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„Kein Wettlauf im Populismus“

Diskussion zur digitalen Kommunikationsstrategie der AfD

Das erste Brandenburger Forum des Politischen Bildungsforums im Jahr 2019 drehte sich um die digitale Kommunikationsstrategie der AfD.

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Das Politische Bildungsforum Brandenburg der Konrad-Adenauer-Stiftung startete mit einem spannenden Thema in das Jahr 2019: der digitalen Kommunikationsstrategie der AfD. Der Gründer und Geschäftsführer der Beratungsfirma Cosmonauts & Kings, Juri Schnöller, arbeitete bereits an Kampagnen für Barack Obama, Angela Merkel, Sebastian Kurz oder Claude Junker. Er bot gut 100 Teilnehmern Antworten auf Fragen, wie die zum Beispiel vom Landesbeauftragten für Brandenburg, Stephan Raabe, in seiner Eröffnung gestellte: wie die „tiefe und hitzige Spur durch die digitale Öffentlichkeit“, die die AfD hinterlasse genauer aussehe und welche Folgen dies für unsere Demokratie habe.

Mobile Endgeräte seien inzwischen das „Tor zur Welt“, so Schnöller. Sie seien besonders bei Jüngeren entscheidend für die Wahrnehmung von „Wirklichkeit“, zumal sich die Menschen immer seltener von Angesicht zu Angesicht begegneten. Als Beispiel für die Bedeutung Sozialer Medien führte Schnöller die über dieses Instrument erzeugten Stimmungen an, die in England mit zu der Brexit-Entscheidung geführt hätten. Die digitalen Medien seien mittlerweile die 5. Gewalt im Staat. Jeder Nutzer von Facebook oder Twitter werde mit seinen Daten zugleich ein Handelsobjekt, Facebook als eines der derzeit wichtigsten Sozialen Medien bedrohe möglicherweise die Demokratie, da es über den Zugang zu diesem Sozialen Medium auch den Zugang zu einem weiten Bereich von Öffentlichkeit definiere.

Schnöller stellte fest, das das Vertrauen in die Demokratie und in die Politiker insgesamt und flächendeckend gesunken sei. Die AfD sei die erste Partei in Deutschland gewesen, die mit Hilfe der Sozialen Medien so viele Wähler für sich gewinnen konnte. Sie verfüge in den Sozialen Medien über die größte Reichweite aller politischen Parteien. Ihr Erfolg beruhe u.a. auf Micro-Campaigning und der unablässigen Wiederholung bestimmter Botschaften oder „Missionen“. Ihre durch Framing (zielgerichtete und steuernde Einordnung bestimmter Themen) geprägte Kommunikation versetze die AfD teilweise in die Lage, die politischen Eliten zu delegitimieren und den Rezipienten den Eindruck zu verschaffen, sie seien Repräsentanten einer „schweigenden Mehrheit“. Drei Aspekte seien für die Kommunikationsstrategie der AfD wesentlich: 1. Anti-Elitismus; 2. die Reklamation von Ordnung; 3. der Rekurs auf einen angeblichen „Volkswillen“. Zudem greife die Partei auch rasch Stimmungen vor Ort auf, ein Beispiel dafür sei gewesen, dass sich die AfD als erste Partei gegen Dieselfahrverbote gewandt habe.

Viele Politiker würden sich noch immer durch traditionelle Pressespiegel informieren, in denen Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radioprogramme etc. abgebildet würden, nicht aber die Debatten in den Sozialen Medien. Die dortige „Wirklichkeit“ entstehe in rasantem Tempo, und deshalb brauche es oft Zeit, bis Themen auch in traditionellen Medien aufgegriffen würden. Ein Beispiel sei etwa eine Meldung über die Vergewaltigung einer jungen Frau in Bayern durch einen afghanischen Asylbewerber. Vor einigen Jahren hätte eine solche Nachricht von „regionaler Relevanz“ (Bayern) Menschen in Brandenburg gar nicht erreicht, so Schnöller. Eine neue Wirklichkeit entstehe rasch, und viele Menschen glauben an eine erhöhte Kriminalität, obwohl diese tatsächlich insgesamt nicht gestiegen sei. So gelänge es der AfD, Themen zu setzen, Kampagnen zu erzeugen, was vor allem durch geschickte Platzierung bestimmter Narrative erfolge. Als Beispiel führte er die sich in den Sozialen Medien rasant verbreitenden Einträge an, in denen Flüchtlinge und Migranten als „Merkels Gäste“ bezeichnet wurden. Diese Aktion zeige gleichzeitig einen Kern der durch die AfD vertretenen Inhalte, nämlich die sich gegen das „Establishment“ stellende Attitüde des „normalen Bürgers“, dessen Traditionen und Wohlstand durch eine in der Diktion der AfD „antideutsche“ Politik bedroht seien.

Gordon Hoffmann, Mitglied des Landtages Brandenburg und Landesgeschäftsführer der CDU, warnte, die etablierten Parteien stünden vor großen Herausforderungen. Die AfD habe ein alternatives Medienangebot geschaffen, klassische Medien würden instrumentalisiert, vor allem um Aufmerksamkeit zu erhalten. Anders als die Abgeordneten der AfD glaubten er und seine Kollegen, dass die politischen Mitbewerber ernsthaft ihre Ziele verfolgen, insofern auch zu respektieren seien und dass mit ihnen in der Sache gestritten werden müsse. Die AfD hingegen unterstelle der politischen Konkurrenz häufig unlautere Motive und begreife sie tendenziell als politische Feinde. Ihre Auftritte und oft „sinnlosen“ Anfragen im Parlament richteten sich oft nicht in der Sache an die Abgeordneten anderer Parteien, sondern über Medien an das Publikum. Ziel sei es, Reichweite zu generieren. Als Beispiel brachte er die Rede des damaligen AfD-Abgeordneten Steffen Königer im Landtag, der bei einer Debatte minutenlang eine Vielzahl von „Geschlechtsidentitäten“ einzeln begrüßte und damit einen viralen Erfolg in den Sozialen Medien erzielte. Hoffmann plädierte dafür, mit den „vernünftigen“ Vertretern der AfD in demokratischer Weise auch zu reden, man mache es sonst der AfD zu leicht, sich in der Rolle des Märtyrers zu produzieren. In der Auseinandersetzung mit der AfD müssten einerseits klare Grenzen gezogen werden; andererseits dürfe aber nicht jede Zuspitzung vorschnell als „Populismus“ an den Pranger gestellt werden. Zudem dürfe man nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten werde, weil man damit der Strategie der Skandalisierung und Effekthascherei durch die AfD auf den Leim gehe, die von den Sachthemen nur ablenke.

In der anschließenden Diskussion auf dem Podium und mit dem Publikum meldeten sich CDU-Vertreter, AfD-Anhänger und unabhängige Bürger zu Wort. Gordon Hoffmann machte klar, einen „Wettlauf im Populismus mit der AfD können und wollen wir nicht gewinnen“. Die Debatten um Sachfragen müssten im Vordergrund stehen und müssten in einfacher, klarer Sprache und nicht zu kompliziert vermittelt werden. Schnöller betonte die Bedeutung der digitalen Kommunikation, die allerdings konkreter Kenntnisse, Fähigkeiten und Narrative bedürfe. Er forderte die Teilnehmer dazu auf, Debattentreiber zu sein, Politiker zu stärken, Menschen mitzunehmen und kompromissfähig zu sein. Er betonte, dass zunächst das Vertrauen vieler Menschen zurückzugewinnen sei. Ob das gelingen werde, sei offen. Dazu zähle auch die Auseinandersetzung um das Migrationsthema. Unterschiedliche Meinungen und Positionen müssten ernst genommen werden, kontraproduktiv sei es, die Angehörigen und Anhänger der AfD pauschal als „Nazis“ zu bezeichnen.

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