Country reports
Besonders zwischen Präsident Chirac und Ministerpräsident Aznar waren die Beziehungen nie entspannt und freundschaftlich. In „schlechter“ Erinnerung ist noch der Besuch von Aznar im Elysée im vergangenen Jahr als Aznar und Chirac sich zwar die Hand reichten, ohne sich aber anzuschauen. Nie vergessen und vergeben hat Chirac den im wesentlichen von Aznar initiierten Brief, in dem er sich mit Briten, Italienern, Polen u.a. hinsichtlich des Irak-Konfliktes an die Seite der USA stellte.
Aznar und mit ihm seine PP waren in gewisser Weise immer der Stachel im Fleisch des europäischen Führungsanspruches Frankreichs, insbesondere im Verhältnis bzw. in Rivalität zu den Vereinigten Staaten.
Deutlich besser war indes das Verhältnis zwischen Aznar und Premierminister Raffarin. Am Tag nach den Attentaten in Madrid begab sich Raffarin gar nach Madrid, um gemeinsam mit Aznar an der Großdemonstration in der Innenstadt von Madrid teilzunehmen. Mitunter hatte man gar den Eindruck, daß Raffarin demonstrativ einen besseren Kontakt zu Aznar pflegte, als dies bei Chirac der Fall war. Auch Innenminister Sarkozy pflegte einen betont freundschaftlichen Kontakt zu Aznar.
Die Beziehungen französischer Politiker zu Aznar und seinem PP folgten damit auffallend den innerfranzösischen Bruch- bzw. Spannungslinien.
Bilaterale Beziehungen
Mit der Übernahme der Regierung durch die Sozialisten werden sich die bilateralen Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien zweifellos verbessern, zumindest auf der Ebene Präsident Chirac zum neuen spanischen Ministerpräsident.
Rückwirkungen auf die Europäische Union
Aus französischer Sicht können die Rückwirkungen des Regierungswechsels in Spanien auf die Europäische Union nur positiv sein. Immer wieder werden die ersten Reaktionen des sozialistischen Wahlsiegers zitiert, der bereits kurz nach seinem Wahlsieg ein größeres Maß an Flexibilität bezüglich der EU-Verfassung angedeutet hat.
Transatlantische Beziehungen
Zweifellos erwartet die französische Regierung infolge des Richtungswechsels der zukünftigen spanischen Regierung in der Irak-Frage auch eine Stärkung der „französisch-deutschen“ Position in dieser Hinsicht und damit insgesamt eine größere Homogenität der europäischen Position in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik. Mit der pro-amerikanischen Position von Großbritannien hat man in Frankreich traditionell geringere Probleme, weil man den Briten diese Position aus historischen Gründen zugesteht. Die Haltung Spaniens war nach französischem Urteil indes unverzeihlich und kam einer direkten Herausforderung des französischen Führungsanspruches in Europa gleich. Man erwartet, daß sich Spanien nun in die allgemeine europäische Loyalität einreiht.