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Der Zerfall der politischen Opposition - Teil 2: "Die Linke"

Nach dem Zerfall der früheren Regierungspartei PAN, die immerhin bei den Wahlen 1999 zweitstärkste Kraft Guatemalas geworden war, scheint nun auch die politische Linke aus ehemaligen Guerrilla-Kämpfern, Marxisten, Sozialisten und Sozialdemokraten ein ähnliches Schicksal zu ereilen

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1. Die politische Linke in Guatemala

Während des Bürgerkrieges in Guatemala (1960-1996) war die politische Linke in der meisten Zeit in einen sozialdemokratisch orientierten und einen eher marxistisch und revolutionär eingestellten Flügel gespalten. Während ersterer versuchte, am politischen Leben des Landes über Wahlen zu partizipieren, hatten sich die revolutionären Gruppen zum bewaffneten Kampf gegen die bestehenden politischen und sozialen Verhältnisse entschieden und dominierten intellektuell und politisch die Guerrilla-Bewegung.

Die revolutionären Gruppen EGP, FAR , PGT und ORPA schlossen sich 1982 zur Unidad Revolucionaria Nacional Guatemalteca (URNG) zusammen, deren Führung schließlich mit den zivilen Regierungen seit Vinicio Cerezo (DCG) in Friedensverhandlungen eintrat, die im Friedensvertrag zwischen der URNG und der Regierung Alvaro Arzú (PAN) am 29. Dezember 1996 gipfelten.

Ein wichtiger Bestandteil der Friedensverträge war die Demilitarisierung der Guerrilla und die Eingliederung der URNG als politische Partei in das politische System Guatemalas. 1998 wurde die URNG als Partei ins Wahlregister eingeschrieben und nahm im November 1999 erstmals an Wahlen teil.

2. Die Wahlen 1999 und ihre Konsequenzen für die Linke

Die URNG bildete zusammen mit den kleineren linken Parteien DIA und UNID (Neugründung) das Wahlbündnis Alianza Nueva Nación (ANN), das bei den allgemeinen Wahlen am 7. November 1999 mit dem eher bürgerlichen Kandidaten Alvaro Colom 12,4 % der Stimmen im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen erreichte. Bei den Parlamentswahlen erreichte die ANN 9 von 113 Parlamentssitzen und bei den Kommunalwahlen gewann man 14 der 330 Rathäuser Guatemalas.

Schon im Vorfeld dieser Wahlen war es zu heftigen Auseinandersetzungen in der Allianz gekommen: Ursprünglich waren neben den drei Parteien URNG, DIA und UNID auch die schon parlamentserfahrene Partei FDNG (Frente Democrático Nueva Guatemala) in der ANN vertreten gewesen. Der FDNG galt als undogmatische Mitte-Links-Partei (mit Bindungen an die damalige Guerrilla URNG) mit hervorragender Parlamentsarbeit der vor allem weiblichen Abgeordneten, die zum Teil der Maya-Bevölkerungsgruppen angehörten sowie starker Anbindung an gesellschaftliche Organisationen aus den Bereichen Frauen, Maya, Menschenrechte.

Aufgrund starker personeller und politischer Gegensätze schied FDNG aus der Allianz aus und machte damit ein einheitliches politisches Projekt der Linken zunichte. An den Wahlen nahmen ANN und FDNG getrennt teil; diese Tatsache wird von Beobachtern wesentlich dafür verantwortlich gemacht, dass die ANN nur relativ bescheidene Ergebnisse erzielte und der FDNG gar völlig von der politischen Bühne verschwand.

3. Die aktuellen Probleme

Seit der Amtsübernahme der Regierung Portillo im Januar 2000, die durch eine absolute Parlamentsmehrheit des FRG unter Führung von Ex-General Ríos Montt abgesichert wird, waren nur wenige politische Initiativen der Linken zu verzeichnen. In der Parlamentsarbeit gab es einige Lichtblicke durch die ANN-Abgeordnete Nineth Montenegro, die in der letzten Legislaturperiode bereits erfolgreich der FDNG-Fraktion angehört hatte.

Ebenfalls als Einzelperson trat Arnoldo Noriega von der URNG in Erscheinung, der als Vorsitzender der Friedenskommission ("Comisión de Acompañamiento del Proceso de la Paz") insbesondere bei der Debatte um den Pacto Fiscal (Neuordnung der staatlichen Finanzen) eine wichtige Rolle als Gesprächspartner für Politik und Wirtschaft spielte. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Alvaro Colom zog sich aus dem politischen Alltagsgeschäft zurück. Er gehörte weder einer der ANN-Mitgliedsparteien an noch hatte sonst ein politisches Amt inne.

Dennoch war Coloms Meinung in der Öffentlichkeit als prominentem Vertreter der ANN gefragt gewesen. In den Medien fungierte er bereits als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2003.

Das linke Spektrum wurde paradoxerweise offensichtlich auch durch die Tatsache geschwächt, dass Präsident Portillo einige Persönlichkeiten aus diesem Bereich in Regierungsämter berief. Er selbst hatte in den siebziger und achtziger Jahren enge Kontakte zum EGP/URNG gepflegt. Die politisch organisierte Linke konnte diese Situation aber offensichtlich nicht dafür nutzen, Einfluss auf die Regierung auszuüben.

Vielmehr wurden die Regierungsmitglieder wie Edgar Gutiérrez oder Miguel Angel Reyes wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem FRG heftig kritisiert. Dies umso mehr, als es natürlich auch nach 11 Monaten Regierung Portillo schwer ist, öffentlichkeitswirksame Ergebnisse ihrer Arbeit vorzulegen, die als Rechtfertigung für die Mitwirkung in der Regierung dienen könnten.

In den letzten Wochen explodierten schließlich drei Krisenherde, die in der ANN angelegt waren:

  • Die die Allianz dominierende URNG hat ihre inneren Prozesse der Vereinigung der drei ehemaligen Guerrilla-Gruppen EGP, ORPA und FAR sowie die Umstellung von militärischen Kommandostrukturen auf zivile und demokratische Entscheidungsprozesse noch längst nicht erfolgreich abgeschlossen. Augenblicklich wird der dem EGP entstammende Arnoldo Noriega mit einer Kampagne überzogen, die Kriegsverbrechen und sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen zum Gegenstand haben. Gespeist werden die Medien durch Führungskräfte der URNG und auch des Ex-EGP, die um die Macht in der Partei kämpfen.
  • Die verschiedenen Mitgliedsorganisationen der ANN verfolgen unterschiedliche Ziele und könnten relativ bald auseinanderfallen. Schon jetzt haben sich der einzige DIA-Abgeordnete und Nineth Montenegro von ihren sechs URNG-Kollegen in der gemeinsamen Fraktion distanziert. Die Entscheidung des einzigen UNID-Abgeordneten steht noch aus.
  • Die nicht-sozialistisch orientierten Gruppen und Personen im Umfeld der ANN können und wollen sich nicht dem autoritär geprägten Führungsanspruch der Ex-Guerrilla URNG unterordnen. Alvaro Colom erklärte Ende Oktober das Ende der Zusammenarbeit mit der ANN und arbeitet an einem neuen politischen Projekt, das mit Ex-Mitgliedern der ehemaligen Regierungspartei PAN kooperiert. Nineth Montenegro ist bereits an der Gründung einer neuen Partei, dem Frente Democrático Solidaridad (FDS) beteiligt, deren Führungsspitze sich noch an der ANN beteiligt.

4. Gibt es derzeit eine politische Alternative zur FRG-Regierung von Portillo und Ríos Montt?

Trotz der offenkundigen Schwächen der FRG-Regierung ist im Augenblick keine politische Alternative zu dieser Regierung auszumachen. Portillos Regierung gibt in Arbeit und Auftreten ein konfuses Bild ab, fast jeden Monat werden Minister ausgewechselt und politische Versprechen wie die Auflösung der Präsidentengarde oder die Aufklärung des Mordes an Bischof Gerardi sind längst vergessen.

Auch die Parlamentsfraktion unter Parteichef und Parlamentspräsident Ríos Montt ist durch den Skandal der Gesetzesfälschung ("Guategate") geschwächt. Die Auswirkungen der Anklage gegen Ríos Montt und andere, die zurzeit von Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú vor spanischen Gerichten wegen der Verantwortung am Völkermord in den achtziger Jahren betrieben wird, sind noch nicht einzuschätzen und hängen sicher entscheidend vom weiteren Verlauf des Prozesses in Spanien ab.

Dennoch treten keine Alternativen zum FRG und seinen Führungsspitzen in personeller oder gar programmatischer Hinsicht hervor. Die Linke stürzt weiter in die Zerstrittenheit, der PAN hat sich schon gespalten, von einem politischen Zentrum ist derzeit überhaupt nichts wahrzunehmen und aktuell gibt es mindestens vier Projekte zur Gründung neuer Parteien. Dies verheißt nicht unbedingt Stabilisierung der Verhältnisse, sondern kündigt weitere Instabilitäten des guatemaltekischen Parteiensystems an, die dem Demokratisierungsprozess eher hinderlich sein dürften.

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