Country reports
Nicht hoch genug einzuschätzen ist der erfolgreiche Abschluß des Freihandelsabkommens Mexiko/ EU Ende November 1999, dessen Inkrafttreten für den 1. Juli 2000 vorgesehen ist. Zudem ist dies ein prominentes Beispiel für den engen inneren Zusammenhang zwischen Politik und Wirtschaft.
Das Abkommen beinhaltet als wichtigste Elemente:
- Mexiko wird stärker in den wirtschaftlich- finanziellen Globalisierungsprozeß eingebunden;
- das Land versucht damit, seine Außenhandelsbeziehungen zu diversifizieren und neue Absatzmärkte für seine Produkte zu öffnen;
- Mexiko entwickelt sich deutlich - mehr noch als in der Vergangenheit - zu einer Brücke zwischen der EU und den Vereinigten Staaten;
- die Bedeutung Mexikos für die europäische wie die deutsche Wirtschaft wird durch das Freihandelsabkommen erheblich zunehmen
- die Direktinvestitionen europäischer und deutscher Unternehmen in Mexiko werden voraussichtlich erheblich gesteigert.
Eine der Vorbedingungen der EU für den erfolgreichen Abschluß des bilateralen Abkommens war die Konsolidierung der politischen Öffnung und Demokratisierung in Mexiko. Das Land mußte die "Demokratieklausel" und damit auch den weiter gespannten Rahmen akzeptieren, der den Vertrag über ein einfaches Freihandelsabkommen hinaushebt. Einige wichtige Fortschritte in Mexiko, wie z.B. die Bildung einer nationalen Menschenrechtskommission, die Wahlreform von 1996 und die Ergebnisse der letzten Parlamentswahlen von 1997 haben die Verhandlungen erleichtert und 1997 zu dem weit gefaßten Rahmenabkommen über wirtschaftliche Assoziation und politische Zusammenarbeit geführt.
Für Mexiko räumt das Abkommen größere Spielräume gegenüber dem "großen" Nachbarn USA ein und macht das Land wirtschaftlich unverwundbarer gegenüber größeren Rezessionen im Nachbarland. Für die Europäer andererseits ergibt sich die Möglichkeit, dem wachsenden US- Einfluß und ihrer "Initiative der Amerikas" etwas entgegenzusetzen und die aus geopolitischen Gründen bestehende Brückenfunktion Mexikos für einen Eingang europäischer Produkte sowohl in die USA als auch in andere Länder Lateinamerikas, mit denen Mexiko Freihandelsabkommen - vergleichbar der NAFTA - hat oder anstrebt, zu nutzen.
Die wichtigsten getroffenen Vereinbarungen berücksichtigen im Unterschied zum NAFTA- Vertrag bestehende Asymmetrien zwischen Mexiko und den europäischen Partnern: im Prinzip wurde eine graduelle Liberalisierung des Marktes vereinbart, die Mexiko für seine Öffnung mehr Zeit einräumt als den europäischen Partnern. In den Bereichen , die als "heikel" eingestuft wurden und über die noch keine Einigung erzielt werden konnte, wurden die Verhandlungen ausgesetzt und auf die Zeit nach Inkrafttreten des Abkommens verschoben.
Die Regelungen für die Marktöffnung verpflichten die EU, 82% des Handels sofort mit Inkrafttreten, die restlichen 18% im Jahr 2003 zu liberalisieren. Mexiko wurde ein vierstufiges Verfahren eingeräumt: bei Inkrafttreten können 47,6% der europäischen Importe, im Jahre 2003 5,1%, in 2005 weitere 5,6% und erst im Jahre 2007 die restlichen 41,7% zollfrei die mexikanische Grenze passieren.
Zum Schutz seiner Automobilproduktion kann Mexiko Einfuhrquoten erlassen, für landwirtschaftliche Produkte wurde eine Liberalisierung in fünf Etappen (2000- 2010) bei einer Ausklammerung von Zucker, Fleisch, Milchprodukten, Getreide und Bananen sowie eine Obergrenze für eingeführten Orangensaft vereinbart. Für Fischereiprodukte wird Mexiko im Jahre 2003 70% der Importe, Europa aus Europa, die EU im Gegenzug 88% der Importe aus Mexiko von Einfuhrzöllen freistellen.
Finanzdienstleistungen können künftig von beiden Partnern unbeschränkt erbracht werden, ausländische Investoren werden wie Inländer behandelt. Sie können - jeweils - direkt in Immobilien und Unternehmen nach Maßgabe der OECD- Regeln investieren.
Das Abkommen hat einige wichtige politische Komponenten. Zum einen dürfte es Mexikos Bedürfnis nach größerer Diversifizierung seiner politisch- wirtschaftlichen Beziehungen entgegenkommen, zudem wird sich das Land industriepolitisch um Modernisierung und Produktivitätssteigerung bemühen müssen, um mittelfristig das europäische Wettbewerbsniveau zu erreichen. Die genannte Brückenfunktion Mexikos zwischen Nord- und Südamerika wird der EU ein eigenes Standbein geben und es ermöglichen, die in den letzten Jahren rückläufige Wirtschaftspräsenz zu erhöhen und sogar zu kostengünstiger Produktion und Belieferung der europäischen Heimatmärkte zu nutzen. Dies mag wegen der räumlichen Distanz und Transportkosten nicht für alle Branchen zutreffen, für viele Unternehmen werden die "economies of scale" eine solche Produktionsverlagerung aber rechtfertigen.
Schließlich belegt der Abschluß des Vertrags, daß durch beharrliche Verknüpfung mit grundsätzlichen Postulaten ("Demokratieklausel") eine Abkoppelung wirtschaftlicher und politischer Interessen erfolgreich vermieden werden kann.