Um Fragen dieser Art drehte sich die achte studio online Lesung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Gast in der Reihe war Gunther Geltinger. Am 15. November las der Kölner Schriftsteller aus seinen Romanen und führte ein Werkstattgespräch mit dem Kölner Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Christof Hamann, der auch Vertrauensdozent der Konrad-Adenauer-Stiftung ist, und dem Literaturreferenten der Konrad-Adenauer-Stiftung Prof. Dr. Michael Braun. Achtzig Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich zugeschaltet, von Belgrad bis Florenz, von Sankt Augustin bis Dresden, der Autor selbst saß in Rügen.
Gunther Geltinger gab Auskunft, wie er zum Schreiben gekommen war und was beim Erzählen mit dem Stoff passiert: „Die Arbeit am Satz treibt die Inhalte voran.“ Das fällt schon an dem Debütroman Mensch Engel (2008) auf, einer Coming of age-Geschichte von einem Borderliner, die mit demselben Kurzsatz endet, mit dem sie begonnen hat. Treibstoff des Erzählens ist für Geltinger die Sprache. Deshalb ist der zuletzt erschienene Roman Benzin (2019) auch kein Wirtschaftsroman. Es gehe hier darum, so Christof Hamann, wie das Künstlerehepaar Vinz und Alexander, mit dem Auto unterwegs in Südafrika, mit kolonialen Konflikten, Schleuserkriminalität und den eigenen menschlichen wie künstlerischen Defiziten konfrontiert wird.
Besonderen Anklang, nicht nur bei zwei Schriftstellern unter den Zuhörern, fand Gunther Geltingers Roman Moor (2013). Hier wird die Geschichte einer komplexen Mutter-Sohn-Beziehung zwischen Liebe und Gewalt erzählt. Und auch hier faszinierte Geltingers epische Kunst, die Grauzonen zwischen Sprache und Erinnerung, Wahrnehmung und Wirklichkeit, Literatur und Leben auszuleuchten. Die Energie des Erzählens, so viel wurde klar, kommt aus den Schreiborten: etwa dem „Moor“, das als Archiv und mitleidloser Psychoanalytiker zum Sprechen gebracht wird. Und so wird der Erzähler zum meisterhaften Autopiloten seiner eigenen Geschichten. Die nächste Story, verriet der Autor, solle von einer Frau und ihren Katzen angetrieben werden.
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