Country reports
Im Juni 2000 hatte der Zusammenschluß der beiden größten Oppositionsparteien, der New National Party (NNP) und der Democratic Party (DP) - unter Beteiligung der Federal Alliance (FA) - zur Democratic Alliance (DA) noch Hoffnung auf eine schlagkräftige zweite politische Kraft neben der Regierungspartei African National Congress (ANC) genährt.
Das positive landesweite Abschneiden dieses Wahlbündnisses bei den Kommunalwahlen im Dezember 2000 von 22,1 Prozent der Stimmen (ANC 59,4 Prozent) bestätigte zunächst diese positive Einschätzung. Kaum ein Jahr später scheint dieser Traum zerplatzt. Ende Oktober 2001 erklären die Führer beider Parteien, Tony Leon (DA, DP) und Marthinus van Schalkwyk (Vize DA, NNP), ein Ende der Zusammenarbeit; die NNP löst sich nach einer Änderung ihrer Parteisatzung von der DA.
Ein intensiver Streit über den Bürgermeister von Kapstadt, Peter Marais (NNP), hatte die Gemüter in den zurückliegenden Wochen höher schlagen lassen. Der Manipulation bei der Durchführung eines Referendums über die Benennung einer Straße der südlichen Metropole beschuldigt, wird er zunächst vom Dienst beurlaubt. Eine paritätische Kommission entlastet ihn später der Anschuldigungen.
Der Führer der DP und des Koalitionsbündnisses DA, Tony Leon, hält Peter Marais dennoch für untragbar und fordert dessen Entlassung; Marthinus van Schalkwyk stellt sich ausdrücklich hinter Marais. Der Zwist zwischen den beiden Parteiführern scheint unüberbrückbar. Die Koalition bricht schließlich auseinander. Einzelne Mitglieder der NNP, so der einflussreiche Premier der Provinz am Kap (Western Cape), Gerald Morkel, versuchen das Vorgehen der Führung der NNP gerichtlich zu stoppen - sie scheitern.
Die NNP hat mittlerweile beschlossen, ein Bündnis mit dem ANC für die Western Cape Provinz einzugehen. Der ANC hat 18 Sitze im Provinzparlament und die NNP 17 - dies verschafft dem Bündnis eine satte Mehrheit von 35 der insgesamt 42 Sitze. Damit stellt der ANC nun auch die Regierung in der letzten der neun Provinzen Südafrikas.
Im Gegenzug scheint der ANC bereit zu sein, der NNP Ministerämter in weiteren Provinzregierungen zu übergeben. Marthinus van Schalkwyk dürfte wahrscheinlich ein Posten im Kabinett von Staatspräsident Thabo Mbeki angeboten werden.
Das neue Bündnis zwischen dem ANC und der NNP hat gemäßigte bis starke Reaktionen aus den eigenen Reihen hervorgebracht. Die National Party (NP) unter dem ehemaligen Staatspräsidenten F.W. de Klerk hatte im Jahre 1996 das Regierungsbündnis mit dem ANC nach den Wahlen 1994 noch wegen unüberbrückbarer Differenzen verlassen. Hat die NNP - Namenänderung im Jahre 1998 - unter dem neuen Parteiführer Marthinus van Schalkwyk diese Unterschiede ausradieren können, und erscheint einer erneuten Auflage der Koalition ANC-(N)NP eine bessere Zukunft beschieden?
Untersuchungen der Universität Stellenbosch in Kooperation mit dem Meinungsumfrageinstitut MARKINOR (Gallup) aus dem Jahre 2000 lassen erkennen, was zunächst unwahrscheinlich ist: Die Gemeinsamkeiten zwischen der NNP und dem ANC scheinen größer zu sein als zwischen der NNP und der DP. Die NNP präsentiert sich unter der Führung von Marthinus van Schalkwyk seit August 1997 als Partei der "konstruktiven Kooperation" (consensus opposition); die DP unter Tony Leon hingegen versteht sich als "Anti-ANC-Regierung" (confrontational opposition).
Eine Mehrheit der Bevölkerung spricht sich nach der Datenauswertung jedoch gegen einen aggressiven Oppositionsstil aus. Trotz aller Bedenken einer Generalisierung scheint eine Mehrzahl der zahlenmäßig dominierenden schwarzen Bevölkerung das Konzept einer "kooperierenden Opposition" zu unterstützen. Die NNP liegt damit näher bei den Wählern der ANC als bei den Anhängern der DP.
Was als Erklärungsmuster für eine erneute Zusammenarbeit zwischen NNP und ANC dienen mag, trifft natürlich keine Aussage über dessen Beständigkeit. Der ANC entwickelt sich seit der "südafrikanischen Wende" zum alles dominierenden politischen Akteur mit einer Zustimmung von 66,4 Prozent bei den nationalen Wahlen 1999 (1994: 62,6 Prozent). Die letzte "Bastion der Opposition" im Western Cape ist nunmehr auch "genommen". Es besteht vielmehr die Gefahr, dass die NNP durch die Zusammenarbeit mit dem ANC weiter an Unterstützung bei der weißen Bevölkerung verlieren wird, wovon die DP als traditionell "weiße" Partei letztlich profitieren könnte.
Die NNP läuft Gefahr damit letztlich in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, da es ihr kaum gelingen dürfte, sich als politische Alternative zum ANC der schwarzen Bevölkerung des Landes zu präsentieren. Eine Polarisierung der traditionellen schwarzen Anhängerschaft des ANC ist überhaupt nur dann zu erwarten, wenn die Allianz aus ANC, dem Gewerkschaftsverband COSATU und der South African Communist Party (SACP) größere Risse zeigt und auseinander zu brechen droht. Weder NNP noch DP dürften allerdings aus diesem zur Zeit noch unwahrscheinlichen Szenario Nutzen ziehen können.
Der Zusammenbruch der DA stärkt die Stellung des ANC und schwächt die Rolle der Opposition in Südafrika. Die verbleibenden Oppositionsparteien (DP, UDM, ACDP) dürften nach derzeitiger Einschätzung der Entwicklungen wenig Potential zu einer zweiten schlagkräftigen politischen Kraft in Südafrika haben. Im Januar 2002 soll ein Gesetz verabschiedet werden, das es Parlamentsabgeordneten erlauben soll, einen Parteiwechsel vorzunehmen (floor crossing). Erst dann wird sich zeigen, welche konkreten Formationen die neue politische Landschaft Südafrikas nach dem "politischen Frühling" tatsächlich nehmen wird.