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Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen, richtete einige kritische Worte an Hess-Grunewald. Er sieht einen Widerspruch in der Verhaltensweise des SV Werder Bremen, indem der Verein rechte, gewaltbereite Hooligans zu Recht ausgrenze, bei linken, gewaltbereiten Ultras aber beide Augen zudrücke. Viele der Fans seien friedliebend, aber den Sicherheitsbehörden zufolge gebe es unter ihnen ca. 300 gewaltbereite oder gar gewaltsuchende Ultras, die man nicht dulden dürfe.
Als plakatives Beispiel nannte Altenhof ein Banner, welches zum 15-Jährigen Jubiläum der Antifa-Ultras im Weserstadion präsentiert wurde. Dies zeigte eine vermummte Person, die mit einer Steinschleuder bewaffnet war. So werde Gewalt „gegen rechts“ verharmlost. Wer Gewaltverherrlichung dulde, ermuntere potenzielle Täter. „Aus Gewaltverherrlichung wird dann Gewaltanwendung!“, sagte Ralf Altenhof, der von Werder mehr Courage gegen Linksextremismus forderte. Das durch öffentliche Mittel mitfinanzierte Werder Fanprojekt, das ansonsten wichtige Arbeit leiste, verteidige die Choreografie immer noch und missverstehe damit seinen eigenen Zweck. Eine klare Positionierung gegen jegliche Form von Gewalt und Extremismus, egal ob links oder rechts, sei erforderlich.
Prof. Dr. Thomas Feltes, Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Juristischen Fakultät der RUB, stellte die Wahl des Titels der Abendveranstaltung in Frage. Er hätte es angemessen gefunden, wenn der Titel der Veranstaltung „Gewalttätige Ultras in die Schranken weisen“ mit einem Fragezeichen geendet hätte. Feltes verwies darauf, dass es keine vernünftige Datengrundlage bzw. keine verlässlichen Studien zu diesem Thema gebe. Die Fankultur bestehe laut Feltes aus mehr als nur gewaltbereiten Ultras. Die Einsätze der Polizei gingen dabei über das Notwendige hinaus, was lediglich eine Verstärkung des Konflikts nach sich ziehe, so Feltes. Ein kommunikativer Weg erscheine Feltes als sinnvoll, damit der Entfremdung der Fans zum Fußball entgegen gewirkt werden könne.
In der darauf folgenden Podiumsdiskussion wies Hubertus Hess-Grunewald die Vorwürfe zurück, Werder Bremen ließe sich „vor den Karren der Antifa spannen.“ Hinsichtlich des gezeigten Zwillenmann-Banners betonte er, dass es in diesem Zusammenhang keine Gewalt im Stadion gegeben habe und die im Stadion verteilten Flyer „das Statement dahinter erläutert“ hätten, so Hess-Grunewald. Er sagte, dass eventuell zum 20. Jubiläum wieder dieselbe Choreografie mit dem Zwillenmann-Banner von den Ultras zu sehen sei. Ein Anzeichen dafür, dass die Kritik an ihm abgeprallt ist.
Rainer Zottmann berichtete, dass die Polizei im Umgang mit Ultras auf die 4-D-Strategie setze: Dialog, Differenzierung, Deeskalation und Durchsetzung. Wichtig sei vor allem gegenseitiger Respekt. Seitens der Fußball-Fans dürfe die Grenze zur Gewaltausübung nicht überschritten werden.
Wilhelm Hinners sprach sich während der Diskussion gegen eine Politisierung des Sports aus. „Die Mehrheit will friedlichen Fußball“, sagte Hinners. Er halte dabei politische Äußerungen im Stadion für deplatziert. Allerdings dürfe das gesellschaftliche Phänomen nicht verharmlost werden. Mit Sozialarbeit und Forschung könne der Radikalisierung im Fußball entgegen gewirkt werden. Zudem merkte Hinners gegenüber Hess-Grunewald an, dass es bezeichnend sei, dass Werder Bremen sich zwar deutlich gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie positioniere, aber nicht gegen Linksradikalismus.
Nach der Podiumsdiskussion konnte das Publikum Fragen an die Redner auf dem Podium stellen. So merkte ein Gast gegenüber Hess-Grunewald bezüglich des Flyers, der zum Zwillenmann-Banner verteilt wurde, an, dass nur die im Stadion Anwesenden diesen Flyer zu lesen bekamen. Die Zuschauer vor dem Fernseher aber sahen nur das gewaltverherrlichende Symbol ohne eine Erklärung dazu. Zudem: Werde denn Gewaltverherrlichung durch einen „erklärenden Flyer“ weniger gewaltverherrlichend?
Hess-Grunewald wurde auch darauf hingewiesen, dass auf der Homepage des SV Werder Bremen stehe, dass extreme Symbole im Stadion untersagt seien. Warum aber hinge die Antifa-Flagge seit langem in der Ostkurve? Hess-Grunewald antwortete, dass die Ultras nicht mit der Antifa gleichzusetzen seien. Es gebe immerhin acht unterschiedliche Ultra-Gruppierungen.
Schließlich nahm ein Gast Bezug auf Feltes‘ Anmerkung, dass die wohltätigen Aktionen der Ultras kaum zur Kenntnis genommen würden. Der Gast entgegnete mit dem Beispiel, dass, wenn die NPD ein Kinderfest veranstalten und damit vermeintlich etwas Gutes tun wolle, dies zu Recht geächtet werden würde, da die Absichten dahinter kaum gute sein könnten. Ob dies nicht auch für die Antifas unter den Ultras gelten sollte?