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Country reports

Die Rassismuskonferenz der UN in Durban

by Dr. Wolfgang Maier

Eine afrikanische Sicht

Schon im Vorfeld der Rassismuskonferenz (United Nations World Conference Against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerances) im südafrikanischen Durban standen die Zeichen auf Sturm. Die hohen und hehren Erwartungen, die vom UN-Generalsekretärs Kofi Annan und von Mary Robinson, der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, im Vorfeld der Konferenz geweckt worden waren, traten angesichts der sich im Nahen Osten drehenden Gewaltspirale und der hierbei vor allem in der arabischen Welt freigesetzten Emotionen schnell in den Hintergrund.

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Während Frau Robinson davon sprach, dass das Ziel der Konferenz in einer "Katharsis, einer Neuordnung und einem Neuaufbau der Beziehungen zwischen Nord und Süd und in der Schaffung einer Vision für die Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert" liege, formierten sich die Gegner Israels bereits im Vorfeld und versuchten, die Konferenz ganz handfest zu einem Tribunal gegen die israelische Politik umzufunktionieren. Dieser Konflikt überschattete zunächst die Konferenz und führte wenige Tage nach Konferenzbeginn zum Auszug der amerikanischen und der israelischen Delegationen.

Damit war der Eklat da, die Konferenz stand vor dem Scheitern. Immerhin stand dieser Konflikt, der darin gipfelte, Israel eine rassistische Politik vorzuwerfen, nun nicht mehr im Mittelpunkt der Konferenz.

Aber auch die Frage, ob sich die ehemaligen Kolonialmächte für ihre früheren Verwicklungen in den Sklavenhandel entschuldigen, nur ihr allgemeines Bedauern äußern und ob sie Reparationsleistungen erbringen müssten, kam nicht ganz unvorbereitet über diese Konferenz. Vor allem afrikanische Staaten hatten hier schon frühzeitig mobil gemacht und das im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel erlittene Unrecht thematisiert. Nach dem Auszug der israelischen und der amerikanischen Delegationen dominierte daraufhin dieser Themenkomplex die Veranstaltung.

(We can't get no) Satisfaction... ?

Die Forderungen afrikanischer Staaten und Interessengruppen sind unterschiedlicher Art:

Forderung 1:

Entschuldigung für das begangene Unrecht (Sklavenhandel und Sklaverei).

Diese Forderung hat zunächst eine ethische Grundlage. Durch eine Entschuldigung soll endlich anerkannt werden, dass an den nach Übersee verschifften afrikanischen Sklaven Unrecht begangen wurde. Man kann davon ausgehen, dass in den 400 Jahren des transatlantischen Sklavenhandels etwa 13 Millionen Menschen über den Atlantik transportiert wurden, wovon allerdings nur etwa 11 Millionen auch wirklich angekommen sind. Einige Schätzungen liegen allerdings noch erheblich darüber, die UNESCO etwa schätzt, dass dieser Menschenhandel insgesamt bis zu 100 Millionen Menschenleben gefordert hat. Dieses Unrecht habe dazu beigetragen, dass sich die afrikanische Identität bis zum heutigen Tag in einer Krise befinde - eine Entschuldigung könne dazu beitragen, die eigenen Werte wiederzuentdecken und neu zu beleben.

Die in erster Linie betroffenen ehemaligen Kolonialmächte (England, Spanien, Portugal und Holland sowie auch die Vereinigten Staaten) widersetzen sich allerdings dieser Forderung - sie befürchten, dass eine formale Entschuldigung die Tür für nachfolgende Reparationsforderungen weit aufstoßen könnte...

Ihr Angebot: Das Wort "Entschuldigung" solle im Konferenzprotokoll durch das Wort "Bedauern" ersetzt werden.

Diese Frage spaltete die Europäische Delegation in zwei Lager: Elf Länder votierten für eine Entschuldigung, vier Länder (s.o.) votierten dagegen.

Forderung 2:

Reparationsleistungen als Ausgleich für begangenes Unrecht.

Diese Forderung hat eine finanzielle Grundlage, möglicherweise wurde diese angeregt durch den ausgehandelten Kompromiss zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern. Noch zwei Wochen vor Beginn der Konferenz hatte das Gastgeberland Südafrika den Versuch unternommen, die "Entschuldigung" durch das "Bedauern" zu ersetzen in der Hoffnung, damit den sich abzeichnenden Konflikt zu vermeiden und eine positive Stimmung für eine Verstärkung von Entwicklungshilfemitteln für die afrikanische Staatengruppe zu mobilisieren.

Nachdem es zunächst so aussah, als ob sich Südafrika damit durchgesetzt habe, platzte die Aussage des nigerianischen Präsidenten Obasanjo kurz vor Konferenzbeginn wie eine Bombe: Er forderte wieder eine "Entschuldigung", wofür er möglicherweise auch die klammheimliche Unterstützung des "US Congressional Black Caucus" gefunden haben dürfte, der sich davon eine Verbesserung seiner eigenen Position in den Vereinigten Staaten erhofft.

Südafrika versuchte daraufhin, das Interesse der afrikanischen Staatengruppe weg von individuellen, "rückwärts gerichteten" Reparationsleistungen hin auf zukunftsgerichtete Unterstützungen für afrikanische Entwicklungsinitiativen zu lenken. Trotz der Bemühungen Südafrikas, die Hardliner zu mäßigen, setzte sich schließlich doch ein harter Kurs durch.

Die Forderungen:

  • eine explizite Entschuldigung und eine Erklärung, dass der Sklavenhandel ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war
  • Reparationszahlungen für die "Opferländer"
  • Schuldenerlass für afrikanische Länder
  • rasche Erhöhung der Investitionen in Afrika und Öffnung der Märkte.
Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft drohten daraufhin - nun allerdings wieder unisono - mit einem Abbruch der Gespräche. Der gemeinsame Nenner der EU-Länder bestand darin, dass sich die internationale Gemeinschaft insgesamt (und nicht einzelne Mitgliedsländer) für Sklavenhandel und Sklaverei entschuldigt, und dass die Konferenz zwar finanzielle Unterstützungen fordert, diese aber nicht mit Reparationszahlungen in Verbindung gebracht werden dürften.

Die Verhandlungen zur Ausarbeitung einer Abschlusserklärung unter Moderation Südafrikas verliefen ausgesprochen zäh, nach eintägiger Verlängerung der Konferenz brachten die 166 Teilnehmerländer aber dann doch einen Kompromiss zustande, bei dem der Staat Israel namentlich nicht erwähnt wurde und bei dem das Wort "Entschuldigung" explizit nicht enthalten ist.

Es heißt in der Erklärung, dass Sklaverei und Menschenhandel "Tragödien in der Geschichte der Menschheit und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" waren, und dass sie auch immer als solche hätten erachtet werden sollen. Die Konferenz erkenne außerdem die Notwendigkeit sozialer und wirtschaftlicher Hilfsprogramme an, da die Sklaverei unbestreitbar zu Armut und Unterentwicklung beigetragen habe.

Mit diesen Schlussformeln wurde ein Scheitern der Konferenz gerade noch einmal abgewendet.

Ende gut, alles gut?

Die von Kofi Annan und Mary Robinson geweckten Erwartungen (s.o.) waren sehr hoch gesteckt, deutliche Warnsignale wurden nicht zur Kenntnis genommen. Die Versuche einer Instrumentalisierung der Konferenz kamen keinesfalls überraschend, sie führten die Konferenz an den Rand des Scheiterns und drängten berechtigte Forderungen anderer Minderheiten (z.B. der indischen Dalit) in den Hintergrund.

Kofi Annan zeigte sich nach Abschluss der Veranstaltung aber doch "hocherfreut", und Mary Robinson war ebenfalls eine deutliche Erleichterung anzumerken. Zwar seien die Probleme nicht gelöst, aber man habe nun doch endlich ein Rahmenwerk zur Lösung erarbeitet.

Die arabischen Staaten waren insgesamt mit dem Ausgang zwar nicht zufrieden, doch spricht die Arabische Liga von einem "Teilsieg".

Israel zeigte sich mit dem Ausgang der Konferenz einigermaßen zufrieden, betont aber, dass die Abschlusserklärung "nicht die beste" sei und weist darauf hin, dass das, was in Durban passiert sei, ein Skandal gewesen sei. Wenigstens unterscheide sich die Sprache des Abschlusspapiers von den "vergifteten Entwürfen extremistischer Länder".

Rundum zufrieden kann eigentlich nur Südafrika gewesen sein. Immerhin ist das erste internationale Großereignis dieses Jahrtausends auf afrikanischem Boden mit Erfolg zu Ende gebracht worden. Daran war nicht zuletzt die südafrikanische Außenministerin Nkozasana Dlumini-Zuma maßgeblich beteiligt, deren Kompromisspapier den Durchbruch in letzter Minute ermöglicht hat.

Der Worte sind genug gewechselt: Jetzt müssen Taten entscheiden. Die nachhaltigen Wirkungen der Konferenzergebnisse hängen natürlich von den Regierungen der Teilnehmerländer ab...

Exkurs: "Wem gehört Hereroland ?" - Der Geschichte zweiter Teil ...

Rechtzeitig zum Konferenzbeginn wurde die Forderung namibischer Hereros nach einer separaten Reparationsleistung für die menschenverachtende Kriegführung der deutschen "Schutztruppe" im Hererokrieg zwischen 1904 und 1907 wiederholt. Der Wortführer, Chief Riruako, fordert inzwischen mit Unterstützung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), dass der Deutsche Bundestag die Aktionen der kaiserlichen Truppen gegen die Hereros als Völkermord anerkennt.

Ruruako geht aber noch weiter: Er wird am 18. September 2001 als Vorsitzender der "Chief Hosea Kutako Foundation" vor einem amerikanischen Gericht in Washington D.C. vorstellig werden, um deutsche Firmen (u.a. die Deutsche Bank) auf Schadenersatz in einer Größenordnung von immerhin rund 2 Milliarden US Dollar zu verklagen. Des weiteren soll eine Klage vor dem US-Bundesgericht in Washington gegen die Deutsche Bundesregierung vorbereitet werden, in der weitere 2 Milliarden US $ gefordert werden.

Forderungen dieser Art sind nicht neu, sie wurden bisher von der Bundesregierung, auch mit dem Hinweis auf besondere Bedienung Namibias im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe, stets abgelehnt.

Dem Ausgang dieser Verfahren dürften nicht nur die Verfahrensbeteiligten mit Interesse entgegensehen. Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits ist für politisches Aufsehen in jedem Falle gesorgt. Und setzen sich die Hereros mit ihren Forderungen durch, dürften weitere Verfahren, allerdings dann mit anderen Verfahrensbeteiligten, auf dem Fuße folgen.

In Durban hatte sich Bundesaußenminister Fischer im Namen der Bundesrepublik Deutschland in einer Rede am 01. September immerhin zu einer historischen Verantwortung gegenüber den Entwicklungsländern und zur Schuld an Sklaverei bekannt.

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