Country reports
Das Skript zu einem Politthriller könnte dramatischer kaum verfasst sein. Die für den 06. März 2001 angesetzte Wahl für das Präsidentenamt hält Zuschauer und Akteure in Atem. Seit dem 11. Januar 2001 herrscht nunmehr offiziell Wahlkampf um das höchste Amt im Staat. "Solch eine Aufregung bei Präsidentenwahlen habe ich bislang noch nicht erlebt", erklärt ein älterer Herr am Rande des Kololo Airstrip der Hauptstadt Kampala - ein Ort an dem neben Militärparaden auch traditionell die Nominierung der Präsidentschaftskandidaten durchgeführt wird.
Mehrere zehntausend Menschen haben sich am 08. und 09. Januar 2001 hier eingefunden, um die sieben Kandidaten bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Neben Staatspräsident Yoweri Kaguta Museveni kandidieren: Mohammed Kiribige Mayanja, James Charles Ssenkubuge, Chapaa Karuhanga, Aggrey Siryoyi Awori, Francis Bwengye und Col. Dr. Kizza Besigye. Realistische Chancen werden allein Staatspräsident Museveni, Col. Dr. Besigye und mit einigem Abstand Aggrey Awori eingeräumt. Eine Einschätzung, die bei dem bisherigen dramatischen Verlauf des Vor-Wahlkampfes allerdings an eine gewisse Zurückhaltung gebunden sein sollte.
Den inoffiziellen Auftakt zum Wahlkampf gab vor ziemlich genau einem Jahr Al-Hajji Nasser Ntege Sebaggala. Der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Kampala hatte gerade eine Strafe wegen Scheckbetruges in den USA abgesessen, da erklärte er unmittelbar nach seiner Rückkehr und seinem triumphalen Einzug in die Hauptstadt Kampala, im Name der Democratic Party (DP) für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen.
Diese Ankündigung löste eine intensive Debatte in den Medien und in politischen Kreisen aus. Die Democratic Party (DP) befand sich nunmehr in einer schwierigen Lage, da die Kandidatur offensichtlich nicht abgesprochen war. Ein verurteilter Kandidat mit geringem Bildungsniveau, der sich zudem großer Beliebtheit bei der unterprivilegierten urbanen Bevölkerung erfreut, bereitete der Partei einiges Kopfzerbrechen.
Nach zahlreichen Verhandlungen wurde letztlich Einigung erzielt: Sebaggala sollte nicht im Namen der Partei kandidieren sondern als unabhängiger Kandidat, so wie es die ugandische Verfassung auch vorsieht (Prinzip des Individual Merit unter dem Movement-System).
Das Gerangel um den Präsidentschaftskandidaten der DP, Ugandas ältester Oppositionspartei, setzt sich dennoch fort und führt letztlich im November 2000 zur Spaltung der Partei. Eine kleine Gruppe um den Generalsekretär der Partei, Mariano Drametu, beansprucht den Führungsanspruch um die Partei, und nominiert als Kandidaten der DP den Anfang der achtziger Jahre amtierenden Generalsekretär der DP, Francis Bwengye.
Die traditionelle DP um ihren Führer, Dr. Paul Kawanga Ssemogerere, erkennt die Gruppe nicht an, und distanziert sich klar von deren Kandidaten; auf einen eigenen Kandidat kann man sich bislang nicht einigen. Der erklärte Thronfolger Ssemogereres, Pressesprecher Anthony Ssekweyama, stirbt Anfang Oktober bei einem tragischen Verkehrsunfalls und hinterlässt ein Vakuum in der Partei.
Ende Oktober 2000 erklärt der Regierungskritiker Col. Dr. Kizza Besigye, seine Ambitionen auf das Präsidentenamt. Der frühere Anhänger der Regierung Museveni und Topfunktionär des Movement hatte ein Jahr zuvor mit einem kritischen Positionspapier zur (Fehl-) Entwicklung des Regierungssystems Museveni Schlagzeilen gemacht und den Zorn des Präsidenten und der Hardliner im Movement auf sich gezogen.
Im Oktober 2000 wurde der Oberst aus der Armee entlassen und entwickelte sich in den nächsten Wochen zum größten Gegenspieler Musevenis. Am Tage seiner offiziellen Präsidentschaftsnominierung, dem 08. Januar 2001, erhält Dr. Besigye die öffentliche Unterstützung der DP für seinen Wahlkampf.
Parteiführer Dr. Ssemogerere spricht von einem Wahlabkommen. Beide Politiker kennen und schätzen sich, diente Dr. Besigye dem Innenminister Dr. Ssemogerere als Staatssekretär von 1986 bis 1988. Am 10. Januar 2001 ruft schließlich auch Al-Hajji Nasser Sebaggala seine Anhänger zur Unterstützung Dr. Besigyes auf, nachdem die Wahlkommission seine Kandidatur mangels akademischer Voraussetzungen für das Amt abweist; einen Tag zuvor war es noch zu massiven Ausschreitungen zwischen der Polizei und Anhängern Sebaggalas gekommen.
Politische Kommentatoren räumen Dr. Kizza Besigye nunmehr die größten Chancen ein, Staatspräsident Museveni am 06. März 2001 abzulösen. Das Movement-Lager scheint gespalten und die progressiven Kräfte auf der Seite Besigyes zu stehen; gleiches gilt wohl für das Militär - Besigye spricht gar von 90 Prozent.
Auch dürfte es ihm gelingen, die partielle Unterstützung der westlichen Region des Landes, der Heimatregion beider Kontrahenten, zu erlangen. Durch das Wahlabkommen mit der DP und Al-Hajji Nasser Sebaggala ist von einem großen Stimmenzuwachs für sein Lager in der bevölkerungsstärksten Zentralregion um die Hauptstadt Kampala auszugehen. Dieses Wahlabkommen dürfte auch die Chancen weiterer Kontrahenten stark einschränken.
Der schillernde Präsidentschaftskandidat Aggrey Awori, Parlamentsabgeordneter und selbsterklärter Freund des noch amtierenden amerikanischen Vize-Präsidenten Al Gore, kann sich offensichtlich allein großer Beliebtheit im Osten des Landes erfreuen. Es ist daher nicht ganz auszuschließen, dass letztlich auch er, in Abwägung seiner realen Wahlchancen, dem Lager Besigyes in den nächsten Wochen beitreten wird.
Der Führer der DP-Splittergruppe, Francis Bwengye, kann sich zwar auf Unterstützung im Norden Ugandas berufen, dies dürfte ihm aber kaum zu einem Wahlsieg verhelfen. Den weiteren drei Kandidaten werden keine ernsthaften Chancen eingeräumt.
Ob es Staatspräsident Yoweri Kaguta Museveni und seinem Movement daher am 06. März 2001 gelingen wird, sein Amt zu verteidigen, ist zur Zeit nicht zu beantworten. Sachkundige Beobachter bezweifeln jedoch eine Mehrheit für das Regierungslager im ersten Wahlgang. Unterschiedliche Wahlbündnisse und -abkommen für den zweiten Wahlkampf sind denkbar. Die Karten bleiben somit weiterhin offen in dem Wahlpoker um das Präsidentenamt in Uganda, und das Drehbuch verspricht weitere Spannung und politische Unterhaltung für das Jahr 2001; zumal bereits im Juli die Parlamentswahlen folgen.