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Nur zwei Tage später wurden ebenfalls mit den Stimmen von PSD, ALDE und UDMR Neuerungen am Gesetz über den Obersten Rat der Magistratur (CSM) und am Gesetz über die Organisation des Gerichtswesens verabschiedet.
Zu den problematischen Punkten dieses breit angelegten Gesetzespakets gehören die Einführung einer Verpflichtung des Staates, bei grob fahrlässigem oder „böswilligem“ Verhalten Regressforderungen gegen Richter und Staatsanwälte zu erheben. Außerdem wird Richtern und Staatsanwälten verboten, sich „verleumderisch“ über Exekutive und Legislative zu äußern, was nicht näher konkretisiert wird und auch deshalb bedeutsam ist, weil führende Vertreter der Justiz und Justizinstitutionen selbst immer wieder zu Gesetzesvorhaben Stellung genommen haben, um die Unabhängigkeit der Justiz zu wahren. Für Korruptions- und dienstliche Straftaten von Staatsanwälten und Richtern wird künftig eine Sonderabteilung innerhalb der Generalstaatsanwaltschaft zuständig sein – statt wie bisher die Nationale Antikorruptionsbehörde (DNA). Zugleich soll die Unabhängigkeit von Staatsanwälten durch eine Ausweitung der Weisungsbefugnisse von Vorgesetzen eingeschränkt werden. Ferner soll der Präsident das Recht verlieren, vom Obersten Rat der Magistratur – dem Selbstverwaltungsgremium der Justiz – benannte Kandidaten für den Vorsitz und Vizevorsitz des Obersten Gerichtes abzulehnen. Das ist vor allem deshalb umstritten, da der Präsident vielen Menschen als Garant der Unabhängigkeit der Justiz gilt und darüber hinaus auch die Leitung der Generalstaatsanwaltschaft und der Nationalen Antikorruptionsbehörde (DNA) ernennt. Hinzu kommen Änderungen am Gesetz über die Nationale Integritätsagentur (ANI), die gegen Parlamentarier verhängte Einschränkungen aufgrund von Interessenkonflikten aufheben würden.
Kritik fanden die Gesetzesvorhaben im Inland vor allem in der Opposition und in der Zivilgesellschaft. International hat sich seitens der EU u.a. die Kommission und seitens der USA das State Department ebenso wie eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten kritisch gegenüber dem Gesetzesvorhaben geäußert. Der CSM hat am Montag das gesamte Gesetzespaket kritisiert und wies darauf hin, dass die Korruptionsbekämpfung, die Unabhängigkeit der Staatsanwälte und des gesamten Justizwesens gefährdet seien. Umstritten ist neben dem Inhalt auch das Verfahren der Gesetzgebung. Änderungsanträge der Opposition am ersten Gesetz wurden von der Regierungsmehrheit jeweils ohne Debatte abgelehnt, was die Oppositionsparteien PNL und USR als Verstoß gegen die Geschäftsordnung entschieden kritisierten. Am Mittwoch beschloss die Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus gegen die Opposition die Änderung der Geschäftsordnung, um die anschließende Debatte zu den zwei weiteren Gesetzen zu beschleunigen. Die Gesetzesvorhaben müssen jetzt noch vom Senat verabschiedet werden, der als federführende Kammer auch noch Änderungen an den jeweiligen Gesetzestexten des Abgeordnetenhauses vornehmen kann. Verfahrensmäßig umstritten ist auch, dass mit der Ausarbeitung der Gesetzesvorlagen nicht die Rechtsausschüsse der beiden Kammern befasst wurden, sondern ein gemeinsamer Sonderausschuss von Senat und Abgeordnetenkammer – wogegen zunächst die USR und danach auch die PNL beim Verfassungsgericht, allerdings ohne Erfolg, geklagt hatten. Vorsitzender dieses Ausschusses ist dabei der ehemalige Justizminister Florin Iordache (PSD), der im Frühjahr infolge massiver Proteste gegen zwei Notverordnungen der Regierungen zur Abschwächung der Korruptionsbekämpfung hatte zurücktreten müssen. Die Vorstöße der Koalitionsmehrheit zur Umgestaltung des Justizwesens sind sehr viel systematischer und weitreichender als die Notverordnungen zu Änderungen des Strafrechts und der Korruptionsbekämpfung, die im Januar und Februar zum öffentlichen Protest hunderttausender Demonstranten führten, der die Regierung zum Einlenken brachte. Die jetzigen Gesetzesvorhaben sind jedoch auch vielschichtiger und abstrakter. Das mag dazu beitragen, dass es bislang noch keine ähnliche Mobilisierung abzusehen ist. Am 10.12. fand die bisher größte Kundgebung gegen die neuen Justizgesetze mit etwa 15.000 Demonstranten statt.
Es ist zu vermuten, dass die Koalitionsmehrheit die bevorstehenden Feiertage und die kalte Jahreszeit nutzen möchte, um ihre Vorhaben schnell und möglichst ohne größere Proteste durchzusetzen. Präsident Iohannis hat sich klar gegen Einschränkungen der Unabhängigkeit der Justiz positioniert, aber seine verfassungsmäßigen Mittel sind begrenzt. Er kann ein Gesetz innerhalb von 20 Tagen einmal zur Bestätigung ans Parlament zurückverwiesen und danach noch das Verfassungsgericht anrufen.
Im Abgeordnetenhaus wurden die Gesetze auch von der UDMR unterstützt, die mit PSD und ALDE in einer informellen Koalition verbunden ist und den Gesetzen so zur Mehrheit verholfen hat. Dagegen haben die Spitzen der Opposition sich den Protesten angeschlossen. Sowohl der Vorsitzende der PNL, Ludovic Orban, wie auch der USR-Vorsitzende Dan Barna sowie der ehemalige Ministerpräsident Dacian Ciolos nahmen am 10.12. gemeinsam an der Demonstration in Bukarest teil. Ciolos erklärte zugleich, dass er seine politische Bewegung „Romania 100“ in eine neue Partei umwandeln wolle. Trotz des geschlossenen Auftretens bei der Demonstrationen kann sich die Opposition damit weiter fragmentieren. Während sich die PNL seit der Wahl einer neuen Führung unter Ludovic Orban im Juli wieder konsolidiert und in den Umfragen steigt, sucht die ursprünglich als breite Protestpartei mit sehr unterschiedlichen Strömungen gegründete USR noch nach einer gemeinsamen Ausrichtung. Mit der neuen Partei von Ciolos entstünde eine weitere Kraft, die mit PNL oder USR um dieselben Wählerschichten konkurrieren würde. Die damit verbundene Möglichkeit, dass Kandidaten aller drei Parteien in den 2019 anstehenden Europa- und, noch wichtiger, Präsidentschaftswahlen, gegeneinander antreten könnten, schafft keine einfache Ausgangslage für die bevorstehenden politischen Auseinandersetzungen.
Die Auseinandersetzung um die künftige Ausgestaltung des rumänischen Justizwesens dürfte auch in den weiteren Monaten das beherrschende Thema der öffentlichen Diskussion darstellen. Bereits am Donnerstag tagte erneut – trotz nationaler Trauer infolge des Todes des letzten rumänischen Königs Michael I. – der Sonderausschuss unter Führung von Florin Iordache. Auf der Agenda standen kontroverse Vorschläge zur Änderung der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuches.