstumspakt, der einen nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuß ausweisenden Haushalt verlangt.
Für die Finanzpolitik besteht ebenfalls die Gefahr, dab durch die in einigen Ländern bereits beschlossenen Steuersenkungen und die Reform der Sozialbeiträge andere Ausgabenkürzungen und Haushaltskonsolidierungen nicht durchgeführt werden. Es ist wichtig, finanzpolitische Reformen mit umfassenden strukturellen Reformen zu verbinden, um die Flexibilität an den Arbeits- und Gütermärkten zu erhöhen.
Der Satz Jacques Delors, des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten, daß man sich in einen Binnenmarkt nicht verlieben kann, trifft sicherlich auch auf die EWWU zu. Wenn die EU-Bürger jedoch erkennen, wie Brüssel und Frankfurt über Staatsschulden und Zinssatz mitentscheiden, wird der Ruf nach einer wirklich gemeinsamen Verfassung lauter werden. Der Grundstein für eine solche Diskussion ist durch die Verabschiedung der Charta der Grundrechte der EU durch den Konvent des Europaparlaments Anfang Oktober bereits gelegt worden.