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Country reports

Internationale Terrorismusbekämpfung in Mindanao:

by Dr. Willibold Frehner

Türöffner für die Amerikaner in Südostasien

Der Einfluss des Auslandes auf die Philippinen im letzten Jahrhundert war groß. Dreihundert Jahre lang beherrschten die Spanier das Inselreich. Im zweiten Weltkrieg besetzten die Japaner die Philippinen von 1941 bis 1945. Bereits Ende des vorletzten Jahrhunderts (1898) fassten die Amerikaner Fuß in den Philippinen, als sie die Spanier besiegten und Spanien das Gebiet an die USA abtreten musste.

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Der Einfluss des Auslandes auf die Philippinen im letzten Jahrhundert war groß. Dreihundert Jahre lang beherrschten die Spanier das Inselreich. Im zweiten Weltkrieg besetzten die Japaner die Philippinen von 1941 bis 1945. Bereits Ende des vorletzten Jahrhunderts (1898) fassten die Amerikaner Fuß in den Philippinen, als sie die Spanier besiegten und Spanien das Gebiet an die USA abtreten musste. Teile der spanischen Kultur und Teile der amerikanischen Alltagsgewohnheiten durchdringen noch heute den Lebensstil vieler Philippinos, insbesondere der Oberschicht des Landes. Die Ausrichtung an Amerika nimmt zu: Man schickt die Kinder zum Studium in die Staaten, hat dort Verwandte und ein oft beträchtliches Bankkonto und meist auch Immobilien. Auch die neue philippinische Regierung ist stark an Amerika orientiert. Ein Großteil des Kabinetts von Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo hat z.B. in den Staaten studiert, sie selbst an der Georgetown Universität in Washington. Nach dem zweiten Weltkrieg und der formalen Unabhängigkeit der Philippinen, blieb der Einfluss der USA groß: Die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung wurde von den Amerikanern dominiert, ungleiche Wirtschaftsabkommen zwischen den beiden Ländern wurden abgeschlossen, den Amerikanern wurde erlaubt, Militärbasen aufzubauen und somit ermöglicht, den Vietnamkrieg zu führen und die Philippinen im Zusammenhang mit dem Krieg als Nachschubbasis und Erholungsgebiet zu nutzen.

1991 endete eine Periode von vierhundert Jahren ausländischer Militärpräsenz in den Philippinen, als der Senat der Philippinen ein mit den Vereinigten Staaten zur Verlängerung anstehendes Militärabkommen nicht verlängerte. Die neue Verfassung der Philipppinen von 1987 legte fest, dass keine ausländischen Militärbasen, Truppen oder Einrichtungen in den Philippinen erlaubt sind, wenn nicht ausdrücklich ein entsprechendes Militärabkommen geschlossen wurde.

Der heutige Vizepräsident und Außenminister Guingona stimmte 1991 im Senat für die Nichtverlängerung des Abkommens mit den Amerikanern mit den Worten: "Seit 500 Jahren wurden die Philippinen von Ausländern dominiert oder besetzt. Es ist jetzt Zeit, auf eigenen Füssen zu stehen und gleichberechtigt mit anderen Ländern zu kooperieren. Lasst uns die Fessel der Vergangenheit abschütteln."

Die Amerikaner lösten die Militärbasen auf und die Soldaten zogen sich zurück. 1999 wurde ein Visiting Forces Agreement zwischen den Philippinen und den USA geschlossen. Dieses Abkommen weitete den seit 1951 bestehende Mutual Defense Treaty (gegenseitiger Beistandspakt) aus und ermöglicht gemeinsame Truppenübungen mit geringer Truppenstärke, außerhalb von Gefechtszonen in den Philippinen.

Mit dem Amtsantritt von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo, wurde der Schulterschluss mit den US-Amerikanern enger. Die Kidnapping- und Terrorgruppe Abu Sayyaf schlug 2001 erneut zu und entführte, neben philippinischen Staatangehörigen, auch drei Amerikaner. Ein Amerikaner wurde von den Terroristen umgebracht. Garcia und Martin Burham, amerikanische Missionare und die philippinische Krankenschwester Deborah Yap, befinden sich noch immer in Gefangenschaft der Abu Sayyaf.

Schon kurz nach der Geiselnahme durch die Terroristen schloss die US-Botschaft in Manila Zahlungen von Lösegeldern aus. Die Konsultationen beider Länder über das weitere Vorgehen in der Geiselaffäre wurden enger. Militärische Lösungen wurden diskutiert und rückten in den Vordergrund.

Nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001, versicherte die Präsidentin der Philippinen den USA die volle Unterstützung (all out aid to the US) im Kampf gegen den Terrorismus. Die Amerikaner nutzten Flughäfen in den Philippinen auf ihrem Weg in Richtung Afghanistan für Zwischenlandungen und Tankstopps. Admiral Thomas Fargo, Commander-in-chief of the Pacific Fleet, besuchte Manila und besprach die Nutzung der früheren Stützpunkte Subic und Clark Fields mit dem Nationalen Sicherheitsberater der Präsidentin, Roilo Golez.

Am 19. Oktober 2001 trafen die ersten 26 Militärberater als "Dialogpartner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus" ein. Die Gruppe Abu Sayyaf wird von den Amerikanern als international zu bekämpfende Terroreinheit eingestuft.

Während eines zehntägigen Aufenthaltes in den USA, traf sich die Präsidentin der Philippinen mit dem Präsidenten der USA, George Bush, bei einem Staatsbesuch. Dabei wurde ersichtlich, dass die Philippinen militärisch noch enger an die USA rücken wollen. Präsident Bush versprach bei der Bekämpfung des Terrorismus in Mindanao zu helfen:

  • Die Armee der Philippinen soll mit finanzieller Hilfe der USA (4,5 Milliarden US-Dollar) modernisiert werden (Transportflugzeuge, Helikopter, Schiffe),
  • die USA haben für das Jahr 2002 die Hilfe für Mindanao in Höhe von 55 Millionen US-Dollar verdoppelt.
Das Angebot von Bush, US-Truppen nach Mindanao zu schicken, um die Terrorgruppe Abu Sayyaf, der Beziehungen zu Al Qaida nachgesagt werden, zu bekämpfen, lehnte die Präsidentin in Pressekommentaren ab: Philippinische Soldaten seien in der Lage, muslimische Terrorgruppen zu bekämpfen, wenn die Truppen mit Nachtsichtgeräten und entsprechendem modernem Gerät ausgestattet werden.

Am 21. Januar 2002 trafen die ersten der 660 amerikanischen Soldaten und Offiziere mit militärischem Gerät in den Philippinen ein. Der größte Teil der Soldaten soll in Zamboanga auf Mindanao stationiert werden. 160 Soldaten sollen auf die Insel Basilan verlegt werden, um direkt den philippinischen Soldaten bei der Bekämpfung der Abu Sayyaf beizustehen. Ein Teil der Soldaten wird auf der Insel Mactan bei Cebu die Logistik vorbereiten. Einsätze in umkämpften Gebieten seien nicht vorgesehen.

Am 23. Januar 2002 wurden im National Security Meeting weitere Details der Entwicklung von hochrangigen Kabinettsmitgliedern und Beratern der Präsidentin diskutiert. Außenminister Guingona war über wichtige Hintergründe der Entwicklung von der Präsidentin nicht informiert und nicht in die Entscheidungen eingebunden worden. Sein Rücktritt lag förmlich in der Luft. Auch der Senat war weder angehört noch informiert worden.

Die "New York Times" beschreibt die Truppenbewegung als die "longest single deploymnent of US military might outside Afghanistan". Kampfeinheiten und "special operations forces like Navy Seales and Army Green Berets", sind in die umfangreichen Manöver im Süden der Philippinen miteingeschlossen. Ein US-Abgeordneter sprach gar von einem neuen Afghanistan. Vergleiche zum Einsatz in Vietnam wurden in der Presse gezogen.

Die philippinische Armee war in den vergangenen Jahren nicht in der Lage, die Terroristengruppe Abu Sayyaf wirksam zu bekämpfen. Im Gegenteil: Waffen und Munition der Terrorgruppe stammen aus dem Besitz der Armee und wurden von korrupten Elementen weitergegeben. Lösegeldzahlungen an die Kidnapper haben in den letzten Jahren das Budget der Terrorgruppe kräftig erhöht, was sich unter anderem in schnelleren Booten mit größerer Reichweite niedergeschlagen hat.

Präsident Ramos (1992-1998) versuchte, sowohl zu den Europäern enge Kontakte zu halten, als auch zum "natürlichen Verbündeten", den USA. Unter Präsident Estrada (1998-2001) wurden außenpolitischen Beziehungen kein hoher Stellenwert beigemessen. Gloria Macapagal ist Präsidentin der Philippinen, oberste Befehlshaberin der Streitkräfte und sie übt die Funktion des Außenministers der Philippinen zusätzlich aus. Es ist nicht zu verkennen, dass die Nähe zu den USA deshalb gesucht wird, weil sie sich von guten Beziehungen zu den USA erhebliche wirtschaftliche, politische und militäische Unterstützung erhofft.

Die Philippinen sollten sich darüber klar sein, dass die Amerikaner aus Eigeninteresse militärische Unterstützung leisten. Internationale Terrorismusbekämpfung ist der Türöffner für die Amerikaner, um wieder verstärkte Präsenz in Südostasien zu zeigen. Außenminister Rumsfeld deutete an, dass er sich vorstellen kann, in 15 Ländern der Region den internationalen Terrorismus mit militärischen Mitteln zu bekämpfen. Die aufsteigende asiatische Großmacht China liegt vor der Haustür der Philippinen. Von Militärstützpunkten in den Philippinen lässt sich die bevorzugte Rolle der Amerikaner als Weltpolizist in Südost- und Ostasien weitaus eindrucksvoller und effizienter spielen.

In der philippinischen Bevölkerung gibt es, mit Ausnahme linker Gruppen, noch wenig Proteste gegen die Präsenz der Amerikaner. Allerdings reicht die Brisanz der Thematik aus, dass sich oppositionelle Gruppen gegen die Regierung neu formieren können. Der Gouverneur der Abu Sayyaf Hochburg begrüßt den Einsatz von amerikanischen Truppen in seiner Provinz. Die Börse reagierte verhalten Positiv.

Die philippinische Armee erhofft sich einen Motivationsschub und einen Modernisierungseffekt durch verstärkte Waffenlieferungen und gemeinsame Übungen. Wenn die Amerikaner an militärischen Einsätzen beteiligt sind, dürfte sich nicht wiederholen, dass sich eingeschlossene Gruppen der Abu Sayyaf dadurch retten, dass ein Koffer voll Geld aus Lösegeldzahlungen an die nachrückenden Einheiten übergeben wird.

Die rechtliche Einordnung der Aktionen dürfte allerdings noch einige Wellen im politischen Spektrum der Philippinen erzeugen. Wie Terrorismusbekämpfung, Militärübungen und das Verfassungsverbot ausländischer Truppen im Land zusammenpassen, dürfte neben der Politik auch die obersten Gerichte beschäftigen.

Dass die Terrorgruppe Abu Sayyaf nun mit Hilfe der Amerikaner in Basilan zerschlagen werden kann, liegt im Bereich des Möglichen. Ob damit Recht und Ordnung in diesem Teil der Philippinen Einzug hält ist fraglich. Für eine echte Aussöhnung, für Frieden und Entwicklung in der Region bedarf es weiterer, weitaus sensiblerer Instrumente.

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Contact

Dr. Peter Köppinger

Representative of the Konrad-Adenauer-Stiftung in the Philippines

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