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„Ich bin auch ein Helicopterkind…“

Wie studierfähig sind deutsche Studenten?

Diskussion des Bildungswerks Potsdam an der Fachhochschule Brandenburg an der Havel

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Seit einigen Jahren wächst die Zahl der Klagen über die Studierfähigkeit vieler Studenten. Dies mag nicht zuletzt mit der Verkürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre zusammenhängen. Viele junge Menschen kommen noch ohne genaue Vorstellungen über das, was sie studieren und damit später anfangen wollen, an die Universitäten. Mareike Knoke, freie Journalistin aus Berlin und Moderatorin der Diskussionsrunde, eröffnete das Gespräch mit der Frage, wie Schüler eigentlich auf ein Studium vorbereitet werden. Offenbar nur unzureichend.

Chriss Kühnl vom Asta der Fachhochschule sieht hier eine wichtige Ursache für die Probleme junger Studenten. Es sei notwendig, die Studiengänge zu entschleunigen, damit Studenten Zeit zur Persönlichkeitsbildung fänden und die Zahl jener reduziert werde, die erst nach Jahren merkten, dass sie sich falsch orientiert hatten. Dadurch könnten weitere Schwierigkeiten gemindert werden, etwa der Mangel an Wohnraum für Studenten und schlechte Verkehrsanbindungen mancher Einrichtungen. Er kritisierte die Bologna-Reform und das föderale Bildungssystem Deutschlands: Nicht einmal zwischen den Bundesländern sei die Bewertung und Anerkennung von Leistungen gewährleistet. Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk stimmte der Notwendigkeit einer Reform der Bachelor- und Master-Studiengänge zu, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass nach Untersuchungen des Studentenwerks die Belastung der Studenten im Durchschnitt durch die Reform keineswegs gewachsen sei.

Ohne Zweifel weisen viele Studenten Defizite auf, die vor allem Fachkenntnisse betreffen, wie etwa Rechtschreibung und Grundlagen der Mathematik. Bei einer großen Zahl seien hier Mängel erkennbar, erläuterte Professor Dr. Andreas Wilms, Vizepräsident für Lehre und Internationales der Fachhochschule. Auf der anderen Seite habe sich die Methodenkompetenz, dazu zählt auch die soziale Kompetenz, in den vergangenen Jahrzehnten verbessert. Mit der Selbst- bzw. Eigenständigkeit vieler Studenten steht es offenbar nicht immer gut. Manche benötigen detaillierte Hinweise, wie eine Hausarbeit angefertigt werden soll, welche Bücher dafür zu lesen sind usw. Professor Wilms hält deshalb an der Fachhochschule Einführungskurse, um neuen Studenten den Einstieg in das Studium zu erleichtern und Ihnen zu erklären, was eigentlich von ihnen erwartet wird. Vielen scheinen die Anforderungen, die das eigenverantwortliche Studieren stellt, nicht bewusst zu sein. Heute sei zudem die Frustrationstoleranz vieler Studenten spürbar geringer, so Stefan Grob. Immer mehr könnten mit schlechten Noten nicht umgehen, sie seien von guten Bewertungen verwöhnt; an der Universität werden sie dann mit einer größeren Konkurrenz und deutlich strengerer Benotung konfrontiert. Aus diesem Grund, ergänzte Professor Wilms, müssten Studenten unbedingt lernen, dass sie scheitern können.

Um Eltern als Zielgruppe drehen sich inzwischen bei vielen Universitäten regelrechte Strategiekonzepte. Elterntage haben zahlreiche Hochschulen eingeführt, oft mit der Begründung, den Studenten durch das anfängliche Einbeziehen der Eltern Ruhe für das anschließende Studium zu verschaffen. Das allerdings, so Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk, sähen viele Studenten heute ganz anders. Sie empfinden das Engagement ihrer Eltern offenbar in großem Umfang nicht als „nervend“, sondern vielmehr als willkommene Unterstützung.

Gerlinde Unverzagt, die sich als Autorin mehrerer Bücher intensiv mit Fragen der Erziehung beschäftigt hat, verwies auf den damit verbundenen fundamentalen Wandel: Vor wenigen Jahren noch wäre Studenten kaum etwas unangenehmer erschienen, als gemeinsam mit den Eltern an der Hochschule aufzutauchen. Dies sei jedoch auch Ausdruck des Versuchs von Universitäten, Arbeit auf Eltern abzuladen. Schon die Schulen forderten heute die Eltern in kaum noch vertretbarem Umfang, was besonders für Alleinerziehende denkbar problematisch sei. Aufgaben, die eigentlich Lehrer zufielen, würden auf Eltern verlagert. Es stehe zu befürchten, dass sich diese Tendenz in verstärktem Maße auch an Hochschulen durchsetzen könnte. Klar sei, dass dies diejenigen bevorteilt, die über besonders aktive Eltern verfügen, die sich dieses Engagement auch finanziell leisten können. Inzwischen böten Firmen etwa für Tausende Euro Einzelcoachings für Schüler und Studenten an.

Stefan Grob wies auf eine grundlegend veränderte Haltung zum Studium hin. Über zwanzig Jahre sei der Druck aus der Wirtschaft und auch der Gesellschaft gewachsen, schnell und erfolgreich zu studieren. Es sei allzu verständlich, dass sich diesem Druck auch Eltern nicht entziehen könnten und sich verstärkt in die Lebensplanung ihrer – zumeist wenigen – Kinder einmischten. Das Studium werde zum Gemeinschaftsprojekt von Kindern und Eltern. Auch ein Teilnehmer sowie zwei der Podiumsteilnehmer bezeichneten sich als „Helicopterkind“ und beschrieben unterschiedliche Erfahrungen.

Das Engagement vieler Eltern kann häufig als fruchtbares Zusammenspiel mit den Kindern begriffen werden. Dies allerdings ist abhängig von zahlreichen anderen Faktoren und insofern immer Ergebnis der individuellen Situation. Auf der anderen Seite ist die Erziehung zur Eigenverantwortung wesentlich für das Aufwachsen jedes Menschen. Denn es kommen schwierige Situationen, die „Mutti“ nicht regeln kann, in der Verantwortung übernommen werden muß. Darauf sollten junge Menschen vorbereitet sein.

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